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Alles auf Knopfdruck: Spraydosen sind bequem, aber auch ein Problem.

© dpa/Franziska Koark

Tagesrückspiegel – Heute vor 97 Jahren: Eine sprühende Idee

Wir benutzen sie für Deo, Desinfektionsmittel und das Dekorieren leerer Wände mit Farbe. Doch erfunden wurde die Spraydose für einen anderen Zweck.

Eine Kolumne von Richard Friebe

Der Skisport hat der Menschheit schon allerhand beschert. Von legendären James-Bond-Szenen über schwere Unfälle und verschandelte und erodierte Berghänge bis hin zu bakteriellen Zusätzen in Schneekanonen.

An der Spitze der skibedingten Innovationen steht aber eine besondere Erfindung. Der Norweger Erik Rotheim, der unter anderem in Karlsruhe studiert hatte, wollte einfach nur bequemer sein Paar Ski wachsen – und erfand kurzerhand die Spraydose, mitten in der Skisaison 1926. Am 9. Februar, heute vor 97 Jahren, war er fertig. Im darauffolgenden Jahr bekam er in Norwegen ein Patent, 1931 in den USA. Doch erst, nachdem andere das Design weiterentwickelt hatten, wurde die Spraydose zum weltweiten Phänomen.

Mücken- und Ozon-Killer

Ironischerweise war es erneut die Natur, die eine wichtige Rolle für den ersten Quantensprung der Technik spielte. Denn der erste große Erfolg war ihr durch Insektensprays vergönnt. Ab 1942 gab es, erfunden von den amerikanischen Insektenkundlern Lyle Goodhue und William Sullivan, die ersten solchen Produkte. Erste große Abnehmer: Die US Army und die US-Marine im Pazifikkrieg. Es wird geschätzt, dass der Dosen-Einsatz gegen die Malaria übertragenden Anopheles-Mücken hunderttausenden US-Soldaten das Leben gerettet hat.

Ein Ventil, das der Amerikaner Robert Abplanalp 1949 erfand und das es ermöglichte, mit Hilfe von Treibgas auch Flüssigkeiten effektiv zu versprühen, machte dann noch mehr Massenanwendung möglich. Doch der weltweite Erfolg wurde bald auch zur weltweiten Bedrohung.

Heute wissen es manche jungen Leute nicht: Der Druck, der per Knopfdruck den Nutzinhalt der Gefäße – von Haarspray und Deospray über Desinfektionsmittel und Feuerlöschschaum bis Farbspray – nach draußen schießt, wurde lange durch Treibgase erzeugt, die die Ozonschicht der Erdatmosphäre massiv schädigen. Mitte der 80er Jahre war das Ozonloch zeitweise täglich eines der Hauptthemen der Abendnachrichten. Und 1987 einigte man sich im Montrealer Abkommen auf ein weltweites massives Zurückfahren des Einsatzes ozonschädigender Substanzen, unter anderem in Spraydosen.

Erik Rotheim erlebte weder den Durchbruch der von ihm begründeten Technologie auf den Weltmärkten, noch den Durchbruch der Ozonschicht, noch den heute als beispielhaft geltenden Durchbruch bei den internationalen Verhandlungen zu deren Rettung. Er starb schon 1938, einen Tag vor seinem 40. Geburtstag, in seiner Geburtsstadt Oslo.

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