zum Hauptinhalt
Buckelwale bringen ihre Kälber in tropischen Gebieten zur Welt und paaren sich dort. Danach ziehen sie wieder in polwärts gelegene Nahrungsgründe.

© Chris - stock.adobe.com/Chris Holman

Gefährdete Wanderer: Jede fünfte Tierart vom Aussterben bedroht

Wandernde Tierarten sind besonders gefährdet. Ein erster Sachstandsbericht für die Vereinten Nationen benennt Hauptursachen, aber auch erfolgreiche Schutzmaßnahmen.

Es sind Schwalben, die bald aus ihren Winterquartieren in Afrika nach Europa zurückkehren, um hier zu brüten. Buckelwale gehören dazu, amerikanische Monarchfalter, die Gnus der Serengeti, Aale in deutschen Flüssen und auch die Falkenraubmöwe: Wandernde Tierarten verbringen Jahreszeiten oder ganze Lebensabschnitte in unterschiedlichen, teils tausende Kilometer voneinander entfernt liegenden Lebensräumen. Die evolutionäre Erfolgsstrategie macht sie heute besonders anfällig.

Am Montag stellte die Konvention der Vereinten Nationen zum Schutz wandernder Tiere ihren ersten umfassenden Bericht zum Gefährdungsstatus dieser Arten vor. Das Aussterberisiko für wandernde Arten nimmt demnach weltweit zu, auch für solche, die noch gar nicht in der UN-Konvention erfasst sind. Es ergeben sich aber auch Ansatzpunkte für internationale Abkommen, die gefährdeten Arten besser zu schützen.

Blauwale, Trampeltiere, Störe

Zwar entwickeln sich einige der knapp 1200 erfassten Arten positiv, große Bartenwale wie Buckelwale und Blauwale werden als Beispiele genannt, doch nehmen bei fast der Hälfte, 44 Prozent, die verbliebenen Populationen ab. Arten wie Steppenadler, Schmutzgeier und Trampeltier sind heute stärker gefährdet als noch vor 30 Jahren. Fast alle erfassten Arten von Wanderfischen, einschließlich von Haien, Rochen und Stören, sind stark vom Aussterben bedroht, weil ihre Bestände seit den 1970er Jahren um 90 Prozent abgenommen haben. Insgesamt ist jede fünfte wandernde Art (22 Prozent) vom Aussterben bedroht.

„Wandernde Arten zeigen nicht nur Umweltveränderungen an, sondern sie tragen auch wesentlich dazu bei, Funktion und Widerstandsfähigkeit der komplexen Ökosysteme unseres Planeten aufrechtzuerhalten“, sagt Inger Andersen, Exekutivdirektorin des Umweltprogramms der Vereinten Nationen UNEP. Die globale Gemeinschaft könne die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Belastungen, denen sie ausgesetzt sind, in Erhaltungsmaßnahmen umzusetzen. „Angesichts der prekären Lage vieler dieser Tiere können wir uns keinen Aufschub leisten“, sagt Andersen.

Trampeltiere durchwandern auf Nahrungssuche große Gebiete in China und der Mongolei, bis zu 75 Kilometer am Tag.
Trampeltiere durchwandern auf Nahrungssuche große Gebiete in China und der Mongolei, bis zu 75 Kilometer am Tag.

© maodoltee - stock.adobe.com

Rund die Hälfte der Gebiete, die für die Tiere wichtig sind, stehen unter keinerlei Schutz und mehr als die Hälfte werden über nachhaltiges Maß vom Menschen beansprucht, etwa durch die Ausdehnung landwirtschaftlicher Flächen. Übernutzung durch Überfischung, Beifang und Jagd sowie die Zerstörung natürlicher Lebensräume sind die beiden Haupttreiber der zunehmenden Gefährdung. Klimawandel, Umweltverschmutzung und invasive Arten kommen hinzu.

Schutz für Zwischenstopps

Der Sachstandsbericht wurde von Forschenden des UNEP-Monitoring-Centers erstellt, die dafür Daten und Input von Fachleuten von Organisationen wie BirdLife International, der Weltnaturschutzunion IUCN und der Zoological Society of London herangezogen haben. „Wenn Arten zu verschiedenen Zeiten in ihren Lebenszyklen nationale Grenzen überschreiten, hängt ihr Überleben von den Bemühungen aller Länder ab, in denen sie vorkommen“, sagt Amy Fraenkel, Leiterin der Konvention. Priorität sollte dabei darauf liegen, wichtige Gebiete zu schützen, die zur Fortpflanzung, als Nahrungsgründe oder für Zwischenstopps genutzt werden.

Zudem müsse illegale und nicht nachhaltige Nutzung von wandernden Arten und unbeabsichtigtes Fangen bekämpft werden, insbesondere der am stärksten bedrohten Arten und fast aller erfassten Fische. Die Tiere würden zudem davon profitieren, wenn der Klimawandel, Lichtverschmutzung und die Belastung der Umwelt mit Plastik und Chemikalien reduziert würden.

Die Zahl der Saiga-Antilopen hat durch international koordinierte Schutzbemühungen zuletzt zugenommen.
Die Zahl der Saiga-Antilopen hat durch international koordinierte Schutzbemühungen zuletzt zugenommen.

© imago/Nature Picture Library/IMAGO/Valeriy Maleev

Der Bericht zeigt auch auf, dass sich Populationen dank solcher Maßnahmen erholen können und der Gefährdungsstatus von Arten dann herabgestuft werden kann. Als Beispiele werden der Rückgang des illegalen Vogelfangs auf Zypern um über 90 Prozent und Schutzmaßnahmen in Kasachstan genannt, durch die die Saiga-Antilope vom Rande des Aussterbens zurückgebracht werden konnte.

Auf der einwöchigen UN-Konferenz zum Schutz der wandernden Wildtiere in Samarkand, Usbekistan, werden Regierungen, Naturschutzorganisationen und Wissenschaftler unter anderem über solche Maßnahmen diskutieren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false