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Manchmal wissen Unikliniken selber nicht, was aus Studien ihres eigenen Hauses wird.

© imago/Westend61

Was passiert mit medizinischen Studien?: Berliner Charité will Ergebnisse transparenter machen

Ein neues Online-Portal der Charité zeigt, wie deutsche Hochschulen mit ihren klinischen Studien umgehen – etwa, ob Ergebnisse überhaupt veröffentlicht werden.

Wie sicher sind neue Medikamente? Sind neue Behandlungen für Krankheiten wirksamer als herkömmliche Therapien? Das sind entscheidende Fragen für die medizinische Forschung. Antworten darauf geben klinische Studien: Sie entscheiden darüber, ob neue Wirkstoffe und Verfahren zur Zulassung angemeldet und schließlich auch breit für Patienten eingesetzt werden.

Doch viele Ergebnisse solcher Studien, die deutsche Hochschulen durchführen, werden entweder gar nicht veröffentlicht oder sind öffentlich nicht einzusehen. Ein für Außenstehende überraschend wirkender Mangel, der gravierende Folgen hat: Andere Ärzt:innen und Wissenschaftler:innen erfahren nicht, mit welchen Resultaten eine Substanz bereits getestet wurde, ob womöglich weitere Analysen sinnvoll sind. Selbst die betreffenden Kliniken selbst haben oft keinen Überblick, was mit den Studien in ihrem Haus geschieht.

Nicht nur die medizinische Forschung transparenter und damit besser ist zu machen, ist eines der Kernanliegen des Berlin Institute of Health (BIH) in der Charité und auch der Berlin University Alliance, des Exzellenzverbundes der großen Berliner Unis. „Es ist aus ethischer Sicht zumindest fragwürdig, Ergebnisse von Studien, die mit Steuermitteln bezahlt wurden, nicht offenzulegen“, erklärt Daniel Strech, stellvertretender Direktor des BIH Quest Center, das sich um solche Themen kümmert.

Portal umfasst 35 deutsche Unis

Um bei klinischen Studien mehr Transparenz herzustellen, hat das BIH jetzt ein neues Portal veröffentlicht, das „Dashboard for Clinical Trial Transparency“. Es listet für 35 deutsche Universitäten auf, wie es um die Transparenz ihrer jeweiligen klinischen Studien bestellt ist. Wurde eine Studie überhaupt vor Beginn registriert? Wird im Register auf die Veröffentlichung der Ergebnisse hingewiesen, wurden sie überhaupt öffentlich gemacht? Das BIH hat dafür Informationen zu rund 3000 klinischen Studien gesammelt, die Analyse wurde jetzt in der Zeitschrift „PLOS Medicine“ veröffentlicht.

Es ist aus ethischer Sicht zumindest fragwürdig, Ergebnisse von Studien, die mit Steuermitteln bezahlt wurden, nicht offenzulegen.

Daniel Strech, stellvertretender Direktor des BIH Quest Center

Ein Blick auf das Dashboard zeigt, dass die deutschen Unikliniken sehr unterschiedlich dastehen. Beispiel Registrierungen: Die Uni Greifswald meldete nur 30 Prozent ihrer Studien auf dem Portal „ClinicalTrials.gov“ an, die Uni Münster dagegen 68 Prozent (Bundesschnitt: 56 Prozent).

Greifswald ist auch Schlusslicht, was das Melden von Ergebnissen bis zu zwei Jahre nach dem Abschluss der Studien angeht. Das geschah nur bei 20 Prozent der Studien. Spitzenreiter ist hier Homburg (58 Prozent) vor Ulm (50 Prozent), Bundesschnitt 41 Prozent. Weiteres Ergebnis: Nur 54 Prozent der analysierten Studien waren überhaupt öffentlich zugänglich.

Die Charité selber liegt keineswegs immer an der Spitze, das Dashboard dürfte also auch im eigenen Haus für Aufklärung sorgen. Ein ähnliches internationales Portal brachte übrigens den Anstoß für das BIH, sich überhaupt der Sache anzunehmen, heißt es in der Mitteilung, mit der die Charité auf das neue Dashboard aufmerksam macht. Die Uni Oxford informiert auf einer internationalen Webseite über die Transparenz von Arzneimittelstudien im dafür zuständigen europäischen Register.

„Dort lag die Charité weit abgeschlagen auf den hinteren Rängen“, heißt es. Inzwischen hat sich das gewandelt: Die Charité liege dort nun mit einer Veröffentlichungsquote von 97 Prozent weit vorne. Und auch in den USA würden Unis das Konzept des Charité-Portals übernehmen wollen.

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