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Eine Hitzewelle in der östlichen Beringsee vor Alaska hat zum Verlust von zehn Milliarden Schneekrabben in den vergangenen Jahren geführt. 

© picture alliance/ASSOCIATED PRESS/Joshua A. Bickel

Massenphänomen im Meer vor Alaska: Warum Milliarden Krabben verhungert sind

Vor der Küste Alaskas sind gewaltige Mengen an Schneekrabben verendet. Nun legen Forschende eine Erklärung vor – und wieder geht es um die Klimakrise.

Von Valentin Frimmer, dpa

Eine Hitzewelle in der östlichen Beringsee vor Alaska hat zum Verlust von geschätzt zehn Milliarden Schneekrabben in den vergangenen Jahren geführt. Die Tiere seien vermutlich verhungert, weil die gestiegenen Temperaturen zu einem erhöhten Energiebedarf der Krabben geführt haben, schreibt ein Team von US-Forschenden im Fachjournal „Science“.

Die Populationsgröße der teils mehr als ein Kilogramm schweren und tellergroßen Krabben (Chionoecetes opilio) hatte 2018 einen Höhepunkt erreicht, seitdem ist sie stark geschrumpft. Im Jahr 2021 war ihr Bestand so klein wie nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1975. „Dieser Verlust umfasst 90 Prozent der Schneekrabben der Beringsee. Das ist fast viermal die Menge an Krabben, die zusammengenommen zwischen 1977 und 2022 gefangen wurde“, schreibt Gordon Kruse von der University of Alaska Fairbanks in einem begleitenden Kommentar.

Der Klimawandel ist die nächste existentielle Krise für Fischbestände. Die Schneekrabben sind ein Paradebeispiel dafür, wie schnell sich die Prognosen für einen bestimmten Bestand ändern können.

Forschungsteam um Cody Szuwalski vom Alaska Fishery Science Center

Als Reaktion auf den Einbruch der Zahlen hatten die Behörden die Krabbenfischerei zunächst für die Saison 22/23 und dann für die Saison 23/24 untersagt. Laut einer aktuellen Untersuchung haben 2023 die Bestände der ausgewachsenen weiblichen Exemplare und der männlichen Tiere mit idealer Fanggröße einen historischen Tiefpunkt erreicht. An den Krabben hängt eine ganze Industrie, denn die Tiere werden zum Verzehr gefangen.

Energiebedarf massiv erhöht

Das Forschungsteam um Cody Szuwalski vom Alaska Fishery Science Center untersuchte nun, was das Massensterben ausgelöst haben könnte. Dabei stellten sie fest, dass bestimmte Faktoren keinen größeren Einfluss auf die Verluste bei den Schneekrabben hatten, dazu gehört die Fischerei, Fressfeinde wie der Pazifische Kabeljau, Kannibalismus und Krankheiten.

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„Aber mehrere Beobachtungen bestätigen die These, dass Temperatur und die hohe Populationsdichte die Haupttreiber für den Kollaps waren“, schreibt das Team. Die Forschenden gehen davon aus, dass eine um wenige Grad gestiegene Wassertemperatur den Energiebedarf massiv erhöhte. Dadurch mussten die Tiere mehr fressen, das Nahrungsangebot gab das aber nicht her.

„Wir gehen davon aus, dass Hunger eine große Rolle beim Kollaps der Population gespielt hat“, wird Szuwalski von der Onlineplattform „New Scientist“ zitiert. So habe sich der Bedarf der Krabben an Kalorien von 2017 bis 2018 vervierfacht.

Verbreitung verschiebt sich

Kruse findet in seinem Kommentar die Schlüsse von Szuwalski und seinem Team einleuchtend. Er schreibt: „Schneekrabben sind eine arktische Art, deren Verbreitung sich seit Jahrzehnten nach Norden verschiebt, weil die Beringsee wärmer wird.“ Bereits 2018 sei es in der Beringsee ungewöhnlich warm gewesen, 2019 seien Temperaturrekorde gebrochen worden.

Überfischung sei lange Zeit die größte Gefahr für Fischbestände rund um den Globus gewesen, schreibt die Gruppe um Szuwalski. In vielen Teilen der Weltmeere werde dieses Problem aber mittlerweile adressiert.

„Der Klimawandel ist die nächste existentielle Krise für Fischbestände. Die Schneekrabben sind ein Paradebeispiel dafür, wie schnell sich die Prognosen für einen bestimmten Bestand ändern können.“ So sei noch 2018 prognostiziert worden, dass Krabben in einem Ausmaß gefangen werden könnten, das es Jahrzehnte lang nicht gegeben hat. „Drei Jahre später war der Bestand kollabiert.“

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