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ARCHIV - 24.07.2023, Thüringen, Erfurt: Eine Venenkanüle ist an einem Arm des Spenders fixiert bei einer Blutspende in einem Raum im Hama Blutspendezentrum. (zu dpa «Blutspenden wird für schwule Männer leichter - Was das für Spender und Empfänger bedeutet») Foto: Bodo Schackow/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Bodo Schackow

Aidshilfe und Berliner Queer-Beauftragter kritisieren: Auch neue Blutspende-Richtlinien diskriminieren schwule Männer

Am Donnerstag hat die Bundesärztekammer eine neue Blutspende-Richtlinie vorgestellt. Doch die sei voll stigmatisierender Annahmen, kritisieren Organisationen queerer Menschen in Berlin.

Die erneuerte Blutspende-Richtlinie der Bundesärztekammer (BÄK) ist von der der Deutschen Aidshilfe und Schwulen-Vertretern als nach wie vor diskriminierend kritisiert worden. Die neuen Kriterien würden die meisten schwulen Männer weiterhin ausschließen, ohne dies klar zu benennen. Aidshilfe, der Berliner Queer-Beauftragte und der Lesben- und Schwulenverband forderten neue Regeln.

So hält die Aidshilfe die Regelung für Analverkehr für falsch - die Sexualpraktik an sich sei kein Risiko. „Diese Annahme ist stigmatisierend“, heißt es in einer Mitteilung. Es sei nicht nachvollziehbar, warum Schutzmaßnahmen wie Kondome und HIV-Prophylaxe in der Risikobewertung nicht berücksichtigt würden. „Zum wiederholten Mal hat die BÄK eine inakzeptable Regelung vorgelegt.“ Das Ziel der Ampelkoalition, der Diskriminierung schwuler Männer und Transmenschen ein Ende zu setzen, sei gescheitert.

Die Bundesärztekammer hatte am Donnerstag mitgeteilt, dass am 4. September die überarbeitete Blutspende-Richtlinie in Kraft tritt. Demnach dürfen die sexuelle Orientierung und die Geschlechtsidentität künftig keine Rolle mehr bei der Risikobewertung spielen. Als risikoreich zählt Sexualverhalten, wenn die Gefahr, sich mit einer schweren Infektionskrankheit anzustecken, deutlich erhöht ist. Dazu gehört der Richtlinie zufolge künftig etwa Sex mit insgesamt mehr als zwei Personen und Sex mit einer neuen Person, wenn dabei Analverkehr praktiziert wurde.

Ziel der Risikoanalyse ist es, die Übertragung einer Infektion auf den Empfänger einer Blutspende möglichst zu verhindern. Künftig darf zunächst nicht Blut spenden, wer solchen Sex hatte. Ausschlaggebend sind dabei die letzten vier Monate vor der Spende. Spezielle Ausschlusskriterien für Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), und für trans Menschen fallen weg.

Der Berliner Queer-Beauftragte Alfonso Pantisano teilte mit: „Ich bin echt fassungslos.“ Bundesärztekammer und Paul-Ehrlich-Institut würden die Demokratie und auch den Menschenverstand ignorieren. „Die Diskriminierung bleibt. Männer, die Sex mit Männern haben, sind weiterhin ausgeschlossen, wenn sie innerhalb von vier Monaten mit mehr als einem Mann Analverkehr haben.“ Zugleich hätten sich für Heterosexuelle die Regeln zum Blutspenden verschärft.

Der Lesben- und Schwulenverband beklagte: „Die Neuregelung trägt zur Stigmatisierung von gleichgeschlechtlichem Sex zwischen Männern als „schmutzig“ und „gefährlich“ bei. Für das individuelle Infektionsrisiko ist nicht das Geschlecht des Sexualpartners relevant, sondern die individuelle Gestaltung der Sexualkontakte im Hinblick auf die Vermeidung von Übertragungsrisiken.“ Inzwischen hätten sich Nachweistechniken, Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten stark verbessert. (dpa)

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