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TV-Werbung für Produkte mit zu viel Zucker, Salz oder Fett sollten jetzt nur in den Zeitfenstern eingeschränkt werden, in denen besonders viele Kinder vor dem Fernseher sitzen.

© dpa/Henning Kaiser

Zu viel Zucker, Salz oder Fett: Özdemir schwächt geplantes Werbeverbot für ungesunde Produkte ab

Der Ernährungsminister will ein Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel. Ganz so weitreichend wie von Özdemir geplant, wird das nun doch nicht. Kinderschützer protestieren.

Werbung für Süßigkeiten, die sich direkt an Kinder richtet, soll nicht so stark eingeschränkt werden wie ursprünglich geplant. Mit Blick auf Kritik aus der FDP und regierungsinterne Gespräche sagte Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) der Düsseldorfer „Rheinischen Post“: „Wir haben Anregungen und Kritik einfließen lassen und unseren Entwurf entsprechend präzisiert.“

TV-Werbung für Produkte mit zu viel Zucker, Salz oder Fett sollten jetzt nur in den Zeitfenstern eingeschränkt werden, in denen besonders viele Kinder vor dem Fernseher sitzen.

Die Werbeeinschränkung für schädliche Snacks und Getränke soll demnach wochentags von 17 bis 22 Uhr, samstags zusätzlich von 8 bis 11 Uhr und sonntags von 8 bis 22 Uhr gelten. Bislang war ein Verbot von 6 bis 23 Uhr an allen Tagen vorgesehen. „Im Hörfunk verzichten wir auf eine Sendezeit-Regelung“, sagte Özdemir.

Die gesamtgesellschaftlichen Kosten von Adipositas belaufen sich auf 63 Milliarden Euro pro Jahr.

Cem Özdemir, Bundesernährungsminister (Grüne)

„Was Angebote im Internet angeht, sind alle gängigen Kanäle betroffen und auch Influencer, deren Inhalte zunehmend von Kindern konsumiert werden.“

Abgeschwächt wird auch das ursprünglich vorgesehene Plakatverbot für ungesunde Produkte an Orten, an denen sich Kinder aufhalten. Es solle auf Kitas und Schulen konzentriert werden, sagte der Minister – bislang sollte es auch im Umfeld von Sport- und Spielplätzen sowie Freizeiteinrichtungen gelten. „Und wir stellen klar, dass es kein Verbot von Werbung für Lebensmittel in Schaufenstern gibt.“

Ausnahmen sollten nicht nur für Milch und Fruchtsäfte gelten, sondern auch für ungesüßten Joghurt. „Bei allen Produkten orientieren wir uns an der wissenschaftlich fundierten Nährwerttabelle der Weltgesundheitsorganisation“, betonte Özdemir.

15 Prozent der 3- bis 17-Jährigen in Deutschland sind übergewichtig

Verbote für an Kinder gerichtete Werbung für Dickmacher seien nötig, weil eine Selbstverpflichtung der Industrie nicht gegriffen habe, sagte Özdemir.

Nach Ministeriumsangaben sind rund 15 Prozent der 3- bis 17-Jährigen in Deutschland übergewichtig, sechs Prozent sind adipös, also krankhaft übergewichtig. „Die gesamtgesellschaftlichen Kosten von Adipositas belaufen sich auf 63 Milliarden Euro pro Jahr“, sagte Özdemir.

Der Vorsitzende der Stiftung Kindergesundheit, Berthold Koletzko, kritisierte die Änderungen im Gesetzentwurf. „Es ist nicht zielführend, Plakatwerbung in der Nähe von Spielplätzen und Freizeiteinrichtungen weiterhin zu erlauben“, sagte Koletzko dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Auch mit den gekürzten Verbotszeiten für Fernsehwerbung zeigte er sich unzufrieden: „Wenn man Kinder und ihre Gesundheit wirkungsvoll schützen will, sollten die Zeiten von 6 bis 23 Uhr wochentags und am Wochenende eingeschlossen werden“, sagte er.

Grundsätzlich begrüße die Stiftung Kindergesundheit Özdemirs Gesetzentwurf aber, sagte ihr Chef dem RND: „Werbung für ungesunde Lebensmittel erhöht deren Verzehr und ist mit höherem Auftreten von Übergewicht, Adipositas und anderen gesundheitlichen Schäden verbunden“, so Koletzko. „Diese Werbung macht Kinder krank.“ (epd, lem)

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