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Der Angeklagte Rüdiger B. (links) neben seinem Anwalt Tobias Gall beim Prozessauftakt im November.

© IMAGO/OLAF WAGNER

Corona-Impfung mit Holocaust verglichen: Früherer Berliner Berufsschullehrer wegen Volksverhetzung verurteilt

Seinen Job ist er deswegen bereits los: Der frühere Berliner Lehrer Rüdiger B. verglich in Youtube-Videos etwa die Bundesregierung mit dem NS-Regime. Nun wurde er zu einer Geldstrafe verurteilt.

Der frühere Berliner Berufsschullehrer Rüdiger B. wurde am Donnerstag wegen Volksverhetzung in zwei Fällen zu einer Geldstrafe verurteilt. Rüdiger B. hatte in einem Youtube-Video unter anderem das Bild des Tors des Konzentrationslagers Sachsenhausen gezeigt. Dabei ersetzte er den Schriftzug „Arbeit macht frei“ durch „Impfen macht frei“.

In einem weiteren Video teilte B. unter anderem gegen einen Rbb-Journalisten aus, verglich die Bundesregierung mit dem NS-Regime und bezeichnete die Corona-Impfung als „größten Völkermord aller Zeiten“. Aus Sicht der Richterin hat er damit in zwei Fällen den Holocaust verharmlost. Sie verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 25 Euro, also insgesamt 3000 Euro.

Damit entsprach die Richterin im Wesentlichen der Forderung des Staatsanwaltes. Dieser hatte in seinem Plädoyer lediglich einen höheren Tagessatz von 50 Euro gefordert. Rüdiger B. habe zwar eingeräumt, die beiden Videos veröffentlicht zu haben – sich allerdings nicht einsichtig gezeigt. Auch die Richterin betonte in ihrer Urteilsbegründung: „Egal, was ich hier erzähle, es wird Sie eh nicht überzeugen.“

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In einem Prozess vor dem Arbeitsgericht hatte dieses die fristlose Kündigung der Senatsverwaltung gegen B. bestätigt, ihm allerdings auch eine Abfindung in Höhe von 72.000 Euro zugestanden. Im aktuellen Prozess wegen Volksverhetzung hatte B. einen ersten Strafbefehl in Höhe von 90 Tagessätzen à 90 Euro nicht akzeptiert. Die Richterin korrigierte das Strafmaß nun nach oben, setzte allerdings die Tagessätze herab. B. ist nach eigenen Angaben zur Zeit arbeitslos.

Herr B. hat Kritikern der Coronamaßnahmen in seinen Videos suggeriert, dass sie legitime Widerstandskämpfer gegen den Staat seien.

Die Richterin in ihrer Urteilsbegründung

B.s Anwalt Tobias Gall sah in dem Prozess gegen B. „den größten, skandalösesten Vorgang, den ich in meiner Berufslaufbahn erlebt habe“ und forderte einen Freispruch für seinen Mandanten. Gall ist auf Bezirksebene für die AfD aktiv. In seinem Plädoyer erklärte er B.s Aussagen zu „Geschmacklosigkeiten“ und verwies ansonsten auf die Kunst- und Meinungsfreiheit.

Nicht B. sei der Volksverhetzung schuldig, sondern die Öffentlichkeit habe „in volksverhetzender Weise“ gegen jene „gehetzt“, die sich kritisch über die Corona-Maßnahmen und die „nachweislich unwirksamen Impfungen voller Nebenwirkungen“ geäußert hätten.

In B.s Äußerungen sah Gall keine Verharmlosung des Holocausts, sondern vielmehr „das genaue Gegenteil“. Wenn B. die Bundesregierung „als die größten Verbrecher aller Zeiten“ bezeichnet habe, habe er lediglich den Holocaust zum Maßstab nehmen und nicht herabsetzen wollen. „Wie man das für strafbar halten kann, ist mir ein völliges Rätsel“, sagte Gall. Die rund zwei Dutzend Gleichgesinnten im Publikum des Verhandlungssaales applaudierten teils und bekundeten ihre Zustimmung.

Die Richterin teilte Galls Ansicht nicht. Sie sah in B.s Äußerungen eine „geistige Brandstiftung“: Er habe Menschen, die die Coronamaßnahmen ablehnten, „aggressiv emotionalisieren“ wollen und ihnen „suggeriert, dass sie legitime Widerstandskämpfer gegen den Staat seien.“ Dabei spiele auch keine Rolle, dass B.s – wie er selbst sagt: „sehr gute“ – Videos nur eine sehr geringe Reichweite bei Youtube hatten. Das zweite war noch am Erscheinungstag von der Plattformbetreiberin selbst gelöscht worden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Da es bislang wenig Rechtsprechung zu ähnlichen Fällen gibt, gilt eine Berufung als wahrscheinlich. Zuvor hatte etwa das Bayerische Oberste Landesgericht einen 64-Jährigen wegen einer ähnlichen „Impfen macht frei“-Darstellung ebenfalls wegen Volksverhetzung rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt. In einem ähnlichen Fall in Berlin hatte das Kammergericht einen Freispruch vor dem Amtsgericht aufgehoben.

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