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Der öffentliche Nahverkehr ist im ländlichen Raum oft sagenhaft schlecht ausgebaut.

© imago/serienlicht

Abgehängte Regionen: Sparen am ländlichen Raum schadet unserer Zukunft

Ländlich geprägte Gegenden brauchen dringend Investitionen – stattdessen zu sparen, wäre ein Fehler. Auch, weil hier der Populismus immer weiter erstarkt.

Eine Kolumne von Jutta Allmendinger

Der Tante-Emma-Laden fehlt, die Kneipe am Eck und das Kino auch. Der Bus fährt nur noch selten. Briefmarken kann man nirgends mehr kaufen. Lokalblätter gibt es schon lange nicht mehr. Der Altersdurchschnitt ist hoch, insbesondere junge Frauen fehlen: Sie sind weggezogen, in die Stadt, zum Arbeiten und zum Leben. Für die wenigen Kinder wird der Weg zu Kitas und Schulen immer weiter. Den Älteren fehlen Besuche, medizinische Dienste und Pflege. Viele Gegenden in unserem Land sind so gleich mehrfach verlassen.

Den Menschen, die dort leben, geht es nicht gut. Viele fühlen sich allein, einsam, oft ungerecht behandelt, nicht mitgenommen. Ihre Zufriedenheit sinkt, ihr Vertrauen in Institutionen und Politik auch.

Aktuelle Umfragen zeigen dies eindrücklich. Zwischen Stadt und Land nehmen die Unterschiede bei der Zufriedenheit und dem Vertrauen in nahezu alle Lebensbereiche zu. Besonders eklatant sehen wir dies in vielen ostdeutschen Gegenden. Immer klarer wird auch, was daraus folgt: Populistische Parteien gewinnen deutlich an Zuspruch und haben es leicht, sich immer weiter auszubreiten. Sie spinnen ein Netz, das immer größer und dichter wird, sich nach außen verschließt und unzugänglich wird.

Die Lage ist schwierig. Zivilgesellschaftliche Aktivitäten müssen von innen kommen, missionarischer Eifer von außen bewirkt das Gegenteil dessen, was bezweckt wird. Dennoch kann man viel tun. Darüber diskutierten wir letzte Woche am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) mit Gästen aus Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern: „Land in Sicht“ lautete das Motto.

Die Infrastruktur – Nahverkehr, ärztliche Dienste, Schulen – ist ein hohes Gut. Sie muss zwingend wiederhergestellt, ausgebaut, erhalten werden. Anreize zur Ansiedlung von Betrieben und Arbeitsplätzen sind nötig. Es braucht eine gute und ausgewogene Berichterstattung über das lokale Geschehen.

Und es braucht Räume für Begegnung und Austausch. Die Forschung zeigt, dass das viel hilft. Das alles kostet Geld. Sparen schadet unserer Zukunft. Auch hier.

Jutta Allmendinger schreibt abwechselnd mit Baris Ünal, Jule Specht und Johannes Vogel über aktuelle Wissenschaftsthemen.

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