zum Hauptinhalt
Die Blüten eines Apfelbaums in einem Garten in Bamberg sind mit Schnee bedeckt.

© dpa/David Hutzler

Frost und Obstblüte im April: Der Klimawandel kommt trotzdem

Deutschland wird von Nachtfrösten heimgesucht, die auch die Obsternte gefährden – eine vorübergehende lokale Abkühlung. Erst wenn sie länger anhält, stimmt etwas nicht.

Ein Kommentar von Jan Kixmüller

Kaum war der neue Copernicus-Bericht zu der europäischen Rekordhitze 2023 erschienen, kamen die ersten Kommentare. Wo denn die ungewöhnliche Erwärmung des Klimas bleibe, wenn die Nächte jetzt so frostig sind, dass sogar die Obstblüten erfrieren.

Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: Die Obstbäume leiden nicht trotz, sondern wegen des Klimawandels. Denn nur weil die Monate Februar und März unnormal warm waren und es dann Anfang April Rekordtemperaturen gab, stehen die Obstbäume überhaupt schon in voller Blüte. Bei „normalem“ Klima hätten sie erst jetzt zu blühen begonnen – und die Blüten wären zu diesem Zeitpunkt noch nicht so frostempfindlich, wie sie es jetzt schon sind.

Dass der Winter wegen der Erderwärmung in Mitteleuropa komplett ausfällt, ist bei der derzeitigen globalen Erwärmung von rund 1,4 Grad zum Glück noch nicht der Fall. Die Luft kühlt sich in der monatelangen Polarnacht extrem ab und kann dann bis ins Frühjahr hinein immer wieder auch bis nach Mitteleuropa durchschlagen.

Vorübergehende Abkühlungen sind dabei nicht ungewöhnlich. Ungewöhnlich hingegen war die Warmluft aus Nordafrika, die in den ersten beiden Aprilwochen zu uns strömte. Dass sie es bis zu uns schaffte, war nicht unnormal – doch dass sie um diese Jahreszeit bereits so warm war, schon.

Die aktuelle Kältephase bei uns spiegelt zudem nicht die globale Temperaturentwicklung wider: Während das Thermometer bei uns am Sonntag mit Ach und Krach auf zehn Grad kletterte, waren es in Westrussland bereits 30 Grad. Um aus solchen Daten eine Aussage über das Klima abzuleiten, muss man den globalen Durchschnitt betrachten: Der Wärmerekord des Vorjahres von 1,45 Grad über dem vorindustriellen Mittel (1850–1900) ist ein globaler Mittelwert.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Das Klima wird auch nicht in Tagen und Wochen betrachtet, sondern in Jahrzehnten. Veränderungen über drei Jahrzehnte werden als Klimaänderung gesehen, nicht eine zu warme oder zu kalte Woche. Beim Wetter hingegen spielt immer auch der Zufall mit, ist es doch ein nichtlineares, dynamisches und chaotisches System. 

Betrachtet man den Trend über einen längeren Zeitraum, so waren die ersten warmen Aprilwochen tatsächlich einmalig, während die aktuellen Frostnächte im Bereich des um diese Jahreszeit Möglichen liegen, wenn auch am unteren Ende. Die von einigen Modellen dieser Tage vorhergesagten Minusrekorde sind bisher ausgeblieben.

Wir erleben derzeit eine vorübergehende lokale Abkühlung. Das ist nichts Ungewöhnliches für Deutschland, das genau in der Mitte zwischen kalten polaren Luftmassen und warmer Mittelmeerluft liegt. Erst wenn so etwas länger anhält, stimmt etwas nicht. Das kann dann an bestimmten Wetterlagen liegen, die wiederum durch den Klimawandel zugenommen haben.

Letztlich zeigen alle Daten der vergangenen Jahre, dass der Klimawandel nicht ausbleibt. Leider.  

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
showPaywallPiano:
false