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Martin Winterkorn, ehemaliger Vorstandsvorsitzender von Volkswagen.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Update

Ex-VW-Chef: Offenbar Ermittlungen gegen Martin Winterkorn in Steueraffäre

Es geht angeblich um Überweisungen von insgesamt rund zehn Millionen Euro auf Schweizer Konten. Winterkorns Anwalt weist den Verdacht zurück und greift die Staatsanwaltschaft an.

Martin Winterkorn soll nicht nur frühzeitig vom Diesel-Betrug gewusst haben, dem früheren VW-Chef wird nun auch Steuerhinterziehung im großen Stil vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt gegen Winterkorn wegen des Verdachts auf Steuerstraftaten. Nach Informationen der „Bild am Sonntag“ geht es unter anderem um Überweisungen in den vergangenen beiden Jahren von insgesamt rund zehn Millionen Euro auf Schweizer Konten. Die Zeitung berichtet aus den Ermittlungsakten, laut denen der Verdacht bestehe, dass Winterkorn fällige Steuern nicht bezahlt hat. Winterkorns Anwalt Felix Dörr wies die Vorwürfe zurück und will Strafanzeige gegen die Staatsanwaltschaft erstatten.

Klaus Ziehe, Sprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig, sagte der „Bild am Sonntag“: „Wir werden uns nach dem Abschluss der Ermittlungen zu den Ergebnissen äußern, vorher nicht.“

Die Ermittlungen wurden im vergangenen Jahr angestoßen, als die Staatsanwaltschaft München dem Verdacht auf Geldwäsche nachging. Von Winterkorns Konten bei der Sparda Bank Nürnberg waren mehrere hohe Millionenbeträge auf ein Treuhandkonto seines Steuerberaters überwiesen worden. Die Staatsanwaltschaft vermutete einen Zusammenhang mit dem Dieselskandal und überwies den Vorgang an die Staatsanwaltschaft Braunschweig. Die ging der Sache nach.

Laut „BamS“-Bericht soll das Geld vom Treuhandkonto des Steuerberaters in Depots der Bank Vontobel nach Zürich geflossen sein. Darunter soll ein Depot gewesen sein, das Winterkorns Ehefrau Anita zugeordnet wurde. Die Ermittler hatten offenbar den Verdacht, dass ein Teil der Überweisungen eine Schenkung war, für die mehr als eine halbe Million Euro Schenkungsteuer angefallen wäre. In einem Vermerk soll die Staatsanwaltschaft festgehalten haben, dass Winterkorn vermutlich Vermögenswerte in die Schweiz verschoben habe, um einen „Notgroschen“ zu haben. Sollten Winterkorn in der Dieselaffäre Pflichtverletzungen nachgewiesen werden, drohen ihm hohe Schadensersatzforderungen von Volkswagen. Vor dem Landgericht Stuttgart wird eine Milliarden-Klage von Anlegern verhandelt, die dem Konzern vorwerfen, den Kapitalmarkt zu spät über den Dieselbetrug informiert zu haben. Winterkorn hatte unlängst die Aussage verweigert.

Anwalt prüft Strafanzeige gegen die Staatsanwaltschaft

Den Vorwurf, der Ex-VW-Chef habe Steuern hinterzogen, wies sein Anwalt Felix Dörr in der „Bild am Sonntag“ zurück: „Herr Dr. Winterkorn ist in der Verfügung über sein Vermögen völlig frei; es ist seine höchstpersönliche Entscheidung, wie und durch wen er sein Vermögen verwalten lässt. (. . .) Nach Beurteilung des steuerlichen Beraters von Herrn Dr. Winterkorn ist dieser Vorgang frei von jeder steuerlichen Beanstandung.“ Die Staatsanwaltschaft Braunschweig sieht dies offenbar anders und vermutet eine strafrechtliche Relevanz der Transaktionen.

Anwalt Dörr prüft nun juristische Schritte gegen die Staatsanwaltschaft. „Wir erwägen, Strafanzeige wegen Verrats von Dienstgeheimnissen zu stellen“, sagte Dörr am Sonntag. „Die Staatsanwaltschaft in Braunschweig muss mir den tieferen Sinn des Vorgehens erläutern.“ Angaben über die persönlichen Vermögensverhältnisse und Steuerfragen hätten nichts in den Akten zu den Abgas-Ermittlungen zu suchen. „Detaillierte Kreditkarten-Abrechnungen, Kontoauszüge und Bankvollmachten von Herrn Winterkorn liegen nun auf den Schreibtischen von 39 Anwälten anderer Beschuldigter der Abgas-Ermittlungen. Dabei haben die privaten Vermögensverhältnisse von Herrn Winterkorn nichts mit dem Verfahren zu tun“, sagte der Anwalt.

US-Justiz erließ Haftbefehl gegen Winterkorn

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte unlängst wichtige Ermittlungsakten an die Anwälte der beschuldigten Manager verschickt. Die Unterlagen betreffen 39 Beschuldigte im Fall der Software-Manipulationen beim Stickstoffdioxid-Ausstoß, in drei Fällen geht es um Marktmanipulation. Die Anklagebehörde ermittelt unter anderem gegen Martin Winterkorn sowie gegen den neuen VW-Konzernchef Herbert Diess und den Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Dieter Pötsch (früher Finanzvorstand) wegen möglicher Marktmanipulation, gegen Winterkorn zusätzlich auch wegen Betrugs. Die Akteneinsicht erlaubt es den Verteidigern, die Vorwürfe zu prüfen. Danach entscheidet die Staatsanwaltschaft über eine Anklage.

Gegen den 71-jährigen Winterkorn, der mit seiner Frau in München lebt, hat auch die US-Justiz ein Verfahren eröffnet und bereits Anklage erhoben. Im Mai erklärte das zuständige Gerichts in Detroit, gegen Winterkorn gebe es einen internationalen Haftbefehl. Das Justizministerium erklärte, für die Behörden sei Winterkorn weiterhin auf der Flucht. Die amerikanische Staatsanwaltschaft wirft ihm Verschwörung zur Täuschung der Behörden bei den Abgasmanipulationen vor.

Winterkorn war im September 2015 zurückgetreten, nachdem US-Behörden Manipulationen bei Dieselautos aufgedeckt hatten. Volkswagen hatte nur mit einer speziellen Software Schadstoffgrenzwerte bei Abgastests eingehalten. mit dpa

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