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Lena Kreck (Die Linke), Berliner Senatorin für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung. (Archivbild)

© dpa/Bernd von Jutrczenka

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Ermittlungen nach Silvester-Krawallen: Justizsenatorin Kreck hält Neuköllner Modell für Verfahren ungeeignet – Richterbund bemängelt fehlendes Personal

Nach den Ausschreitungen in der Silvesternacht müssten fehlerfreie Urteile zustanden kommen, so Kreck. Sie geht von einem großen Ermittlungsumfang aus.

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Berlins Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) geht von umfangreichen Ermittlungen nach den Silvester-Krawallen aus. Ein beschleunigtes Verfahren nach dem sogenannten Neuköllner Modell wird sich nach ihrer Einschätzung daher bei der Verfolgung der Straftaten nicht eignen. „Es ist wichtig, dass die Urteile fehlerfrei zustande kommen“, sagte Kreck am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. „Umso wichtiger ist es, dass die Staatsanwaltschaft mit Einsetzung einer erfahrenen Schwerpunktabteilung für diese Silvester-Fälle sehr gut aufgestellt ist.“

Aus erzieherischen Gründen sei eine schnelle Entscheidung sinnvoll, so die Senatorin. „Deshalb wurde das sogenannte Neuköllner Modell entwickelt, das sich bewährt hat.“ Dessen Ziel ist die schnelle Ahndung kleinerer Delikte jugendlicher Straftäter. Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht arbeiten dafür eng zusammen. Das Projekt geht auf das Engagement der 2012 gestorbenen Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig zurück. Das im Jahr 2008 gestartete Projekt wurde 2010 auf alle Berliner Bezirke ausgedehnt.

Das Neuköllner Modell baut auf die Möglichkeit eines vereinfachten Jugendverfahrens auf. Komplexe Strafverfahren, bei denen viele Zeugen vernommen werden müssen oder die Beweislage schwierig ist, eignen sich in der Regel nicht für so ein Verfahren. Dieses ist gesetzlich nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich und strengere Konsequenzen wie Haftstrafen können dabei nicht verhängt werden.

Nach Angaben der Senatsjustizverwaltung liegt die Bearbeitungsdauer von vereinfachten Jugendverfahren bei der Berliner Staatsanwaltschaft zwischen ein und zwei Monaten. In den Jahren 2018 bis 2022 sind demnach insgesamt 7384 Verfahren auf diesem Weg erledigt worden. Im Jahr 2022 waren es nach den Angaben 1320 Verfahren.

Richterbund: Schnellere Verfahren nur mit mehr Personal möglich

Die von der Politik geforderte schnelle Strafverfolgung der Silvester-Krawalle ist aus Sicht des Deutschen Richterbundes nur mit mehr Personal möglich. „Die Strafe muss für die Angreifer auf dem Fuße folgen, um abschreckend zu wirken“, sagte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn der Deutschen Presse-Agentur. Dafür müsse die in vielen Bundesländern „schlank gesparte Justiz“ allerdings auch aufgabengerecht ausgestattet werden, so Rebehn. „Angesichts der hohen Arbeitsbelastung und stetig wachsender Aufgaben kann eine Trendwende zu schnelleren Verfahren nur mit deutlich mehr Personal gelingen.“

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Nach Angaben des Richterbundes fehlen bundesweit bei den Strafgerichten und Staatsanwaltschaften mehr als 1000 Juristen. Verfahren dauerten deshalb immer länger, hieß es. Am Landgericht liege die durchschnittliche Dauer erstinstanzlicher Strafverfahren inzwischen bei einem Höchstwert von 8,2 Monaten. Bei Amtsgerichten habe sich die Zeit auf 5,8 Monate verlängert. Staatsanwaltschaften arbeiteten seit Jahren an der Belastungsgrenze, hieß es. Immer häufiger würden Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt.

Rebehn forderte erneut von der Bundesregierung, den im Koalitionsvertrag versprochenen Rechtsstaatspakt mit den Ländern umzusetzen. „Bislang steht die Ampel-Koalition leider auf der Bremse und will nur einzelne Digitalisierungsprojekte in der Justiz mitfinanzieren“, beklagte er. Die Justizminister der Länder hatten Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zuletzt bei der Herbstkonferenz mangelnde Unterstützung bei der Finanzierung der Justiz vorgeworfen. (dpa)

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