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Strahlkraft. Energieeffizientes Bauen wird immer wichtiger. Wie nutzt man Regenwasser für die Klospülung, wann eignen sich Solarzellen für ein Gebäude? Häufig brauchen Profis aus der Baubranche noch Nachhilfe auf dem Gebiet. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Workshops und Masterstudiengängen. Foto: dpa

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Wirtschaft: Die richtige Temperatur

Ob Architekt oder Bauingenieur – Energieeffizienz ist ein Thema. Der Weiterbildungsbedarf enorm. Ein Überblick

Seit drei Jahren leben sie in der Kollwitzstraße: 24 Familien, die sich zu einer Baugruppe zusammengetan haben. Ganz wichtig war ihnen eine ökologische Bauweise. Damit die Energierechnung niedrig ausfällt, hat Architekt Uwe Heinhaus das Haus so geplant, dass unter anderem mit Rapsöl geheizt wird. Zwei Wasserrecyclinganlagen bereiten das Dusch- und Badewasser für die Klospülung und die Waschmaschine auf. Das Haus ist mineralisch gedämmt.

Wie seine Kollegen muss Uwe Heinhaus bei der Planung von Häusern auch ihren Energieverbrauch berücksichtigen. Laut der Energieeinsparverordnung (EnEV) gelten strenge Richtlinien dafür, dass in Wohn- und Bürogebäuden möglichst wenig Energie vergeudet wird. Dazu gehört zum Beispiel, dass die Fenster und Wände gut gedämmt sind, damit die Heizungswärme nicht entweicht. Oder dass das Wasser effizient geheizt wird. Denn Energieeffizienz bedeutet, dass alle Werte auf ihr maximales Einsparpotential getestet wurden.

„Private, aber auch gewerbliche Bauherren sind an energieeffizienten Gebäuden interessiert, denn das hält die Betriebskosten niedrig“, sagt Andrea Lossau von der Architektenkammer Berlin. „Der Bauherr erwartet von einem Architekten, dass er in all diesen Fragen auf dem neusten Stand ist. Der Architekt koordiniert die Fachplaner und ist der Ansprechpartner für alle Fragen des Bauherren.“

Andrea Lossau ist für das umfangreiche Weiterbildungsangebot der Kammer verantwortlich. Dazu gehören in Punkto Energieeffizienz Begehungen von nachhaltig geplanten Gebäuden, Seminare und Weiterbildungen wie die zum Energieberater. Die Spaziergänge sind kostenlos, die Seminare kosten pro Tag etwa 60 Euro für Mitglieder.„Die Investition in eine Fortbildung lohnt sich schon deshalb, weil die öffentliche Förderbank KfW voraussichtlich ab kommendem Jahr die Vergabe günstiger Kredite für besonders effiziente Neubauten davon abhängig macht, ob sich der Architekt nachweislich fortgebildet hat“, sagt Andrea Lossau. Das ist nur einer der Gründe, warum die Seminare fast immer voll sind.

Um sich mit den gesetzlichen Bestimmungen eines Hausbaus auszukennen, reicht es nicht, im Studium gut aufzupassen. „Selbst Studenten und junge Architekten haben Informationsbedarf, denn durch die Umstellung auf einen Bachelor- und Masterstudiengang hat sich das Lernpensum enorm verdichtet. Das Thema Energieeffizienz kommt an vielen Unis noch zu wenig vor“, sagt Andrea Lossau. Außerdem ändern sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen ständig: Etwa im Zweijahresrhythmus erscheint zum Beispiel eine Neufassung der EnEV.

Doch das Thema Energieeffizienz ist nicht nur für Architekten interessant. In den Schulungsräumen der Renewables Academy (Renac) in Mitte informieren sich regelmäßig Manager aus der Industrie, die die Energiekosten ihre Unternehmens senken wollen, Mitarbeiter von Behörden, Versicherern, Finanzierungseinrichtungen oder Bauingenieure über erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Sie müssen kein umfangreiches Vorwissen mitbringen, um an Kursen wie „Einführung in die Photovoltaik“ oder „Solargestütze Kühlung“ teilzunehmen, sagt Sprecherin Anja Haupt. Mit zehn bis 16 Teilnehmern sind die Kurse klein genug, um interaktive Übungen zu machen. Die Kosten, die zwischen 1200 und 1600 Euro variieren, tragen die Teilnehmer entweder selbst oder ihre Arbeitgeber. Die Renac organisiert auch maßgeschneiderte Weiterbildungen für Unternehmen.

Eine freie Einteilung des Lernpensums ermöglichen die Online-Schulungen des Instituts wie die Kurse „Projektmanagement für Erneuerbare Energien“ und „Finanzierung von Erneuerbaren Energien Projekten“. Neben Ingenieuren und Projektentwicklern interessieren sich dafür auch Hersteller und Zulieferer der Branche. Sie lernen im Selbststudium und Online-Seminaren. „Unsere Dozenten sind je nach Kurs und Ausrichtung Ingenieure, Architekten, Anwälte, Berater oder Finanzierer“, sagt Anja Haupt. „Wichtig ist uns, dass sie aus der Energieeffizienz-Branche kommen und Praxiserfahrung haben, die sie in ihrem Unterricht weiter geben können.“

Einen Master „Energieeffizientes Bauen“ bietet etwa die Fachhochschule Magdeburg-Stendahl an. Er richtet sich an Bachelor- oder Diplom-Absolventen, die ihr Wissen über Energieeinsparpotentiale, baulichen Wärmeschutz und regenerative Wärmeversorgung vertiefen wollen. Ziel ist, dass die Absolventen Energiespar- und Passivhäuser planen und bauen können oder Altbauten energieeffizient sanieren.

„Die Frage ist, wie bei der Dämmung von Altbauten die Energieeinsparverordnung umgesetzt werden kann, ohne den Städten einen Einheitslook zu verpassen“, sagt Andrea Lossau von der Architektenkammer Berlin.

Als ein gelungenes, von der Deutschen Energie Agentur ausgezeichnetes Beispiel gilt das Wohnhaus in der Schönerlinder Straße 6 in Köpenick: Dort wurde die alte Bausubstanz des Hauses aus dem Jahr 1888 erhalten und nach neusten Standards saniert. Die schöne Stuckfassade blieb erhalten. Moderne Haustechnik und eine besonders starke Dämmung der hofseitigen Fassaden sorgen jetzt dafür, dass maximal die Hälfte an Energie eines vergleichbaren Neubaus verbraucht wird.

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