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Auszubildender beim Schweißen.

© imago images/Rupert Oberhäuser

Update

Schwache Konjunktur: Deutsche Industrie denkt verstärkt über Entlassungen nach

Fast alle Branchen werden laut dem Ifo-Institut vorsichtiger bei Neueinstellungen, die Arbeitgeber erwägen sogar verstärkt Entlassungen. Nur eine Sparte will Personal aufstocken.

Die maue Konjunktur droht in der zweiten Jahreshälfte auf den bislang robusten Arbeitsmarkt durchzuschlagen: Das Beschäftigungsbarometer fiel im Juli auf den schlechtesten Wert seit fast zweieinhalb Jahren, wie das Münchner Ifo-Institut am Donnerstag zu seiner Umfrage unter Tausenden Unternehmen mitteilte. Es gab um 1,2 auf 97,1 Punkte nach – den niedrigsten Stand seit Februar 2021, als die Corona-Krise die Wirtschaft belastete. „Nahezu alle Branchen werden vorsichtiger bei Neueinstellungen“, sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe.

Ihr Personal aufstocken wollen nur die Dienstleister, dort vor allem im Tourismus sowie in der IT-Branche. „In der Industrie wird verstärkt über Entlassungen nachgedacht, insbesondere in der Chemischen Industrie und der Metallbranche“, betonte das Ifo-Institut. Auch der Handel neigt demnach dazu, mit weniger Personal auszukommen. Die von steigenden Kreditzinsen und Materialkosten ausgelöste Rezession im Baugewerbe hat aktuell noch keine größeren Auswirkungen auf die Zahl der Beschäftigten. „Es gibt bisher nur eine leichte Tendenz, Mitarbeiter zu entlassen“, hieß es dazu.

Die deutsche Wirtschaft dürfte ihre Rezession im zurückliegenden zweiten Quartal mit einem Mini-Wachstum beendet haben. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sei von April bis Juni um 0,1 Prozent zum ersten Vierteljahr gewachsen, sagen die von der Nachrichtenagentur Reuters befragten Ökonomen im Schnitt voraus. Davor war es zwei Quartale in Folge geschrumpft, was Ökonomen als technische Rezession bezeichnen. Das Statistische Bundesamt will an diesem Freitag eine erste Schätzung zum Abschneiden im Frühjahr veröffentlichen.

Die Schwächephase der deutschen Wirtschaft geht in die Verlängerung.

Klaus Wohlrabe, Ifo-Institut

Die Aussichten für die zweite Jahreshälfte sind nicht besonders gut. Mit dem Ifo-Geschäftsklimaindex ist der wichtigste Frühindikator für die Entwicklung von Europas größter Volkswirtschaft im Juli bereits den dritten Monat in Folge gesunken. „Die Schwächephase der deutschen Wirtschaft geht in die Verlängerung“, sagte dazu Ifo-Experte Wohlrabe. Das Bruttoinlandsprodukt werde im laufenden dritten Quartal voraussichtlich wieder sinken.

Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sieht die Industrie in einer „schwierigen Lage“. Laut DIW schwinden die Chancen für einen konjunkturellen Aufschwung in den Sommermonaten. „Gebremst wird die deutsche Konjunktur von der wenig dynamischen Weltwirtschaft, den erschwerten Finanzierungsbedingungen durch die weiter steigenden Zinsen der Europäischen Zentralbank sowie einer nur langsam sinkenden Inflation“, sagte die Co-Leiterin des Bereichs Prognose und Konjunkturpolitik im DIW Berlin, Geraldine Dany-Knedlik, am Donnerstag.

Das vom DIW berechnete Konjunkturbarometer liegt im Juli bei 90,3 Punkten und damit deutlich unter der Marke von 100, die ein durchschnittliches Wachstum anzeigt. Vor allem die deutsche Industrie schwächelt den Forschern zufolge. Trotz nachlassender Lieferprobleme erhole sich die Produktion langsamer als erwartet, auch die Auftragseingänge blieben zuletzt schwach. Der Auftragsbestand sei zwar immer noch vergleichsweise hoch, schrumpfe aber zunehmend.

„Die Lage der deutschen Industrie dürfte weiterhin schwierig bleiben“, sagte DIW-Konjunkturexpertin Laura Pagenhardt. In der Baubranche seien die Aussichten auf einem Tiefstand. „Das hohe Zinsniveau und die zwar sinkenden, aber weiterhin hohen Energiekosten stellen viele Unternehmen vor große Herausforderungen“, sagte Pagenhardt. „Zusätzlich ist der akute Fachkräftemangel weiterhin ein Problem.“ (Reuters)

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