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Anja Maria Wagemans entwickelt Gesundes, das schmeckt.

© Michael Setzpfandt / TU Berlin

Aus dem Labor an die Theke: Wie neue Lebensmittel die Ökobilanz der Nahrungsproduktion verbessern

Ein Steak aus dem 3-D-Drucker? Mit Mikroorganismen, Bakterien und Pilzen entwickelt Anja Maria Wagemans neue Lebensmittel, die auch noch gesund sind.

Von Patricia Pätzold

Ein veganes Steak aus dem 3D-Biodrucker, in das man hineinbeißen kann wie in ein Stück Fleisch und das auch so schmeckt? „Das ist noch Zukunftsmusik!“ Anja Maria Wagemans lacht. „Aber genau das ist mein Ziel.“ Die junge Professorin und Lebensmitteltechnologin erforscht, was genau Fleisch im Innersten zusammenhält und was Joghurt aus Milch so lecker macht. Welche stützenden Strukturen sorgen für Stabilität? Welche Inhaltsstoffe erfüllen welche Funktionen? Sie entwickelt aus pflanzlichen Proteinen und Rohstoffen innovative, gesunde Nahrungsmittel, die die Menschen gern annehmen und sich leisten können.

Auch Mikroorganismen, Bakterien und Pilze mit ihren besonderen Fähigkeiten sollen mithelfen. Wissenschaft, Industrie und Politik haben das Potenzial bereits erkannt. Anja Wagemans erziele mit ihrer Forschung Meilensteine und gebe neue gesellschaftliche Impulse für Gesundheit, Ernährungspolitik und Nachhaltigkeit, so Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegener. Im Mai 2023 überreichte er Wagemans im Roten Rathaus den Berliner Wissenschaftspreis für Nachwuchsforscher:innen.

Dass besonders der Fleischkonsum reduziert wird, wünscht sich die „Flexitarierin“ Anja Wagemans auch ganz persönlich. „Die Massentierhaltung ist weder ethisch vertretbar noch ist ihre Ökobilanz bei Klimaschutz und Ressourcenschonung mit der von pflanzlicher Nahrung vergleichbar.“ Doch Verbote und Konfrontation führten eher zu Abwehr. „Deshalb möchte ich die Konsument:innen lieber mitnehmen und ihre Akzeptanz für pflanzliche Produkte erhöhen.“

Und damit sind Anja Wagemans und ihr Team höchst erfolgreich. Einige Alternativprodukte für Fleisch, Wurst und Fisch, zum Beispiel aus Erbsen und Sojaproteinen, liegen bereits in den Supermarktregalen. Innerhalb kürzester Zeit hat sie Kooperationen mit vielen Unternehmen und Start-ups aufgebaut. So gelangt das Wissen aus dem Labor an die Theke. Und umgekehrt: „Der lebendige Austausch motiviert uns zu neuen wissenschaftlichen Ideen. Der Bedarf an weiteren Alternativen zu Meeresfrüchten ist groß.“ Auch mit mehreren Fachgebieten der TU Berlin arbeitet sie zusammen. Zudem reichen die wissenschaftlichen Kontakte bis nach Brasilien, in die Niederlande, nach Israel und in die USA.

Weitere Forschungsbereiche seien die Verwendung von Nebenprodukten wie Pflanzenschalen oder Stängeln, um die Wertschöpfung zu erhöhen. Dazu gehören auch die Kultivierung, also quasi die Züchtung von Fleisch aus Zellen, sowie die Aufklärung des Stoffwechsels von Mikroorganismen, denn diese können ebenso alternative Lebensmittel-Makromoleküle bilden. Um hier so effizient wie möglich zu arbeiten, denkt Anja Wagemans für die Zukunft auch über den Einsatz von Deep Learning nach. „Es ist so ein interessantes, riesiges zukunftsträchtiges Forschungsfeld. Spannend für zukünftige Student:innengenerationen.“

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