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Projektleiter Klaus Staffa (v.l.), Investor Paul Grunow und Architekt Uwe Heinhaus kennen sich vom Baugruppen-Wohnprojekt.

© Celia Staffa

Der Sound von Berlin: Ein Musikhaus in Neukölln

Viele Jahre hat der Klaus Staffa sein Projekt geplant und nach einem Investor gesucht. Nun ist es soweit: Auf einem alten Bunker eröffnet die „Musikfabrik“.

Der Geist dieses Hauses, den fühlt man, wenn man hört, dass der Investor des Vier-Millionen-Projektes bei der Eröffnung am Sonnabend selbst zum Mikrofon greift. Paul Grunow spielt gern Gitarre, Ukulele – und er gibt folgenden Song zum Besten: „Don’t put a price on my soul“ von Bob Dylan.

Er hat einiges Geld, das er mit Solarzellen verdiente, in ein Haus gesteckt, in dem Menschen Spaß haben, und so hat der singende Investor und studierte Physiker Paul Grunow heute mit dem gern auf Ölfässern musizierenden Projektleiter Klaus Staffa einen besonderen Auftritt.

Nach acht Jahren ist es am 2. März soweit, die „Musikfabrik“ macht mit Gratis-Konzerten und -Workshops auf, es ist ein Haus in Nordneukölln für Musiker und Tänzer, mit Proben- und Veranstaltungsräumen und Café. 1200 Quadratmeter für Kreativität und Spaß am Leben, mitten im Kiez rund um den S-Bahnhof Sonnenallee. Die hier proben, bringen dann Rumms zum Berlin-Marathon, dem Karneval der Kulturen, zu Straßenfesten, Demos und Events.

Staffa hat die erste Trommelband Deutschlands "Die Elefanten" gegründet

Die Musikfabrik prangt mitten auf einem alten Weltkriegsbunker. „Am Anfang war da diese verrückte Idee, was Neues für Musiker mitten in Berlin zu bauen“, sagt Klaus Staffa, „unmöglich, haben alle gesagt“. Aber dem heute 65-Jährigen blieb keine Wahl. Seine Trommelschule Groove bestand schon seit gut 20 Jahren. Früher noch hatte „eine Handvoll befreundeter Percussionisten in feuchtdunklen Kellern gearbeitet“, dann hatten sie in Schallschutz in einen gemieteten Schuppen in Kreuzberg investiert. Schließlich hatten die Trommler und Musiker ein Haus in der ehemaligen Kreuzberger Bockbierbrauerei an der Fidicinstraße gemietet und zur Trommelschule ausgebaut. Jetzt aber kaufte ein Investor das Grundstück. Eigentumswohnungen sollen entstehen.

Aber jetzt die Stöcke in die Ecke schmeißen, das kommt für Staffa nicht in Frage. Der Komponist, Trommellehrer, Buchautor und Vater hat die erste Trommelband Deutschlands, „Die Elefanten“ gegründet, dann, wegen Auftritten gegen die Stationierung der Mittelstreckenraketen, die erste Samabaschule, die zehn Jahre lang Demos in Schwingungen versetzte, „Ramba Samba“. Für Kinder und Jugendliche gründete er später „Streetbeat“ und gewann auf dem Karneval der Kulturen Preise. Dann schuf Staffa das „Samba-Syndrom“-Festival in der Landesmusikakademie Berlin mit hunderten Teilnehmern aus Europa – und die Greenpeace-Atommüllfass-Trommelgruppe „Solar Drums“.

Ein Sprengstoffmeister wollte den alten Munitionsbunker aus der Nazizeit verkaufen

Und dann war da noch die private Baugruppe Kreativer, mit der Staffa im Team sein Zuhause in Prenzlauer Berg erschuf. Da wohnen auch Paul Grunow und Uwe Heinhaus, das ist der Architekt der Musikfabrik. Vor Jahren, erzählt Staffa, habe er sich auf der Suche nach einer passenden Immobilie das erste Mal die Zähne ausgebissen. Recherchen, Besichtigungen, Telefonate, Anträge, nichts schien zu funktionieren. Bis vor zweieinhalb Jahren eine Privatperson, ein Sprengstoffmeister, diesen alten Munitionsbunker aus der Nazizeit verkaufen wollte. Das Ding musste doch stabil genug sein, um obendrauf zu bauen, 450 000 Euro kostete er.

Allerdings mussten sie das Dach doch stabilisieren, die Decke war dünner als gedacht, bei einem Bombenabwurf hätte sie nachfedern sollen. Grunow wollte Staffa immer an Investoren vermitteln, schließlich habe er das Projekt dann doch selbst auf und an sich genommen.

Der Investor ist einverstanden damit, dass das Objekt erst in 35 Jahren Rendite abwirft

Jetzt also hat Staffa erfolgreich vermittelt zwischen denen, die Ideen haben, und denen, die die Regeln vorgeben: dicke Wände im Neubau, dicke Decken, Schallschutzfenster, alles drin. Die Übungs-, Unterrichtsräume und Instrumentenlager sind schon vermietet, die sind größer als das Café, schließlich bringe Vermieten das Geld – aber Investor Paul Grunow ist einverstand damit, dass das Objekt erst in etwa 35 Jahren Rendite abwerfen wird. Er freut sich über die Musikfabrik, wie der Fensterbauer und der türkische Betrieb gegenüber.

Musikfabrik, Neuköllnische Allee 6-8, 12057 Berlin-Neukölln, zehn Minuten Fußweg vom S-Bahnhof Sonnenallee, mit dem Auto nur über Lahnstraße. Eröffnungsprogamm 2. März: 16 Uhr Mini-Workshops, 17 Uhr Führung durch Haus und Bunker, 19 Uhr Eröffnungskonzert

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