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Feuerwehrleute reichern Sauerstoff im Gleiwitzer Kanal an, in dem es zu einem Fischsterben gekommen ist.

© dpa/Krzysztof Swiderski

Droht das nächste Fischsterben?: „Es ist nach wie vor zu viel Salz in der Oder“

Auf polnischer Seite wurden tote Fische in Kanälen gefunden, die mit der Oder verbunden sind. Die Gründe für das Fischsterben scheinen andere zu sein als im Jahr 2022. Entwarnung bedeutet das jedoch nicht.

Es war eine Verkettung von Umständen und menschlichen Einflüssen, die zum großen Tiersterben in der Oder im August 2022 geführt hat. Jetzt wurden auf polnischer Seite erneut tote Fische gefunden, was auch auf deutscher Seite die Sorge auslöst, dass es erneut zu einem großen Tiersterben kommen könnte. „Bundesumweltministerin Steffi Lemke ist alarmiert über Nachrichten zur Lage an der Oder in Polen“, hatte eine Sprecherin des Ministeriums der Deutschen Presse-Agentur mitgeteilt.

Anfang der Woche waren nach Angaben der Gebietsverwaltung der Woiwodschaft Opole in dem von der Oder abzweigenden Gleiwitzer Kanal sowie im Kedzierzyn-Kanal insgesamt 450 Kilogramm toter Fische geborgen worden. In beiden Kanälen wurde auch die Goldalge Prymnesium parvum nachgewiesen, die sich 2022 auch im Unterlauf der Oder stark vermehrt und Giftstoffe freigesetzt hat. Bereits im Mai und im April war die Goldalge in zwei Stauseen in der Nähe der Oder gefunden worden.

„Die Alge hatte sich dort stark vermehrt, obwohl das Wasser nicht stark mit Salz belastet war“, sagte Christian Wolter vom Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei dem Tagesspiegel. Einleitungen von salzhaltigem Wasser in die Oder hatten 2022 die Vermehrung der Brackwasseralge begünstigt.

Von den jüngsten Vorfällen ist jedoch nur bekannt, dass die Sauerstoffwerte im Wasser abgefallen sein könnten. „Das würde dafür sprechen, dass es eine normale Algenblüte war, die zusammengebrochen ist“, sagte Wolter. Es müsse nicht Algengift gewesen sein, das zum Verlust der Fische geführt hat. Bei der Zersetzung der Biomasse abgestorbener Algen kann der Sauerstoff in Gewässern aufgezehrt werden, sodass Fische sterben. „Dann wäre Belüftung genau die richtige Maßnahme“, sagte Wolter zu den jetzt auf polnischer Seite unternommenen Versuchen.

„Wir wissen noch nicht genau, unter welchen Bedingungen die Goldalge Giftstoffe freisetzt“, so Wolter. In Laborversuchen hat sich „Stress“ als auslösender Faktor erwiesen, wird in der Literatur aber nicht näher beschrieben. Auch ein Missverhältnis von Phosphor und Stickstoff könne dazu führen. „Man kann aber nicht sagen, dass eine Vermehrung der Alge zwangsläufig zur Giftbildung führt“, so der Fischereibiologe. Die sogenannten Prymnesine würden nicht von allen Prymnesium-Stämmen und auch nicht immer unter den gleichen Bedingungen gebildet.

Anlass zur Sorge sei, dass die Goldalge mittlerweile auf der gesamten Länge der Oder nachweisbar ist, „wenn auch in geringen Mengen“. Sollten sich die Bedingungen im Fluss bei der weiterhin hohen Salzfracht ähnlich wie im letzten Sommer verändern, könnten sich auch die Algen gleich auf ganzer Länge stark vermehren. Im Sommer 2022 hatte sich eine Algenblüte erst vom oberen in den unteren Teil der Oder ausgebreitet. Um ein erneutes Tiersterben in diesem Jahr zu verhindern, hat für Wolter die Reduzierung der Salzfracht Priorität. „Es ist nach wie vor zu viel Salz in der Oder.“ (mit dpa)

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