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Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, stellt in einer Bundespressekonferenz den Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Milliarden für Unternehmen: Ökonom zweifelt an Lindners Entlastungsplänen

Der FDP-Politiker sorgt sich um die Standortattraktivität und schnürt ein milliardenschweres Hilfspaket. DIW-Präsident Fratzscher glaubt, die Pläne gehen an ihren Zielen vorbei.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) plant, die Wirtschaft mit einem Steuerpaket um jährlich rund sechs Milliarden Euro zu entlasten. Damit soll die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands gestärkt und die Investitionen angekurbelt werden, hieß es am Mittwoch aus dem Finanzministerium. „Die Wirtschaft benötigt Impulse – selten war das so dringlich wie jetzt“, schrieb Lindner dazu auf Twitter. Der Entwurf ist in der Koalition noch nicht abgestimmt und könnte entsprechend zu erneuten Verwerfungen führen.

In der angespannten Haushaltslage seien sechs Milliarden Euro sehr viel Geld, sagte Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch. „Einerseits massiv zu kürzen und andererseits Geld mit der Gießkanne zu verteilen, passt nicht zusammen.“

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge betonte, wie wichtig Investitionen seien. „Maßnahmen müssen allerdings zielgerichtet sein“, sagte sie dem Tagesspiegel. Dröge verlangte, Haushaltsspielräume zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit zu schaffen, ohne dass dies zulasten von Ausgaben für soziale Gerechtigkeit oder gesellschaftlichen Zusammenhalt gehe.

Die Wirtschaft benötigt Impulse – selten war das so dringlich wie jetzt.

Christian Lindner, Bundesfinanzminister auf Twitter

Linken-Co-Vorsitzende Janine Wissler kritisierte Lindners Prioritätensetzung: „Rund sechs Milliarden Euro sind ihm Steuergeschenke an Konzerne wert – zwölf Milliarden zur Bekämpfung der Kinderarmut sind aber zu teuer.“

DIW-Präsident kritisiert Fokussierung der Maßnahmen

Lindner schlägt fast 50 steuerpolitische Maßnahmen vor. Kernelement ist die im Koalitionsvertrag vereinbarte Prämie für Klimaschutzinvestitionen. Von 2024 bis 2027 sollen Firmen unabhängig ihrer Größe 15 Prozent der Investitionen erhalten – maximal 30 Millionen Euro. Voraussetzung ist, dass Anschaffungen die Energie- und Ressourceneffizienz verbessern.

Zusätzlich sollen Forschung und Entwicklung stärker steuerlich gefördert werden. Neben Personalkosten sollen Investitionen anteilig förderfähig werden. Auch die Verlustverrechnung soll großzügiger werden. Der steuerliche Verlustrücktrag von Firmen soll auf drei Jahre ausgeweitet und die derzeit vorübergehend geltenden Betragsgrenzen entfristen

„Es ist sinnvoll und richtig, Unternehmen steuerlich zu entlasten und zu unterstützen, damit diese Investitionen in Innovation und Nachhaltigkeit tätigen können. Ein großer Teil der sechs Milliarden Euro für die Unternehmen wird dieses Ziel jedoch wohl nicht erreichen“, sagte Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, dem Tagesspiegel.

Der Ökonom hätte sich außerdem eine stärkere Förderung von Forschung und Innovation gewünscht – gerade bei jungen Unternehmen. Zudem bleibe Lindner die Frage schuldig, wie er die sechs Milliarden Euro finanzieren will, ohne die Schuldenbremse zu brechen.

Wenn er diese Hilfen leisten will, dann muss er gut erklären können, wieso er das Geld für Unternehmen, aber nicht für armutsgefährdete Kinder bereitstellen will.

Marcel Fratzscher, Präsident des DIW Berlin

Wirtschaftsstandort unter Druck

Die Vorschläge des Finanzministers kommen zu einer Zeit eingetrübter konjunkturelle Lage. Die deutsche Wirtschaft stagniert, der Ausblick für 2024 ist mit rund 1,5 Prozent Wachstum nur etwas besser. Doch für die längerfristige Entwicklung des Wirtschaftsstandorts sind weniger Konjunkturdaten entscheidend. Wichtiger ist, wie sich Investitionen in den Bestand – wie Maschinen und Gebäude – entwickeln.

Gerade hier steht Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern schlecht da. Einer aktuellen Studie des Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) zufolge sollen die Investitionen in Deutschland bis 2024 nur geringfügig um 2,2 Prozent wachsen. Großbritannien, USA und Japan investieren dagegen um ein Vielfaches mehr.

Ob das Hilfspaket Lindners ausreicht, um die Investitionstätigkeit anzukurbeln, bezweifelt auch Dröge. „Wir müssen Investitionen in einem deutlich größeren Umfang fördern, als vom Finanzminister bislang vorgeschlagen“, so die Grünen-Politikerin. Man werde hierzu konstruktiv in der Ampel diskutieren. 

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