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So gefährlich sehen sie gar nicht aus, auf Feuerland sind Biber es aber.

© imago/Panthermedia/Steven Prorak

Wildwechsel: Feuerlands Biber-Familien mit Expansionstendenz

Die Biber tun nur, was sie seit vielen Bibergenerationen tun. Doch was einen Pelzindustriezweig in Südamerika begründen sollte, hat sich zu einer ökologischen Katastrophe ausgewachsen.

Eine Kolumne von Patrick Eickemeier

Als junge Erwachsene müssen Biber ihrer eigenen Wege gehen, oder schwimmen. Das elterliche Revier liegt optimal in Flusslage. Flusslage ist für Biberburgen alles, aber daher sind die guten Stellen auch alle besetzt.

Elterntiere kümmern sich dort gemeinsam mit Jungtieren aus bis zu zwei Würfen um den dritten. „Heutige Biber sind sehr familiär“, sagt Thomas Lechner von der Uni Tübingen. Doch die Eintracht hat ein Ende, wenn die ältesten Jungen geschlechtsreif werden. Sie verlassen den Clan und suchen sich ihr eigenes Gebiet. Meist finden sie nur kleinere Bachläufe weiter flussaufwärts – nicht die erste Biberwahl. Das Überleben ist dort schwieriger und die Sterblichkeitsrate der jungen Biber-Erwachsenen hoch. Das war schon lange so, wie Knochenfunde im Gebiet der Allgäuer Hammerschmiede belegen.

Wegen Bibern abgestorbener Baumbestand auf Feuerland.

© imago images/Panthermedia/elleon via www.imago-images.de

Wie müssen sich die ersten Nachkommen amerikanischer Biber (Castor canadensis) gefreut haben, sofern Biber sich freuen, als sie auf Feuerland auf Reviersuche gingen? Die ersten Tiere, 25 Paare, waren 1946 dort ausgesetzt worden, damit sich eine ausreichend große Population für florierenden Pelzhandel entwickelt. Die optimistische Erwartung des Populationswachstums war zutreffend, aber nur diese. Bis 2019 wuchs der Bestand nach Schätzungen auf über 110.000 Tiere an.

Nordamerikanische Biber sind auf dem südamerikanischen Feuerland eine invasive Art, wie zuletzt der Weltbiodiversitätsrat bestätigte. Geringer Räuberdruck, schmackhafte Vegetation und jede Menge freier Reviere. Wie Biber mit ihrem Futterbedarf und ihren Wasser stauenden Burgen die Landschaft verändern, ist laut Forschender die größte Veränderung, seit sich die Gletscher der letzten Eiszeit dort vom Land zurückzogen.

Die heimischen Bäume halten dem Fraßdruck der wachsenden Biberpopulation nicht stand. Die Biber ziehen weiter, der Wald ist zerstört. Und weitere invasive Arten wie Bisamratte und Nerz nehmen die veränderte Landschaft gut an. Die Biber haben bereits das Festland von Chile und Argentinien erreicht. Mit gezielter Jagd will man ihre Verbreitung stoppen. Aber das hätte man wahrscheinlich schon vor vielen Jahren tun müssen, als die Gesamtpopulation noch klein war. Jetzt tun die Biber nur, was sie tun, solange sie Burgen bauen: sich ausbreiten.

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