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Die Fachkraft-Kind-Relation an Kitas stimmt oft nicht.  Auswirkungen auf die frühkindliche Bildung werden daher befürchtet.

© imago images/Shotshop

Unterbesetzte Kitas: Kita-Leitungen klagen über große Personalnot

Neue Umfrage zeigt zunehmenden Mitarbeitermangel an deutschen Kindertagesstätten. VBE befürchtet eine Gefährdung der zu betreuenden Kinder. 

Die personelle Situation der Kitas hat sich nach Ergebnissen einer neuen Untersuchung offenbar noch einmal drastisch verschärft. Bei einer Umfrage unter Kitaleitungen, deren aktuelle Neuauflage in dieser Woche auf dem Deutschen Kitaleitungskongress (DKLK) in Düsseldorf vorgestellt wurde, gibt mittlerweile eine Mehrzahl der befragten Kitaleitungen an, zumindest teilweise in so großer personeller Unterdeckung arbeiten zu müssen, dass die gesetzlichen Vorgaben zur Aufsichtspflicht nicht mehr erfüllt werden können. 

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„Schätzungsweise 9000 Kitas haben in Deutschland im zurückliegenden Jahr in über der Hälfte der Zeit in aufsichtspflichtrelevanter Personalunterdeckung gearbeitet. Das sind mehr als doppelt so viele Kitas wie ein Jahr zuvor“, sagte Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) zur Vorstellung der Studie.

„Übersetzt heißt das: Diese Einrichtungen konnten den Betrieb im Durchschnitt an mehr als jedem zweiten Tag nur unter Gefährdung der Sicherheit der zu betreuenden Kinder aufrechterhalten“, so Beckmann. 

Zusätzliche Herausforderung durch Geflüchtete

Eine weitere Herausforderung seien nun auch die Kinder, die aus der Ukraine nach Deutschland flüchteten. „Diesen besonders zuwendungsbedürftigen Kindern muss alles gegeben werden, was nötig ist“, sagte Beckmann. Das System Kita stehe jedoch vor dem Kollaps und brauche nun dringender denn je mehr Ressourcen.
An der Befragung hatten laut DKLK bundesweit 4827 Kitaleitungen teilgenommen Die hohe Zahl der Teilnehmer lasse erkennen, wie groß der Problemdruck vor Ort ist, sagte Axel Korda, Geschäftsführer von Fleet Education Events, die die repräsentative Untersuchung vorgenommen hat. 

Weniger Personal als die Vorgaben es verlangen

57 Prozent der befragten Kitaleitungen gaben der Befragung zufolge an, dass sie in den zurückliegenden zwölf Monaten in mehr als 20 Prozent der Zeit in Personalunterdeckung gearbeitet haben, also mit weniger Personal, als es etwa die Vorgaben zur Aufsichtspflicht verlangen (2021 waren es noch 40 Prozent). 16 Prozent der Kitaleitungen gaben demnach an, in über 60 Prozent der Zeit in aufsichtspflichtrelevanter Personalunterdeckung zu arbeiten – das sind mehr als doppelt so viele wie 2021 (7 Prozent). 

Während in der Studie nun schätzungsweis über 9000 Kitas in Deutschland über die Hälfte des Jahres in aufsichtspflichtrelevanter Personalunterdeckung gearbeitet hatten, war dieses Zahl in der DKLK-Studie vom Vorjahr noch auf rund 4000 geschätzt worden. Laut Befragung gaben 84 Prozent der Kitaleitungen an, dass sich der Personalmangel in den letzten zwölf Monaten verschärft habe (2021 waren es noch 72 Prozent).

„Bei mindestens 57 Prozent der Kitaleitungen im U3-Bereich und mindestens 74 Prozent im Ü3-Bereich ist die angegebene tatsächliche Fachkraft-Kind-Relation schlechter als wissenschaftlich empfohlen“, heißt es in der Untersuchung. 

„Das ist mit Blick auf die enorme Bedeutung des frühkindlichen Bildungsbereichs für die gesamte Bildungsbiografie von Kindern eine Katastrophe“, sagte Udo Beckmann vom VBE. „Bedenkt man, was das pädagogische Fachpersonal an Kitas in Zeiten einer andauernden Corona-Pandemie bereits geleistet hat und infolge zusätzlicher Herausforderungen durch die bestmögliche Integration oftmals traumatisierter Kinder aus der Ukraine künftig leisten muss, verstärkt sich der Handlungsdruck massiv.“ Die Politik sei nun gefragt, „alles zu tun, was möglich ist“, um diesen Zustand zu verbessern.

Das System Kita stehe vor dem Kollaps

Das System Kita stehe vor dem Kollaps und brauche nun dringender denn je mehr Ressourcen, so Beckmann. Unter dem Personalmangel litten neben den Kindern auch die Erwachsenen, denn dieser führe zu einer erheblichen Belastung des pädagogischen Personals. 

So gaben 82 Prozent befragten Kitaleitungen in der repräsentativen Studie an, sich durch ihre Tätigkeit psychisch belastet zu fühlen, wie der Verband berichtete. Jede vierte Kita-Leitung gab demnach an, in den letzten zwölf Monaten bis zu 20 Tage zur Arbeit gegangen zu sein, obwohl sie sich aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeitsfähig gefühlt habe. 

Bereits im Sommer 2021 hatte der VBE eine „dramatische Personalunterdeckung“ an Kindertagesstätten trotz des Gute-Kita-Gesetzes bemängelt. Die Zahlen der Befragungen würden deutlich machen, dass „Erwartungen, die die Politik vor allem mit dem sogenannten Gute-Kita-Gesetz geschürt“ hat, vielfach nicht erfüllt wurden, so Udo Beckmann.

Der VBE hatte vor dem Hintergrund der Ergebnisse unter anderem eine bundesweit abgestimmte Fachkräfteoffensive gefordert. Hinzu kommen müssten Sofortmaßnahmen zur Beseitigung aufsichtspflichtrelevanter Personalunterdeckungen und „nachhaltige Investitionen in eine wahrnehmbare Verbesserung der Arbeitsbedingungen“, so Beckmann. 

Auch sollten laut VBE die vertraglich fixierten Leitungszeit an den tatsächlichen Bedarf angepasst werden und weitere Anstrengungen unternommen werden, um den Fachkraft-Kind-Schlüssel in Richtung des von der Wissenschaft empfohlenen Niveaus zu bringen.

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