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Der Douglas World Cruiser „New Orleans“ nahm 1924 an der Weltumrundung teil.

© Corbis via Getty Images/Museum of Flight Foundation

Heute vor 99 Jahren: Mit Ach und Krach um die Welt

Heute steigen wir selbstverständlich in den Flieger, um Piña Colada auf der anderen Seite des Atlantik zu schlürfen. 1924 hätte das nur mit vielen Zwischenstopps geklappt.

Eine Kolumne von Katharina Kalinke

Es gibt Visionen, die die Menschheit zu Höchstleistungen inspiriert haben. So wie Jules Vernes „Reise um die Erde in 80 Tagen“ von 1873. Davon beflügelt segelten, flogen und fuhren Abenteurer:innen mit Heißluftballonen, Fahrrädern um den Erdball.

Heute ist das „Around the World“-Ticket wenige Klicks im Internet entfernt. In zehn Flugstunden sind Deutsche im Thailand-Urlaub. Ganze Scharen steigen routiniert in den Touristen-Bomber und lassen sich von Flugbegleitenden mit kostenlosen Nüsschen und Wein verwöhnen. Vor 100 Jahren war das noch ein tollkühnes Ziel – von der US-Army.

Die United States Army Air Service, Vorgänger der US Air Force, wollte mit dem „World Flight“-Programm Pionierarbeit leisten und erfolgreich die Welt umrunden. Speziell dafür ließ die Douglas Aircraft Company ihren Torpedobomber weiterentwickeln zum Douglas World Cruiser (DWC).

Die Strecke musste exakt geplant werden: Der Motorflug war noch jung. Gerade mal 21 Jahre war des her, dass die Brüder Wright das erste Mal für wenige Sekunden mit einem motorisierten Flugzeug in der Luft waren. Mit Problemen bei der ersten Weltumrundung musste also gerechnet werden.

Daher plante man 74 Stopps in 28 Ländern entlang der Strecke. Dort deponierte man Ersatzteile, Treibstoffe und Proviant für die Crew in den vier Fliegern. „Seattle“, „Boston“, „Chicago“ und „New Orleans“ hoben im April 1924 in der Nähe von Seattle ab und starteten ihre Weltumrundung Richtung Alaska.

Es war tatsächlich eine gute Idee, mit vier Fliegern zu starten, denn schon wenige Wochen nach dem Start stürzte die „Seattle“ ab und die „Boston“ sank wenige Monate später nach einer Notwasserlandung.

Die DWC brummten aber weiter mit 120 Kilometer die Stunde über die nördliche Hemisphäre und schafften es dank ihrer zahlreichen Pausen und Ersatzmotoren einmal um die Welt. Die „Chicago“ und „New Orleans“ und das Ersatzflugzeug „Boston II“ wurden am 28. September 1924, also heute vor 99 Jahren, mit einem Fest in Seattle empfangen. In „nur“ 175 Tagen legten sie 44.342 Kilometer zurück.

Die „Höher, schneller, weiter“-Mentalität des Fliegens beflügelt Ingenieur:innen bis heute: 2016 beendete ein Schweizer mit dem Solar-Flugzeug „Solar Impulse 2“ seine Weltreise ganz ohne fossilen Treibstoff und auch Technologien wie Wasserstoffantrieb stehen in den Startlöchern. Das Kapitel „Fliegen“ ist noch nicht auserzählt.

Lesen Sie alle bisher erschienenen Folgen der „Tagesrückspiegel“-Kolumne hier.

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