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Komponist, Dirigent, Klarinettist: Jörg Widmann, Jahrgang 1973.

© Marco Borggreve

Liebhaber des Labyrinths: Jörg Widmann im Boulezsaal

Ein Porträtkonzert zum 50. Geburtstag des Komponisten und Klarinettisten Jörg Widmann, mit einem Ausblick auf die kommende Berliner Klassik-Saison.

Zu seinem 50. Geburtstag wurde Jörg Widmann jüngst mit allerhand Lobpreis überschüttet. Dass man ihn dabei auch in eine Reihe mit Mozart und Haydn gestellt hat, muss man erstmal veratmen können. Im Porträtkonzert jedoch, das ihm der Pierre Boulez Saal zum Saisonabschluss widmet, zeigt sich der Jubilar von derlei Zuschreibungen herzlich unbeeindruckt.

Der Komponist, Klarinettist und Dirigent, der auch als Professor an der Barenboim-Said Akademie lehrt, beschert sich selbst einen Abend wohlkalkulierter Herausforderungen, umgeben von den hochmotivierten Musiker:innen des Boulez Ensembles.

Wie sehr Widmann die Kunst vervollkommnet hat, seinen volltönigen Klang durch immer neue Labyrinthe zu schicken, kann man ermessen, wenn er ein Jugendwerk spielt. Als 19-Jähriger schrieb er eine Fantasie für Klarinette solo, durch die er sich nun noch einmal selbst jagt. Widmann unterläuft die Süße des Instruments mit atemlosen Trillern und ist doch immer wieder kurz davor, schwelgerisch dem Sirenenton vom Gershwins „Rhapsody in Blue“ zu folgen.

In sein „Liebeslied“ baut er ausgesuchte Kratzbürstigkeiten ein, die nie gänzlich überdecken können, dass diese Kammermusik auch im Geist der Romantik weitergehen könnte. In seiner Emphase ist Widmann ihr nah, in seinem Gespür für Echos schwingt sie mit, etwa wenn das Solohorn einen Resonanzraum im aufgedeckten Flügel findet.

Widmann ist ein Meister darin, die Dinge in der Schwebe zu halten. An seine rauschhaften „Freien Stücke für Ensemble“ könnte man jederzeit anknüpfen. Und so ist dieser Saisonausklang zugleich auch ein Neubeginn, denn nach der Sommerpause wird Jörg Widmann als Composer in Residence der Berliner Philharmoniker wieder auftauchen. Beim Musikfest im September tritt er zusammen mit seiner Schwester Carolin auf, dirigiert eigene Werke und Mendelssohn.

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