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Christian Lindner (FDP), Bundesfinanzminister, begrüßte am Freitag im Bundesfinanzministerium die Verabschiedung des Wachstumschancengesetzes.

© dpa/Jonathan Penschek

Update

„Trippelschritt zu mehr Wachstum“: Verhaltenes Lob für das Milliarden-Hilfspaket

Der Mittelstand kann „endlich ein Stück aufatmen“, die Industrie zeigt sich zumindest „erleichtert“. Wie Verbände, Mittelstand und Forschung die Milliardenhilfen beurteilen.

Nach monatelanger Verzögerung hat der Bundesrat am Freitag grünes Licht geben für das milliardenschwere Hilfspaket für die deutsche Wirtschaft gegeben. Die Länder stimmten dem sogenannten Wachstumschancengesetz nach Gesprächen im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat mehrheitlich zu.

Der Bundeskanzler lobt das Paket als „wichtiges Zeichen für unsere Wirtschaft und eine erfolgreiche Zukunft des Landes“. CDU-Chef Friedrich Merz gehen die Impulse nicht weit genug, „um die strukturelle Wachstumsschwäche unserer Volkswirtschaft zu überwinden“. Wie Wirtschaftsverbände, Mittelstand und Forschung das Hilfspaket beurteilen.


Endlich durch, aber massiv abgespeckt.

Verband der Chemischen Industrie

Zahlreiche Wirtschaftsverbände haben die Zustimmung des Bundesrats zum Wachstumschancengesetz begrüßt, aber auch auf die begrenzte Wirkung der Entlastungen verwiesen. „Endlich“ sei das Gesetz nach monatelangen Verhandlungen beschlossen, das werde dem Wohnungsbau den „dringend benötigten Wachstumsimpuls geben“, erklärte der Zentralverband Deutsches Baugewerbe am Freitag. Investoren und Bauherren hätten wieder mehr Sicherheit und könnten wieder mehr Projekte anschieben, erklärte Verbandsgeschäftsführer Felix Pakleppa.

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Der Industrieverband BDI zeigte sich angesichts des Hickhacks vor dem Beschluss zwar erleichtert, warnte aber zugleich: „Einen deutlich spürbaren Wachstumsimpuls werden diese steuerlichen Entlastungen nicht setzen.“ Dafür sei das Paket zu stark zusammengekürzt worden. Im harten steuerpolitischen Standortwettbewerb sei das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. „Das ist ein Witz“, sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger der „Welt“. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) forderte noch vor der Sommerpause „eine konkrete Reformagenda mit Entlastungen, die schnell im betrieblichen Alltag ankommen.“

Ähnlich äußerte sich der Chemieverband VCI. Das Wachstumschancengesetz sei zwar „endlich durch“, aber „massiv abgespeckt“ worden. Es sei insgesamt nur ein „Trippelschritt zu mehr Wirtschaftswachstum“, da das finanzielle Volumen durch den Vermittlungsausschuss um über die Hälfte reduziert worden sei. Der Abstand zu Wettbewerbern wie den USA und China werde immer größer, warnte der Verband.


Der Mittelstand kann endlich ein Stück weit aufatmen.

Mittelstandsverbund

Der Mittelverbandsverbund, der die Interessen von 230.000 mittelständischen Firmen in Deutschland vertritt, sieht in dem Paket wichtige Entlastungsmaßnahmen vor allem für kleine und mittlere Unternehmen.

„Es war mehr als überfällig, dass die Länder ihren Widerstand gegen das Wachstumschancengesetz aufgeben und damit den Weg für sinnvolle steuerliche Erleichterungen frei machen“, sagte Hauptgeschäftsführer Ludwig Veltmann. „Der Mittelstand könne zumindest kann nun zumindest ein Stück weit aufatmen, auch wenn das Gesetz nur ein erster bescheidener Schritt zu weiteren Entlastungen sein kann.“

Dass die unionsgeführten Länder ihre Zustimmung zum Gesetz an die Rücknahme der Streichung einzelner Vergünstigungen für den Agrarsektor, bezeichnete Veltmann als „irritierend“, „überflüssig“ und „in der Sache unangemessen“. Damit drohe man Unternehmen verschiedener Branchen gegeneinander auszuspielen.


Das Gesetz ist wenig mehr als Symbolpolitik.

Marcel Fratzscher, Ökonom

Ähnlich wie Mittelstandsverbundchef Veltmann reagierte auch DIW-Präsident Marcel Fratzscher auf die Einigung am Freitag. „Der Streit der demokratischen Parteien – vor allem die Erpressungsversuche der CDU/CSU, die Rücknahme der Kürzungen der Subventionen beim Agrardiesel damit zu verbinden – habe Vertrauen weiter zerstört“, schrieb Fratzscher auf der Social-Media-Plattform LinkedIn. Das sei einer funktionierenden Demokratie nicht würdig.

Der Ökonom kritisierte zudem, dass die Prämie Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen gestrichen wurde. Das Gesetz würde so lange gekürzt und entkernt, bis es nun kaum mehr Wirkung entfalten könne. „Das Gesetz ist wenig mehr als Symbolpolitik“, schrieb Fratzscher.

Auch andere Ökonomen bezweifeln die Höhe der vorgesehenen Entlastungen. „Damit das Wachstumschancengesetz kraftvoll wirkt, müsste es vervielfacht werden“, sagte Tobias Hentze vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW). Trotzdem habe es eine positive Signalwirkung für Unternehmen. „Kleine Schritte in die richtige Richtung zu machen, ist besser, als auf der Stelle zu treten“, so Hentze. (mit AFP, dpa, Reuters)

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