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Carola Zarth

© Marie Staggat / Marie Staggat

Öffentliche Aufträge: Handwerksbetriebe brauchen einen fairen Zugang

Berlins Handwerkskammerpräsidentin fordert eine gerechte Verteilung der Aufträge durch das Land Berlin – und weniger Auflagen mit zweifelhaftem Nutzen.

Eine Kolumne von Carola Zarth

Die Temperaturen sind auf einem guten Weg, auf einen zweistelligen Wert zu steigen. Das erste Grün in Parks, auf Friedhöfen und in den Erholungsflächen im Straßenland zeigt sich. Die Tage werden wieder länger für uns alle ein guter Grund, wieder häufiger mit dem Fahrrad oder zu Fuß in unserer Stadt unterwegs zu sein.

Wer genau hinschaut, dem fallen sofort die Stellen im öffentlichen Raum ins Auge, an denen der Zahn der Zeit seine Spuren hinterlassen hat: ein großes Schlagloch auf einem Charlottenburger Bürgersteig, eine bröckelnde Fassade an einem Lichtenberger Schulgebäude, gebrochene Holzlatten einer Pankower Parkbank – jeder kann zu dieser Mängelliste aus persönlicher Erfahrung etwas beitragen.

Doch bevor Handwerksbetriebe damit beauftragt werden können, die vielen Mängel an der öffentlichen Infrastruktur zu beseitigen, müssen entsprechende Sanierungsleistungen öffentlich ausgeschrieben werden. Durch ein transparentes Bieterverfahren wird für einen fairen Wettbewerb zwischen den bietenden Unternehmen gesorgt, um Korruption und Vetternwirtschaft zu verhindern. Begrüßenswert ist zudem, dass die Vergabe von öffentlichen Aufträgen zusätzlich an Nachhaltigkeitsanforderungen geknüpft ist. So kommen im Idealfall eher die Unternehmen im Bieterverfahren zum Zug, die nach ökologischen und sozialen Standards wirtschaften.

Die Berliner Verwaltung hat in den letzten Jahren allerdings eher getreu dem Motto „Viel hilft viel“ immer weitere Nachhaltigkeitsanforderungen eingefordert. Hieb- und stichfeste statistische Belege dafür, dass das Mehr an Anforderungen einen spürbar positiven Effekt auf Umwelt und Soziales in unserer Stadt hat, gibt es allerdings nicht. Als gesichert gelten jedoch die Berichte aus der Vergabepraxis: Die zunehmende Bürokratisierung stellt für die Betriebe eine enorme Last dar.

In der Regel haben kleine und mittelständische Handwerksbetriebe keine personellen Ressourcen, geschweige denn eine eigene Abteilung, die sich durch den Dschungel an Nachweisen kämpfen kann. Und dennoch investieren diese Betriebe Zeit und finanzielle Mittel, um sich nachhaltig aufzustellen und kommen damit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nach. Die hohe Nachweispflicht drängt viele Betriebe aus dem Wettbewerb um öffentliche Aufträge – ein Symptom der Überdosierung.

Ein Ergebnis ist ein Sanierungsstau, der uns bei unserem nächsten Frühlingsspaziergang durch Berlin wieder ins Auge fallen dürfte. Weniger ist manchmal eben doch mehr!

Diese Kolumne mit Stimmen aus Kammern und Verbänden erscheint immer montags.

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