zum Hauptinhalt
Mehr vom Osten: Die Berliner Akademie stellt sich einen neuen Fokus auf Europa vor.

© imago

Europa neu denken: Wissenschaftsallianz will weg vom Westzentrismus

Europa müsse seinen Fokus verschieben, sagt die Berliner Akademie der Wissenschaften . Zusammen mit deutschen Politikern will sie Forschende und Zivilgesellschaft etwa in Polen, Ungarn, Rumänien, der Ukraine oder dem Baltikum stärken.

Das Manifest der 23 Wissenschaftsakteure, Politikerinnen und Forschenden unter dem Titel „Europa zurückgewinnen“ (Reclaiming Europe) beginnt mit einer (Selbst-)Kritik. Der russische Angriffskrieg von 2022 habe gezeigt, das Fachwissen über die sogenannten osteuropäischen Länder sei zu lange „vernachlässigt und marginalisiert“ worden, „einschlägige Forschungsinstitute allzu oft geschlossen und verkleinert“.

Länder vom Bulgarien bis zum Baltikum, von Polen bis zur Ukraine würden gemeinhin unter „Osteuropa“ zusammengefasst, was der Realität der Menschen vor Ort und ihrer vielfältigen Perspektiven nicht gerecht würde, so die Erklärung weiter. Der Verbund von leitenden Wissenschaftler:innen an Universitäten und Akademien will sich deshalb dafür einsetzen, „jungen exzellenten Forschenden“ aus diesen Gebieten mehr Gehör und Mittel zu verschaffen.

Zu den Erstunterzeichnern auf deutscher Seite zählen neben Christoph Markschies, Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW), die HU-Präsidentin Julia von Blumenthal, Barbara Stollberg-Rilinger, Direktorin des Wissenschaftskollegs zu Berlin, Oliver Günther, Präsident der Uni Potsdam, die Politikwissenschaftlerin Gwendoyln Sasse und der Ostbeauftragte der Bundesregierung Carsten Schneider (SPD). Auch die Wissenschaftsministerinnen von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, Manja Schüle und Bettina Martin (beide SPD), sind dabei.

Den Nachwuchs im Antragschreiben schulen

Aber worauf kann etwa eine rumänische Nachwuchsforscherin jenseits dieser Solidaritätsbekundung hoffen? Markschies verweist auf das „Junge Netzwerk TransEuropa“, das an der Akademie mit internationalen Partnern gegründet wurde. Es solle Startkapital geben, um junge Beteiligte etwa bei der Einwerbung von Drittmitteln zu unterstützen. Begehrte Grants wie des European Research Council seien für viele Länder schwer einzuwerben, da ihre akademischen Strukturen anders gestrickt seien.

„Hier gibt es Forschungsabteilungen an den Unis, die Wissenschaftler:innen darauf trainieren, ihre Anträge auf die Förderdesigns zuzuschneiden.“ Das sei ein klarer Wettbewerbsvorteil. Neben dem Fitmachen der Partner für die internationale Konkurrenz wolle man sich auch in Brüssel für eine Forschungspolitik einsetzen, die die regionale Vielfalt fördere.

Das erklärte Ziel des Verbunds ist, Europa durch eine wissenschaftlich gestärkte Zivilgesellschaft vom Einfluss „chauvinistischer, nationalistischer und illiberaler“ Kräfte zu befreien beziehungsweise zu bewahren. Die Wissenschaften spielten hierbei „eine fundamentale“ Rolle.

Um das politische Ziel zu erreichen, ist laut Markschies noch ein zweiter Schritt geplant: Angefangen bei den ostdeutschen Bundesländern, in denen dieses Jahr gewählt wird, wolle man Aufklärungskampagnen starten, um die Menschen vom gesellschaftlichen Gewinn der Forschung zu überzeugen. „Wir wollen uns in die Fußgängerzonen stellen, mit Botschaften wie, ,KI erhält deinen Arbeitsplatz’“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false