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Die Veröffentlichung, die Mendel berühmt machte – nach seinem Tod.

© Deutsches Textarchiv/gemeinfrei

Tagesrückspiegel – Heute vor 157 Jahren: Der späte Triumph des Erbsenzählers

Erdachtes, Erfundenes und Entdecktes nur zu bejubeln reicht nicht. Es gehört aufgeschrieben. Einem Mönch aus Brünn hat das immerhin posthum noch zu Weltruhm verholfen.

Eine Kolumne von Sascha Karberg

Wer „Heureka“ ruft, der hat’s geschafft – eine Entdeckung, eine Erfindung, einen Erkenntnissprung gemacht. Ob nun im Labor oder in der Wildnis, unter der Dusche oder dem Apfelbaum. Der Mathematiker, Physiker und Ingenieur Archimedes soll irgendwann im 3. Jahrhundert vor Christus laut krakeelend „Ich habe es gefunden“ (altgriechisch Heureka) durch Syrakus gelaufen sein, als er das „Archimedische Prinzip“ (der Wasserverdrängung) erkannt hatte.

Nun ja, ob irgendwelche Forscher, Erfinder oder Entdecker Archimedes’ Beispiel folgten, ist zu bezweifeln. Gänzlich unwahrscheinlich ist es zwar nicht, aber irrelevant. Denn wesentlich ist nur, dass der griechische Schriftsteller Plutarch die „Heureka“-Anekdote über Archimedes aufgeschrieben hat. Ob sie stimmt, lässt sich ebensowenig nachprüfen, wie die Frage zu beantworten ist, ob das Mathematik-Genie Friedrich Gauß das Wort 1796 nur triumphierend neben eine seiner neu ersonnenen Formeln schrieb oder zuvor auch durchs Haus brüllte.

Denn in der Wissenschaft kommt es wie in keiner anderen Disziplin darauf an, sein Wissen, seine Erfindung, Entdeckung oder Beobachtung für die Nachwelt zu erhalten. Für kaum jemanden dürfte das mehr gelten als für Gregor Mendel. Denn hätte der Augustinermönch nicht am 8. Februar 1866, heute vor 157 Jahren, dem Naturforschenden Verein Brünn seine Abhandlungen über „Versuche über Pflanzen-Hybriden“ vorgelegt, würde er heute nicht als Begründer der Genetik gelten. Er und die später wiederentdeckten und nach ihm benannten „Mendelschen Vererbungsregeln“ wären in Vergessenheit geraten.

Heute als Genie geltend, scheiterte Gregor Mendel zwei Mal an der Lehramtsprüfung der Uni Wien.

© gemeinfrei

Seine Zeitgenossen wussten mit seinen Beschreibungen, wie Erbsen bestimmte Eigenschaften - etwa Farbe der Keimblätter und Form der Samen - weitergeben, nichts anzufangen. Das Erbgutmolekül DNA oder gar Gene waren unbekannt. Erst um 1900, nach Mendels Tod, stießen Forscher, die mit ihren Experimenten ähnliche Erbregeln entdeckt hatten, auf die Arbeit des Mönchs. Viel Arbeit. Acht Jahre lang hatte er im Klostergarten der Brünner Augustinerabtei Erbsensorten miteinander gekreuzt, die er zuvor zwei Jahre lang ausgesucht hatte.

Ein gefühliges „Heureka“ – gerufen oder geschrieben – ist von dem eher stillen Priester anlässlich seiner Entdeckung nicht überliefert. Verzweifelt über die fehlende Anerkennung seiner wissenschaftlichen Leistung war er aber wohl nicht: „Meine Zeit wird schon kommen“, soll er gesagt haben.

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