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Polizeiwagen mit Blaulicht am Kottbusser Tor, im Hintergrund ein U-Bahn-Eingang.

© Philipp Znidar/dpa

Update

Bis 2,5 Millionen statt 250.000 Euro: Die Kotti-Wache für die Berliner Polizei wird viel teurer als geplant

Die Innensenatorin will die Polizeiwache am Kottbusser Tor bis Jahresende eröffnen. Umbaumaßnahmen treiben die Kosten in die Höhe. Und es gibt noch mehr Ärger.

Die geplante Polizeiwache am Kottbusser Tor in Berlin-Kreuzberg könnte um ein Vielfaches teurer werden als bislang angegeben. Nach Tagesspiegel-Informationen sind inzwischen bis zu 2,5 Millionen Euro Kosten dafür veranschlagt. Zuvor hatte die „Berliner Zeitung“ darüber berichtet.

Im Haushaltsentwurf der rot-grün-roten Koalition sind bislang lediglich 250.000 Euro für die Einrichtung der Kotti-Wache vorgesehen. Danach sind 50.000 Euro Jahresmiete einkalkuliert. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hatte schon im März im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses angekündigt, dass dieser Rahmen nicht einzuhalten sei.

Dem aktuellen Bericht über die nun zehn Mal so hohe Zahl widersprach sie nicht, sondern teilte der „Berliner Zeitung“ lediglich mit, sie habe bereits „darauf hingewiesen, dass der Aufbau einer solchen Wache mehr kosten wird“. Eine genauere Kostenplanung laufe derzeit und sei noch nicht abgeschlossen.

Geplant ist die 200 Quadratmeter große Polizeiwache in dem Hochhaus, das über der Adalbertstraße am Kottbusser Tor steht. Es wurde einst als "Neues Kreuzberger Zentrum" (NKZ) bekannt und heißt inzwischen Zentrum Kreuzberg. Die Wache soll im ersten Stock des Hauses über der darunter liegenden Straße eingerichtet werden.

Ärger mit Fahrstuhl und Glasfront

Kostentreibend könnten besonders ein zusätzlicher Fahrstuhl und weitere Umbauten sowie die allgemeinen aktuellen Steigerungen der Baukosten in Berlin sein. Wie der Tagesspiegel aus der Gewerkschaft der Polizei (GdP) erfuhr, soll es gleich mehrere "Sorgenkinder" geben: Demnach biete der geplante Fahrstuhl, der Barrierefreiheit ermöglichen solle, nicht einmal Platz für einen Rollstuhl, außerdem werde der Personalrat kaum der vorgesehenen Glasfront zustimmen - aus Sicherheitsgründen.

"Dass die Kosten für die Kotti-Wache gerade explodieren, kann niemanden überraschen, der in Berlin schon mal etwas bauen wollte", sagte GdP-Landeschef Norbert Cioma. "Aspekte wie die Sicherheit unserer Kollegen und ein barrierefreier Zugang sind nicht verhandelbar."

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Auf den Liegenschaften der Berliner Polizei lastet ein Sanierungsstau von 1,2 Milliarden Euro. Die landeseigene Berliner Immobilienmanagement (BIM) GmbH hat jedoch nur 30 Millionen Euro im Jahr in diesem Bereich zu Verfügung. Cioma glaubt deshalb nicht, dass sich die Kostensteigerung am Kotti einfach aus dem bestehenden Etat finanzieren lässt. "Wir sind da aber relativ tiefentspannt", sagte er - denn Politik und Polizeiführung bekämen dadurch noch etwas Zeit, ihre Pläne zu überdenken.

Die GdP hatte sich für einen anderen Standort im Kiez ausgesprochen: einen Neubau an der Reichenberger Straße mit mindestens 300 Quadratmetern Nutzfläche zuzüglich der sanitären Anlagen und Parkplätzen. Die Gewerkschaft fordert zudem eine Ausstattung mit mindestens 65 Beamten, ohne bestehende Dienststellen und die anderen örtlichen Direktionen zu schwächen. Spranger hatte lediglich 20 neue Stellen im Haushalt verankert, sich aber zur personellen Besetzung insgesamt nicht geäußert.

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Wie aus Gewerkschaftskreisen zu hören war, soll die Polizei die Mehrkosten aus dem eigenen Haushalt nehmen. Die Finanzierung werde gemeinsam mit der Senatsinnenverwaltung sicherzustellen sein, kommentierte eine Polizeisprecherin diesen Punkt. "Die Polizei Berlin kann über die Höhe der Kosten keine fachlich abschließende Aussage treffen."

Im Übrigen verwies sie auf die BIM, die für die Kalkulation der Kosten zuständig sei. Von dort hieß es am Donnerstag wiederum, man könne die Schätzung von 2,5 Millionen Euro "weder dementieren noch bestätigen", denn "die Kosten stehen noch nicht fest".

Die Diskussionen und Planungen um eine Polizeiwache an dem Ort mit viel Kriminalität, Partyleben, Drogenhandel und einer teilweise polizeifeindlichen Szene laufen schon lange. Anwohner hoffen auf eine entspanntere Atmosphäre durch mehr Polizei, linke Gruppen befürchten mehr Kontrollen und eine Eskalation.

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Spranger hat die Umsetzung des Vorhabens zu einem zentralen Projekt zu Beginn ihrer Amtszeit als neue Innensenatorin gemacht. Anfang April teilte sie im Innenausschuss mit, dass die Wache bis Jahresende eröffnet werden soll.

Wie die Polizei so eine neue Wache in der unübersichtlichen Architektur der dortigen Hochhäuser mit Übergängen, Durchgängen, Außen- und Innentreppen und hunderten Balkonen vor Beschädigungen oder Farbbeutelwürfen schützen will, ist noch nicht klar. (mit dpa)

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