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04.09.2022, Berlin: Besucher betrachten auf der Elektronikmesse IFA Fernseher auf dem Stand der Marke LG. Mehr als 1100 Aussteller zeigen auf der IFA die Neuheiten der Unterhaltungselektronik und der Hausgeräte. Foto: Fabian Sommer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Fabian Sommer

Hängepartie um die Zukunft der Ifa: Senator stärkt Messechef den Rücken

Noch immer keine Klarheit über den künftigen Ort der Funkausstellung. Wirtschaftssenator Schwarz und Messechef Ecknig erklären sich im Abgeordnetenhaus.

| Update:

Die Zukunft der Funkausstellung Ifa hängt weiter in der Luft. Bei der Aufsichtsratssitzung der Messe Berlin konnte Messechef Martin Ecknig am Mittwochvormittag noch immer keinen Vertrag mit dem Konsortium vorstellen, das spätestens von 2024 an die Ifa veranstalten wird. Am Nachmittag äußerten sich dann sowohl Ecknig als auch Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos, für die SPD), der für das Land im Aufsichtsrat sitzt, im Rahmen einer Sitzung des Wirtschaftsausschusses des Abgeordnetenhauses über den Stand der Dinge. „Wir sind in Gesprächen“, sagte Ecknig auf die Fragen der Parlamentarier zur Zukunft der Ifa.

Die Gespräche begannen vor mehr als einem Jahr und führten im vergangenen November zu einem Eckpunktepapier über die Bedingungen, zu denen die Ifa weiter in Berlin stattfindet und das von Ecknig unterschrieben wurde. Dann gab es viele Nebengeräusche und Ablenkungsmanöver, doch spätestens zur diesjährigen Ifa, die Anfang September und zum ersten Mal nach der Pandemie wieder unterm Funkturm stattfand, sollte es eine Verständigung geben. Das gelang nicht. Inzwischen schließt sich langsam das Zeitfenster, weil die Vorbereitungen für die Ifa 2023 beginnen müssten.

Jetzt werden die Budgets für 2023 festgelegt

„Die Industrie braucht Planungssicherheit und ist längst mit der Budgetierung des nächsten Jahres beschäftigt“, sagte Oliver Kaltner, der unter anderem für Sony, Microsoft und die Gamescom gearbeitet hat und als Sachverständiger im Wirtschaftsausschuss auftrat. Vor allem die asiatischen Ifa-Aussteller, der größte ist Samsung, seien „sehr empfindlich“, wenn ständig über die Zukunft der Ifa diskutiert werde.

Die gfu mit einem Anteil von 49 Prozent und der angelsächsische Eventkonzern Clarion (51 Prozent) haben eine Gesellschaft gegründet, die spätestens von 2024 an die Ifa veranstaltet. Bis 2023 fungiert die Messe Berlin als Veranstalter, der entsprechende Vertrag mit dem Rechteinhaber gfu läuft dann aus. Schon vor Wochen hatten sich die Parteien auf Grundzüge verständigt: Bereits 2023 übernimmt das neue Konsortium die Ifa, die mindestens die kommenden zehn Jahre in Berlin bleibt. Die Messe Berlin vermietet Gelände und Hallen und wird dafür bezahlt.

Wenn sich Clarion/gfu nicht mit der Messe Berlin einigen, hat gfu-Aufsichtsrat Volker Klodwig eine internationale Ausschreibung über einen neuen Veranstaltungsort angekündigt. Die Ifa ist die wichtigste Messe für Berlin aufgrund des hohen Anteils aus dem Ausland stammender Fachbesucher. In diesem Jahr gab es zwar 30 Prozent weniger Besucher als 2019, dem letzten Jahr vor Corona, doch die Veranstaltung habe noch immer einen großen „Abstrahleffekt“ auf die ganze Stadt, meinte Kaltner und warnte vor einem Wegzug. „Marken, auch Messemarken sind transportierbar.“

Berlins Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos) überlässt die Verhandlungen über die Zukunft der wichtigsten Berliner Messe der Messegeschäftsführung.

© Annette Riedl/dpa

Schwarz antwortete auf die Frage von Oppositionsabgeordneten, was er für den Verbleib der Ifa unternommen habe, „der Wirtschaftssenator stärkt der Geschäftsführung den Rücken“. Er habe „viele Gespräche mit Branchenverbänden geführt, es gibt eine großen Zuspruch für Berlin“, sagte Schwarz weiter. In den Verhandlungen werde „von beiden Seiten hoch gepokert“, man brauche eine Lösung „bei der sich Berlin nicht erpressen lässt“. Das zähe Ringen um die weltweite Leitmesse der Unterhaltungselektronik und der Weißen Ware nannte Schwarz „eine geschäftliche Entscheidung der Messe“.  „Herr Ecknig informiert den Aufsichtsrat regelmäßig über die Verhandlungen und bekommt total Rückendeckung“, stellte sich Schwarz vor den Geschäftsführer des landeseigenen Unternehmens. .

Fragwürdige Rolle des Aufsichtsratsvorsitzenden Wolf

Ecknig, zuvor Immobilienmanager bei Siemens, ist seit 2021 an der Spitze der Messegesellschaft. Die Umstände seiner Bestellung und die Rolle des damaligen Messe-Aufsichtsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf sind Gegenstand von Untersuchungen durch den Ombudsmann der Messe Berlin und der Senatsverwaltung für Finanzen. Wolf und Ecknig kennen sich seit vielen Jahren, erst durch die Intervention von Wolf bei der von der Messe mit der Suche des Geschäftsführers beauftragten Personalberatung Odgers Berndtson soll Ecknig auf die Shortlist der Kandidaten gekommen sein.

Vor dem Wirtschaftsausschuss sagte Ecknig am Mittwoch zu den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, die im Zusammenhang mit Wolfs Wirken als Verwaltungsratsvorsitzender beim rbb angestellt werden, „wir sind nicht Beschuldigter“. Wolf war maßgeblich beteiligt an der Beauftragung von Gerhard Spörl, dem Ehemann der Ex-rbb-Intendantin Patricia Schlesinger, der für ein Tageshonorar von bis zu 2000 Euro Martin Ecknig in Medienangelegenheiten geschult hat. Die Untersuchungen hätten keine Verstoß gegen Vergaberichtlinien ergeben sagte Ecknig dazu. Die „eigene Untersuchung“, gemeint sind die Umstände seiner Bestellung, „ist immer noch im Werden“.

Zu früh für eine Strategie

Ecknig äußerte sich ebenso wie Schwarz zur Strategie der Messe nach der Coronazeit. Ifa und die Schienenverkehrsmesse Innotrans hätten der landeseigenen Messegesellschaft im September zu „einem sehr starken Comeback“ verholfen. „Wir werden 2022 deutlich mehr Umsatz machen als ursprünglich erwartet“, sagte Ecknig. Dass der Messechef keine Post-Corona-Strategie vorstellen konnte, obgleich die bereits im Frühjahr erwartet worden war, erklärte Schwarz mit dem Erfolg von Ifa und Innotrans. „Keiner hat damit gerechnet, wie erwünscht die physischen Kontakte sind. Deshalb ist es gut, dass wir den strategischen Prozess noch nicht abgeschlossen haben.“

Für die nächste Aufsichtsratssitzung werden Ecknig „eine Vorlage“ anfertigen. Aber es gibt eben keine Eile: „Wir stehen vor London, Paris und New York, was die Auslastung des Messegeländes betrifft“, sagte der Senator.

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Schwarz äußerte sich auch zum ICC. „Dieses Gebäude werden wir einer öffentlichen Nutzung zuführen können, die sich auch wirtschaftlich trägt.“ Er sei dankbar für die Debatte, die immer mehr Ideen hervorbringe, „die auch wirtschaftlich sind“. Ein Betreiber solle bei einer internationalen Ausschreibung gefunden werden. Idealerweise werde das ICC künftig auch für Kongresse „mitgenutzt“, sagte Schwarz. „Wir werden Teil der Bespielung sein“, meinte Ecknig. Erforderlich sei jedoch ein „Primärverantwortlicher“ für das ICC.

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