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 Auf dem Flughafengelände Tegel wurde im März 2022 das Ukraine-Ankunftszentrum TXL für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine eröffnet.

© IMAGO/Jens Schicke

Berliner Senat verlängert Not-Nutzung: Alter Flughafen Tegel könnte langfristig Unterkunft für Geflüchtete bleiben

Auf das Ukraine-Ankunftszentrum ist aus Sicht des rot-grün-roten Senats bei der Unterbringung Geflüchteter nicht zu verzichten. Ob die gerade beschlossene Verlängerung ausreicht, gilt als unsicher.

Der alte Flughafenstandort in Tegel wird voraussichtlich noch viele Monate als Notunterkunft für Geflüchtete genutzt werden. Das sagte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey am Dienstag nach der Sitzung des Senats. Vorerst hat der Senat die Nutzung als Ankunftszentrum und Notunterkunft von Ende Juni bis Ende September verlängert, mit der Option einer weiteren Verlängerung bis Ende des Jahres.

Giffey sagte, die Unterkunft sei für Ankunft und Unterbringung von Geflüchteten derzeit „unverzichtbar“. Zurzeit sind in Tegel rund 3000 Menschen untergebracht, maximal können 4300 Menschen unterkommen. Viele von ihnen leben dort inzwischen nicht nur wenige Tage, wie es ursprünglich vorgesehen war, sondern mehrere Wochen oder sogar Monate. Giffey ergänzte mit Blick auf die Verlängerung des Standortes bis Jahresende: „Es ist nicht sicher, dass das ausreichen wird.“ Dies hänge vom Kriegsgeschehen in der Ukraine und anderen Fluchtbewegungen auf der Welt ab.

Die Sitzung des Senats am Dienstag war die letzte von Franziska Giffey als Regierender Bürgermeisterin und die letzte dieses rot-grün-roten Senats. Am Donnerstag soll CDU-Chef Kai Wegner mit den Stimmen von CDU und SPD in das Amt gewählt werden. Giffey, die dem neuen Senat als Wirtschaftssenatorin angehören wird, formulierte einen Auftrag an die neue Regierung: „Wir müssen in den nächsten zwei, drei Jahren massiv in den Bau der Unterkünfte investieren.“ Aller Voraussicht nach werde das trotzdem kaum reichen, um Not-Unterbringungen ganz zu vermeiden.

Pro Monat 2000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine

Jeden Monat ziehen derzeit rund 1000 Asylbewerber neu nach Berlin und im Schnitt rund 2000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Wegen der hohen Zahlen seien auch die im vergangenen Jahr geschaffenen 10.000 neuen Plätze in Unterkünfte nicht ausreichend, sagte Giffey. Deshalb will der Senat auch die Nutzung weiterer Freiflächen zur Unterbringung von Geflüchteten überprüfen. Wenn Bezirke trotz des Aufbaus von zwei modularen Unterkünften für Flüchtlinge weniger als 1000 Plätze bereitstellen, soll ein Teil der fehlenden Plätze auch mit der Bereitstellung von Wohnungen kompensiert werden.

Die schwierige Flüchtlingslage wirkt sich inzwischen auch erheblich auf die Arbeitsfähigkeit der Ämter aus. Wie Recherchen des Tagesspiegels am vergangenen Wochenende ergaben, können Aufenthaltstitel im Berliner Landesamt für Einwanderung (LEA) kaum noch regulär verlängert werden. Die Wartezeiten auf einen Termin betragen bis zu einem halben Jahr. Giffey verteidigte die Arbeit der Behörde am Dienstag. Diese sei auch durch das Ausstellen von Aufenthaltstiteln für rund 70.000 Ukrainer in einer schwierigen Lage. „Wir werden uns im neuen Senat ansehen müssen, wie wir das LEA personell verstärken können“, sagte Giffey. „Die Zahlen sind so hoch, dass die Kolleginnen und Kollegen dort an ihre Grenzen kommen.“

Sie betonte, dass es insbesondere für Fachkräfte den „Business Innovation Service“ in Berlin gebe. Dort würden Unternehmen und potenzielle Fachkräfte aus dem Ausland beraten und konnten, laut Giffey, viele Prozesse beschleunigt werden. „Wir haben darüber sehr vielen Unternehmen helfen können“, betonte die SPD-Politikerin.

Am Dienstag habe Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) in ein weiteres Land einen Abschiebestopp erlassen. Wegen des Bürgerkriegs im Sudan wird nicht mehr dorthin abgeschoben. Das teilte die Innenverwaltung am Dienstag dem Tagesspiegel mit. Ausgenommen vom Berliner Abschiebestopp sind Straftäter, Gefährder und Personen, die sich hartnäckig weigern, ihre Identität feststellen zu lassen. Im ersten Quartal wurden laut Zahlen des LEA nur 132 Menschen aus Berlin abgeschoben. Das sind jeweils mehr als 50 Prozent weniger als in den vergangenen vier Jahren. Inzwischen sind fast fünf Prozent der Menschen in Berlin mit einem humanitären Aufenthaltstitel in der Stadt.

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