zum Hauptinhalt
Karstadt-Hermannplatz-Illustration von 2020.

© David Chipperfield Architects

Update

René Benkos Kaufhäuser und Bauprojekte in Berlin: Was die Signa-Insolvenz für die Hauptstadt bedeutet – Senat pausiert Galeria-Pläne

Die Holding des österreichischen Immobilienunternehmers ist pleite. Ein langjähriger Partner könnte profitieren. Planungen für die Galeria-Kaufhäuser am Hermannplatz und am Kudamm werden ausgesetzt.

| Update:

Der Senat pausiert die Bau- beziehungsweise Rahmenplanung für die Galeria-Kaufhäuser am Hermannplatz und am Kurfürstendamm. Hintergrund ist die Insolvenz der Signa Holding des österreichischen Immobilienunternehmers René Benko. Damit ist ein zentraler Bestandteil des europaweiten Immobilien- und Handelskonzerns zahlungsunfähig. Von der Pleite sind auch Standorte in Berlin betroffen.

Es würden in beiden Verfahren „keine weiteren formalen Schritte“ vorgenommen, bestätigte ein Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung dem Tagesspiegel. Zuerst hatte darüber der RBB berichtet. Für den Hermannplatz bedeutet das etwa, dass die derzeit laufende sogenannte frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit abgeschlossen werde, der nächste Planungsschritt, die Beteiligung der Behörden, aber nicht begonnen werde, solange kein verlässlicher Partner bereitstünde.

Der österreichische Unternehmer und Gründer des Immobilienkonzerns René Benko.
Der österreichische Unternehmer und Gründer des Immobilienkonzerns René Benko.

© picture alliance/Hans Klaus Techt

Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey bezeichnete die Insolvenz der Signa Holding am Mittwoch im Abgeordnetenhaus als „keine gute Nachricht“ für den Kaufhausstandort Berlin. „Die Situation ist sehr, sehr ernst“, sagte Giffey. Sie sei aber „noch nicht ganz überschaubar“.

Die Wirtschaftssenatorin distanzierte sich erstmals deutlich von dem Unternehmen. Signa sei „nicht mehr ein Partner, mit dem man verlässlich arbeiten kann“, sagte sie. Es sei klar, dass „ein Investor, der in so einer schweren Lage ist, jetzt nicht Baurecht kriegen kann“. Gleichzeitig könne man nicht „alle Gespräche mit Signa abbrechen“. Man habe „viele Fragen an Signa“.

Giffey bekannte sich „zur Entwicklung dieser Standorte und zum Erhalt der Arbeitsplätze“ in den Kaufhäusern und forderte dies auch von zukünftigen Investoren ein. „Jeder, der hier investiert, jeder der hier etwas von der Stadt möchte, muss ein klares Bekenntnis zu den Warenhäusern, zu den Beschäftigten, zum Fortgang dieser wichtigen Immobilien für die Stadt bieten.“

Conny Weißbach, Verdi-Fachbereichsleiterin Handel für Berlin-Brandenburg sagte dem Tagesspiegel: „Es ist hart für die Beschäftigten, aufgrund von Missmanagement und fehlender Implementierung eines zukunftsfähigen Geschäftskonzepts erneut in eine Lage zu kommen, in der Arbeitsplätze und Standorte akut bedroht werden.“ Man erwarte, dass die Arbeitsplätze und alle Standorte der zur Signa-Gruppe gehörenden Handelsunternehmen erhalten bleiben.

Grüne und Linke fordern Ende der Zusammenarbeit mit Signa

Grüne und Linke fordern, dass Berlin die Zusammenarbeit mit der Signa-Gruppe endgültig beendet. „Ich fordere den Senat erneut auf, die Bebauungspläne der Signa jetzt sofort einzustellen und nach dem Vorbild zahlreicher Kommunen die Grundstücke und Warenhäuser in öffentliches Eigentum zu überführen“, sagte die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linken, Katalin Gennburg. Signa habe zugesagte Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe nicht eingehalten.

Der Senat habe „alle Warnungen und Alarmsignale ignoriert“, kritisiert der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Grünen, Julian Schwarze. „Die Signa-Insolvenz droht jetzt auch die zum Konzern gehörenden Warenhäuser und ihre Beschäftigten mitzureißen.“ 

BVV Friedrichshain-Kreuzberg für Planungsstopp am Hermannplatz

Auch die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg hat sich Mittwochabend für einen Planungsstopp am Hermannplatz ausgesprochen und gefordert, dass das Planungsrecht zurück an den Bezirk fällt. Der Antrag dazu wurde von der Linkspartei eingebracht. „Auch der Senat muss einsehen, dass das Festhalten an der Planung nur zur Wertsteigerung der Immobilie führt, die Signa dann versilbern wird“, hieß es von Gaby Gottwald, Sprecherin für Stadtentwicklung der Linksfraktion. Grüne und SPD stimmten der Resolution zu, CDU, AfD und FDP lehnten sie ab.

„Es ist nun an der Zeit, über eine solide Zukunft für den Hermannplatz nachzudenken. Eine Möglichkeit ist, dass der Bezirk nun eine städtebauliche Machbarkeitsstudie beauftragt, noch bevor ein neuer Eigentümer in Erscheinung tritt“, sagte Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne). „Dabei sollten die Nachbarn, aber auch die Mitarbeiterinnen von Karstadt stark beteiligt werden. Wichtig ist auch, dass die Planungshoheit vom Senat an den Bezirk zurückgegeben wird.“ Signa wird laut Schmidt im Stadtentwicklungsausschuss am 7. Dezember Thema sein.

Die Signa-Gruppe ist in zwei Kerngeschäfte gegliedert: Die Signa Real Estate ist vorrangig im Immobiliengeschäft aktiv, während die Signa Retail für den Einzelhandel zuständig ist. Zum Teil vermieten Unternehmen der Immobiliensparte Kaufhäuser oder Geschäfte an Handelsunternehmen aus der Retail-Gruppe.

Zur Signa Retail gehört der kriselnde Konzern Galeria Karstadt Kaufhof, der mehrere Kaufhäuser in Berlin betreibt. Wichtig ist: Die Pleite der Holding muss die anderen Unternehmen der Gruppe nicht automatisch mit sich ziehen, da es sich grundsätzlich um eigenständige Firmen handelt.

Signas Partner aus Asien könnte profitieren

Teil der Signa-Immobiliensparte ist die auf Luxusobjekte spezialisierte Signa Prime Selection. Diesem Unternehmen gehört unter anderem die Immobilie des Traditionskaufhauses KaDeWe in der Tauentzienstraße, allerdings nur zu 50,1 Prozent. Die restlichen 49,9 Prozent befinden sich im Besitz der Central Group aus Bangkok, die im Gegensatz zu Signa nicht in der Krise steckt.

Die Central Group ist für Signa einer der wichtigsten strategischen Partner. Der Konzern gehört der Familie Chirathivat, die laut Forbes eine der vier reichsten Familien Thailands ist. Die Unternehmensgruppe wurde 1927 gegründet und betreibt heute 38 Einkaufszentren. Seit 2020 ist die Central Group an der Börse notiert.

Das KaDeWe, Kaufhaus des Westens, gehört zu den weltweit bekanntesten Luxus-Warenhäusern.
Das KaDeWe, Kaufhaus des Westens, gehört zu den weltweit bekanntesten Luxus-Warenhäusern.

© imago/imagebroker/imago stock

Auch in der KaDeWe Group, die neben dem Berliner Warenhaus das Alsterhaus in Hamburg und das Oberpollinger in München betreibt, arbeiten Signa und Central bisher zusammen. In diesem Fall besitzt jedoch die Central Group 50,1 Prozent der Anteile, hat also die Kontrolle.

Bei einer vergleichbaren Warenhauskette, dem britischen Selfridges, übernahm der ostasiatische Handelskonzern kürzlich Anteile von Signa, nutzte also Benkos Krise, um die eigene Position auszubauen. Ob das in Berlin auch passieren könnte, ist momentan noch nicht bekannt.

Bauprojekte in Berlin gestoppt

Das Hochhaus Upper West am Breitscheidplatz gehört der Signa-Holding hingegen zu 100 Prozent, dort sitzt auch ihr Berliner Büro. Mehrere Bauprojekte des Signa-Konzerns wurden kürzlich gestoppt. Dazu gehört zum Beispiel das „P1“ in der Passauer Straße, gegenüber dem KaDeWe. Auf dem Gelände eines ehemaligen Parkhauses mit 20.000 Quadratmetern Nutzfläche soll ein Gewerbekomplex entstehen.

Zum Stillstand verdammt sind auch der Neubau des Großprojekts „Glance“ in der Franklinstraße in Charlottenburg, der geplante Umbau der Galeria-Kaufhäuser in der Müllerstraße in Wedding sowie am Hermannplatz in Kreuzberg, außerdem diverse weitere Vorhaben. Nach der Insolvenz der Signa Holding ist ihre Zukunft ungewisser denn je. (mit dbö)

(Hinweis: In einer früheren Version dieses Textes wurde eine Aussage von Katalin Gennburg zur Investitionshöhe falsch wiedergegeben. Wir haben den Fehler korrigiert.)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false