zum Hauptinhalt
Dirigentin Mirga Gražinytė-Tyla wird in Berlin mit den Münchner Philharmonikern Gustav Mahlers 2. Sinfonie interpretieren.

© Andreas Hechenberger

Musikfest Berlin 2023: Aus der Welt. Und der Weltstadt

Große Werke der Spätromantik, interpretiert von Spitzenorchestern, dazu Traditionsreiches aus dem Iran. Das „Musikfest Berlin 2023“ hat sein Programm veröffentlicht.

Wer durch das gerade veröffentlichte Programm des „Musikfest Berlin 2023“ blättert, stellt fest: Der neue Tagesspiegel und das Festival, das vom 26. August bis 18. September stattfinden wird, haben durchaus Gemeinsamkeiten: Da ist zum Beispiel die Aufteilung in die Bereiche „international“ und „regional“, im Falle des Musikfests also von Gästen aus Deutschland, Europa und den USA sowie von Berliner Orchestern. Wobei damit keineswegs unterstellt wird, dass nicht auch das lokale Angebot Weltklasse haben kann.

Die großen Sinfonieorchester der Hauptstadt jedenfalls spielen allesamt in der Klassik-Champions-League. Darum ist es für die auswärtigen Ensembles durchaus eine Herausforderung, sich bei ihren Gastspielen in der Philharmonie den kritischen Ohren des verwöhnten Berliner Publikums zu stellen.

Gardiner dirigiert Berlioz

Und auch noch eine zweite Gemeinsamkeit fällt ins Auge: Ganz so wie der Tagesspiegel setzt auch Winrich Hopp, der künstlerische Leiter des „Musikfest Berlin“ gerne auf Experten. John Eliot Gardiner, gehört dazu. Oft war er schon zum Festival eingeladen, stets hat er die Besucherinnen und Besucher begeistert. In diesem Jahr kommt er wieder mit seinem Monteverdi Choir und dem Orchestre Revolutionnaire et Romantique – beide Ensembles hat er gegründet, um seine Ideen so pur wie möglich umsetzen zu können. Zu erleben ist die Oper „Les Troyens“ von Hector Berlioz, konzertant zwar nur, aber in der ungestrichenen Fassung, die fast fünf Stunden dauert.  

Ein weiterer Spezialist für die historische Aufführungspraxis ist Philipp Herreweghe. Er widmet sich beim „Musikfest“ einem Gipfelwerk des Barock: Johann Sebastian Bachs h-Moll Messe. Auf ganz anderem Gebiet superb ist das Ensemble Modern. Die Frankfurter werden zwei Festival-Abende bestreiten, mit Klassikern der Moderne sowie allerneuester Musik.   

Einen entscheidenden Unterschied aber gibt es dann doch zwischen Zeitung und Festival: Während das Format des gedruckten Tagesspiegels jüngst handlich geschrumpft wurde, präsentiert sich das „Musikfest“ weiterhin XXL, nämlich mit sinfonischen Monumentalwerken, die von maximal groß besetzten Orchestern dargeboten werden.

Gustav Mahler im Mittelpunkt

Gustav Mahler steht 2023 im Mittelpunkt: Mirga Grazinyte-Tyla wird mit den Münchner Philharmonikern die Zweite aufführen, Rafael Payare mit der Staatskapelle die Fünfte, Ivan Fischer mit dem Concertgebouworkest Amsterdam die Siebte, Simon Rattle mit dem London Symphony Orchestra die Neunte und Robin Ticciati mit dem Deutschen Symphonie-Orchester „Das Lied von der Erde“.

Zweiter Komponisten-Protagonist des Festivals ist Sergej Rachmaninow, der vor 150 Jahren geboren wurde. Sein opus ultimum, die Symphonischen Tänze, erklingen gleich in zwei Fassungen: für Orchester mit dem Israel Philharmonic sowie für Klavier vierhändig, gespielt von Alexander Melnikow und Olga Pashchenko. 

Willkommen, Joana Mallwitz

Bei den Berliner Orchestern sind die „Musikfest“-Auftritte eigentlich Chefsache. Da die Staatskapelle allerdings nach dem krankheitsbedingten Rückzug von Daniel Barenboim aktuell führungslos ist, wird der venezolanische Maestro Rafael Payare diesmal den Festival-Beitrag der Staatskapelle dirigieren.

Vorfreude und Neugier mischen sich beim Konzerthausorchester: Der „Musikfest“-Abend ist zugleich das Antrittskonzert von Joana Mallwitz, der neuen Chefdirigentin am Gendarmenmarkt. Neben Werken von Britten und Beethoven wird sie das neue Violinkonzert des irischen Komponisten Donnacha Dennehey vorstellen.

Als Partner des Festivals sind die Berliner Philharmoniker stets mit zwei Programmen vertreten. Chefdirigent Kirill Petrenko hat sich eine wilde Mischung zusammengestellt, bei der Iannis Xenakis, György Kurtag und Karl Amadeus Hartmann auf eine Uraufführung von Marton Illes treffen. Jörg Widmann ist beim zweiten Programm gleich in dreifacher Funktion vertreten, als Dirigent, Komponist und Klarinettist, vor allem mit eigenen Werken.

Dass so ein Festival trotz der langen Planung- und Vorlaufzeiten, die im Klassikbusiness üblich sind, reaktionsschnell sein kann, zeigen zwei Konzerte mit Musik aus dem Iran. Aus Teheran sowie mehreren europäischen Ländern kommen die Musikerinnen des Mahbanoo Ensemble zum „Musikfest“. Im Iran dürfen Frauen seit 1979 nicht öffentlich auftreten, bei ihrem Konzertdebüt in Deutschland werden sie persische Kunstmusik aufführen.

Der zweite Abend verknüpft „My Persia“, ein neues Werk des Komponisten Wolfgang von Schweinitz, mit dem Auftritt des in Berlin lebenden Tar- und Setar-Virtuosen Majeed Qadiani.

In noch einem Punkt berühren sich also der neue Tagesspiegel und das „Musikfest“: In dem Anspruch nämlich, stets alles Wichtige aus der Welt zu präsentieren. Und aus der Weltstadt Berlin.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false