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Das Land Berlin refinanziert mit der neuen Anleihe Projekte aus den Haushaltsjahren 2020 bis 2022.

© Getty Images / Getty Images/Andriy Onufriyenko

Geld für soziale und nachhaltige Projekte: Was taugt Berlins neue Anleihe?

Finanzsenator Daniel Wesener stellte nun erstmals eine Nachhaltigkeitsanleihe für Berlin vor. Diese hat ein geplantes Volumen von 750 Millionen Euro.

Wer mit Zinsen den eigenen Haushalt aufbessern will, hat es bei der aktuellen Teuerungsrate schwer. Die Inflation lag 2022 laut Statistischem Bundesamt bei 7,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Anleihen mit Zins geben Stabilität in der Krise, jedoch kann der Realzins dieses Versprechen aufgrund der steigenden Kosten meist nur bedingt einlösen.

Zwar sind die Zinsen für Anleihen zuletzt gestiegen, doch auch sie liegen unter der aktuellen Inflationsrate. Umso interessanter ist, dass das Land Berlin im Januar erstmals eine Nachhaltigkeitsanleihe herausgeben will. Sie hat eine Höhe von 750 Millionen Euro.

Wie hoch der Zins der Anleihe ausfällt, wisse die Senatsfinanzverwaltung jedoch erst an dem Tag, an dem sie die Anleihe platziert. Das geschehe „sehr zeitnah“, kündigte Finanzsenator Daniel Wesener (Bündnis 90/Die Grünen) am Mittwoch an. Mit welcher Bank das Land Berlin kooperiert, um die Anleihe zu emittieren, wurde nicht mitgeteilt.

Geld für Gutes, aber rückwirkend

Mit der Nachhaltigkeitsanleihe lockt Berlin Investor:innen, die mit ihrer Geldanlage soziale und ökologische Konzepte unterstützen möchten. Die Hauptstadt nutzt die Anleihe, um Projekte aus den Haushaltsjahren 2020 bis 2022 zu refinanzieren.

750
Millionen Euro soll die geplante nachhaltige Anleihe betragen.

Anleihen, auch Schulverschreibung genannt, sind Wertpapiere, für die Anleger:innen Zinsen erhalten. Die Gläubiger:innen überlassen dem Land Berlin einen bestimmten Betrag für zehn Jahre und erhalten diesen Kredit nach Ende der Laufzeit in voller Höhe zurück. Dazu kommen die ausgezahlten Zinsen. Von den Projekten, die eine interministerielle Arbeitsgruppe vorab identifiziert hatte, erhalten 36 sozial und ökologisch nachhaltige Projekte aus unterschiedlichen Bereichen der öffentlichen Verantwortung eine Refinanzierung.

Magdalena Senn, Referentin für nachhaltige Finanzmärkte beim Verein Finanzwende, sieht in der neuen Nachhaltigkeitsanleihe „einen Schritt in die richtige Richtung“. „Eine tatsächliche Nachhaltigkeitswirkung entsteht allerdings erst, wenn durch nachhaltige Anleihen zusätzliche ökologische oder soziale Investitionen gemacht werden.“ Mit der Anleihe finanziere das Land nämlich Projekte, für die bereits Gelder geflossen seien. „Der Haushalt bleibt genauso grün wie vorher“, sagt die Expertin.

Auch für Kleinanleger:innen interessant

Die Signalwirkung dürfte wegen des Volumens von 750 Millionen dennoch groß sein: Mit einer Laufzeit von zehn Jahren fließen die Gelder zu Dreivierteln in soziale und zu einem Viertel in ökologische Projekte. Die Anleihe unterstützt rückwirkend etwa das Projekt „E-Busse für Berlin“, mit dem die BVG ihre Flotte elektrifizieren will. Ein Beispiel für ein soziales Projekt stellen die Pläne des Senats dar, Grundschulkindern unabhängig vom Geldbeutel der Eltern ein gesundes Mittagessen anzubieten. Dies kostete in 2022 rund 165 Millionen Euro.

Die nachhaltige Anleihe unterstützt rückwirkend das Projekt „E-Busse für Berlin“, mit dem die BVG ihre Flotte elektrifizieren will. 

© picture alliance/dpa / dpa/Michael Kappeler

Finanzsenator Wesener sieht nachhaltige Anleihen im Trend. Wer sich am Kapitalmarkt refinanzieren wolle, komme nicht umhin, Nachhaltigkeitsfaktoren zu berücksichtigen.

Berlin ist das zweite Bundesland nach Nordrhein-Westfalen (NRW), das eine nachhaltige Anleihe begibt. NRW hatte schon 2015 eine solche emittiert. Im Juni 2022 kam die neunte Nachhaltigkeitsanleihe hinzu, diese umfasst ein Gesamtvolumen von 3,5 Milliarden Euro. Damit finanziert das bevölkerungsreichste Bundesland Deutschlands unter anderem vergünstigte Sozialtickets für den öffentlichen Nahverkehr.

Eine tatsächliche Nachhaltigkeitswirkung entsteht allerdings erst, wenn durch nachhaltige Anleihen zusätzliche ökologische oder soziale Investitionen gemacht werden.

Magdalena Senn, Referentin für nachhaltige Finanzmärkte beim Verein Finanzwende

Nach Einschätzung von Staatssekretärin Barbro Dreher richtet sich die Berliner Anleihe an einen diversen Interessent:innenkreis. Ab 1000 Euro seien Kleinanleger:innen dabei – unter der Voraussetzung, dass deren Bank die Anleihe zuvor erworben hat.

Finanzsenator Wesener sagt, er erwarte eine hohe Nachfrage. Zukünftig wolle der Senat alle zwei Jahre eine Nachhaltigkeitsanleihe herausgeben. Geprüft hat das Rahmenwerk ein externer Anbieter: die Agentur ISS ESG. Die Agentur bescheinigte, dass die Projekte einen positiven Nachhaltigkeitsnutzen hätten und mit den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen übereinstimmten. Ein Bericht über die Wirkung soll im Laufe von zwölf Monaten veröffentlicht werden. „Ohne Transparenz geht nichts“, sagte Wesener.

Dieser Bericht könne aber nur die Wirkung der rückwirkend finanzierten Projekte messen, sagt Senn. „Eine Wirkung der nachhaltigen Anleihen darüber hinaus nachzuweisen, ist extrem schwierig.“ Trotzdem, sagt die Expertin, setze die Anleihe ein wichtiges Zeichen. Auch Wesener ist überzeugt, dass von ihr ein Signal an Unternehmen und Politik ausgehe. Die Anleihe setze „klare Impulse in die Verwaltung und Politik, ihre Vorhaben noch stärker an ökologischen und sozialen Kriterien auszurichten“.

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