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Kräne und Containerschiff im Hamburger Hafen.

© Bearbeitung: Tagesspiegel/imago/imagebroker

Hamburger Hafen verliert den Anschluss: Kann er sich gegen Rotterdam und Antwerpen behaupten?

Der Hamburger Hafen wird abgehängt, jetzt soll die Großreederei MSC einsteigen. Wird das den Hafen wieder wettbewerbsfähig machen? Drei Experten geben ihre Einschätzung.

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Seit Jahren verliert der Hamburger Hafen zunehmend den Anschluss an die Wettbewerber Rotterdam und Antwerpen. Das gilt vor allem für den Container-Umschlag. Das Problem ist bekannt, aber bisher wurde keine Lösung gefunden.

Zuletzt hat Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher angekündigt, fast die Hälfte der Anteile an dem Terminalbetreiber Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) an die Großreederei MSC zu veräußern. Damit soll mehr Stabilität beim Umschlag durch fest zugesagte Mengen erreicht werden. Doch Kritiker mahnen, dass die Konzentration auf eine Reederei den Standort für andere unattraktiver macht und künftiges Wachstum verhindert.

Drei Experten schätzen die Lage ein. Alle Teile des Formats „3 auf 1“ finden Sie hier.


Ein guter Ansatz, doch auf die Ausführung kommt es an

Der Hamburger Hafen steht unter Druck: Die Umschlagmengen in dem für Hamburg äußerst bedeutsamen Containersegment stagnieren, die Reeder klagen über hohe Kosten und eine im Wettbewerbsvergleich schlechte Produktivität der Terminals. Der Hafen benötigt dringend neue Impulse. Die Beteiligung eines starken, internationalen Partners ist daher grundsätzlich der richtige Schritt zur Stärkung des Standorts.

Wie der Beitrag von MSC konkret aussehen wird, ist noch weitgehend unklar.

Jan Ninnemann, Professor für allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der HSBA Hamburg

MSC als weltgrößte Linienreederei kann aufgrund ihrer Marktmacht und der vorhandenen Finanzkraft wichtiger Impulsgeber sein, um die Leistungsfähigkeit der Terminals u. a. durch Automatisierung und Prozessoptimierung nachhaltig zu steigern. Wie der Beitrag von MSC hier konkret aussehen wird, ist zum heutigen Zeitpunkt noch weitgehend unklar. Verbindliche Aussagen zu möglichen Investitionsvolumina fehlen. Eine 49,9-prozentige Beteiligung an der HHLA-Holding wirft weitere Fragen auf.

Während Reedereibeteiligungen an einzelnen Terminals seit längerem international gängige Praxis sind, ist diese Form der Kooperation eher ungewöhnlich. Was die MSC-Beteiligung für langjährige Partner und Shareholder an den HHLA-Terminals wie Cosco und Hapag-Lloyd bedeutet und ob die Rechnung des Hamburger Senats aufgeht, den Hamburger Hafen durch diesen Deal zurück auf einen Wachstumspfad zu führen, bleibt abzuwarten.


Der Größenvergleich ist nicht entscheidend

Im Räderwerk des globalen Handels war der Hamburger Hafen noch nie das größte Rad. Aber immer ein entscheidendes: als Knotenpunkt für Europa, als größtes Industriegebiet Deutschlands, als Transitpunkt für Osteuropa. Deshalb ist der alleinige Größenvergleich mit Rotterdam und Antwerpen auch nicht entscheidend. Denn in der Logistik der Zukunft spielen Effizienz und Nachhaltigkeit eine entscheidende Rolle.

Deshalb entwickelt die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) den Hamburger Hafen zum Zukunftsstandort. Der Terminal Altenwerder ist dank Digitalisierung bereits klimaneutral und hocheffizient. Der Terminal Burchardkai wird ebenfalls klimaneutral. Dazu verfügt der Hafen über eine starke – und grüne – Hinterlandanbindung auf der Schiene. Die HHLA-Tochter Metrans hat 2022 fast eine Million Standardcontainer CO₂-frei transportiert. Unser europäisches Netzwerk bauen wir als HHLA durch die Präsenz in Tallinn und Triest weiter aus. Damit stärken wir auch den Hamburger Hafen als Zukunftsstandort im Welthandel. 


Zu hohe Gebühren, zu flaches Wasser

Nun steigen auch noch die Gebühren. Um im Schnitt 6,5 Prozent hebt die Hamburger Hafenbehörde ihre Hafennutzungsentgelte zum Jahreswechsel an. Das sei in der sich abzeichnenden Abkühlung der Weltwirtschaft und damit absehbaren Ladungsverlusten für den Hamburger Hafen kontraproduktiv, so die Kritik. Zumal die Umschlaggeschwindigkeit im Hamburger Hafen nicht mit den Konkurrenten in Antwerpen und Rotterdam mithalten kann, was die Verweildauer der Schiffe im Hafen erhöht.

Die müssen zuvor auch noch die Elbe hinunterschippern – und können das mitunter nicht voll beladen tun. Noch immer seien die gerichtsfest beschlossenen Tiefen des Flusses nicht wiederhergestellt, beklagen die Reedereien. Mangelnde Produktivität und Tonnage-Begrenzung: Vielleicht ist es mit Blick auf den Wettbewerb zu den westeuropäischen Atlantikhäfen an der Zeit, die deutschen Nordseehäfen als Einheit zu betrachten und den Verkehr gezielt zu verteilen, um konkurrenzfähig zu bleiben.

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