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Privat Versicherte genießen einige Privilegien: Sie bekommen schneller Termine bei Fachärzten, manchmal gibt es auch unterschiedliche Sprechzimmer. Doch die Vorzugsbehandlung hat ihren Preis. Vor allem für ältere Mitglieder werden die Beiträge teuer.

© Mauritius

Wenn die Beiträge steigen: Erste Hilfe für Privatpatienten

Preisschock zum Jahresanfang: Einige Tarife haben sich um 60 Prozent verteuert. Was Betroffene jetzt tun können.

Privatpatienten kennen das: Die Beiträge zur privaten Krankenversicherung sind auch in diesem Jahr wieder gestiegen. Etwa ein Drittel der 8,8 Millionen Privatversicherten muss 2018 zum Teil deutlich tiefer in die Tasche greifen. Zwar verteuern sich die Policen im Schnitt nur um drei Prozent, sagt der Verband der privaten Krankenversicherer. Doch manche Alters- oder Tarifgruppen haben besonders kräftige Erhöhungen zu verkraften. Dies liegt an den gesetzlichen Vorgaben: Denn Beiträge dürfen erst dann erhöht werden, wenn die Versicherungsleistungen in einem Tarif nachweislich um mindestens zehn Prozent höher liegen als ursprünglich kalkuliert.

MEHR ALS 60 PROZENT TEURER

Das führt dazu, dass die Beiträge abwechselnd gar nicht und dann ruckartig um viele Prozentpunkte angehoben werden. Bei der DKV etwa steigen einige Tarife zum 1. April um mehr als 20 Prozent, bei der Axa bleiben 2018 zwar drei Viertel der Policen stabil, einzelne Tarife dagegen haben sich seit Jahresbeginn um mehr als 60 Prozent verteuert. Bei der Allianz wiederum steigen die Kosten im Schnitt um 4,5 Prozent, einige Kunden hingegen müssen gut 20 Prozent mehr überweisen. Was können Versicherte dagegen tun?

TARIFWECHSEL

Man kann etwa innerhalb der Versicherung in einen anderen Tarif wechseln. Versicherer haben meist Hunderte verschiedener Tarife im Angebot. Sie unterscheiden sich beispielsweise in der Höhe des Selbstbehalts, den übernommenen Leistungen für Zahnersatz oder im Krankenhaus. Grundsätzlich hat jeder Kunde zum Monatsende das Recht, von seinem alten Tarif in einen neuen, „gleichartigen“ anderen zu wechseln. Sparen können dabei vor allem Versicherte, die schon lange in ihrem alten Tarif versichert sind. Die Altersrückstellungen kann der Kunde mitnehmen, zusätzliche Risikozuschläge oder Ausschlüsse darf der Versicherer nicht neu ansetzen. Eine erneute Gesundheitsprüfung oder Risikoaufschläge sind nur erlaubt, wenn der neue Tarif Mehrleistungen enthält.

WER HILFT

Dennoch: Im Tarifdschungel findet sich kaum ein Kunde alleine zurecht. Einige Versicherer haben zwar 2016 verbindliche Leitlinien unterzeichnet, nach denen die Versicherten individuell und „transparent über die gesamte Tarifwelt“ informiert und beraten werden. Dennoch berichten Kunden immer wieder davon, dass ihr Versicherer den Wechsel in einen gleichartigen, für sie womöglich günstigeren Tarif massiv behindert. Verbraucherschützer empfehlen Wechselwilligen deshalb, sich von unabhängigen Fachleuten beraten zu lassen. Denn der Versicherungsvertreter erhält für einen Tarifwechsel keine Provision, würde bei günstigeren Angeboten sogar Bestandsprovisionen verlieren. An einem Wechsel habe er also ebenso wenig Interesse wie die Versicherung selbst.

2500 EURO IM JAHR GESPART

Inzwischen haben sich Beratungsunternehmen etabliert, die nach sinnvollen Tarifen fahnden und Kunden nicht provisionsgesteuert beraten. Doch nicht jeder Externe sei seriös und kompetent genug, warnen die Verbraucherzentralen. Finanztip empfiehlt das Münchener Beratungsunternehmen Minerva, das ein Erfolgshonorar kassiert, nämlich 60 Prozent der Summe, die sich der Kunde in einem Jahr spart, plus Mehrwertsteuer. Man habe bisher etwa 10 000 Tarife umgestellt und Kunden damit im Schnitt etwa 2500 Euro pro Jahr erspart, sagt Geschäftsführer Nicola Ferrarese. Einsparungen seien aber nicht bei allen Versicherten möglich. „Lässt man die Beamten außen vor, können rund 60 Prozent der privat Versicherten sparen“, sagt Ferrarese. Auch einzelne Versicherungsmakler haben sich auf das Thema Tarifwechsel spezialisiert. Javier Garcia, Makler aus Bad Oeynhausen, etwa sagt, manchmal seien bei vergleichbaren Leistungen Einsparungen von 40 Prozent des bisherigen Beitrags möglich – und berechnet die effektive Ersparnis von fünf Monaten als Honorar. Hilfe gegen eine Pauschale bieten auch die Verbraucherzentralen, die im Internet einen Musterbrief zum Tarifwechsel bereithalten, und der Bund der Versicherten, der von Nicht-Mitgliedern eine Beratungspauschale von 570 Euro verlangt und dafür auch den oft langwierigen Schriftverkehr übernimmt.

PROBLEME BEIM WECHSEL

Grundsätzlich dürfen Kunden in alle vorhandenen Tarife wechseln. Verbraucherschützer warnen allerdings, dass ein interner Tarifwechsel nicht immer Sinn mache, vor allem dann nicht, wenn er mit einem deutlich abgespeckten Leistungsspektrum einhergehe. Wer die Leistungen später wieder aufstocken wolle, müsse dann erneut mit einer Gesundheitsprüfung rechnen. Gut überlegt sein will etwa ein Wechsel von einem alten Männertarif in einen Unisex-Tarif, wie er seit 2012 eingeführt wurde. Auch ein niedrigerer Selbstbehalt sei nicht immer empfehlenswert. Zwar können hier vor allem Selbstständige, bei denen kein Arbeitgeber die halben Kosten übernimmt, sparen. Doch im Krankheitsfall kann ein hoher Selbstbehalt schnell zum Bumerang werden

ZURÜCK IN DIE GESETZLICHE

Zweite Variante: Man kann in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) wechseln. Möglich ist dies aber nur in Ausnahmefällen und auch nur für Versicherte, die jünger als 55 Jahre sind. Wichtigste Voraussetzung ist dabei, dass der Angestellte sein Jahresbruttoeinkommen unter 59 400 Euro senkt beziehungsweise unter 53 100 Euro, wenn er bereits vor dem 1. Januar 2003 privat krankenversichert war. Eine Möglichkeit wäre beispielsweise die Reduzierung der Wochenarbeitszeit, wobei nicht schriftlich fixiert sein darf, dass nur befristet eine Teilzeit vereinbart wird. Reduzieren lässt sich das Bruttoeinkommen auch mit Hilfe der betrieblichen Altersvorsorge, also einer Entgeltumwandlung zur zusätzlichen Vorsorge, auf die ein Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch hat. Wer also nur ein paar Hundert bis ein- oder maximal zweitausend Euro über der Gehaltsgrenze liegt, kann diesen Weg überlegen.

NUR DIE BASISVARIANTE

Dritte Möglichkeit: Man kann in den Standard- oder den Basistarif wechseln. Diese Sozialtarife kommen unter bestimmten Umständen infrage, wenn einem Versicherten steigende Beiträge über den Kopf wachsen. Sie bieten Leistungen, die jenen der gesetzlichen Krankenkassen angenähert sind, in manchen Bereichen, etwa bei Reha-Maßnahmen oder in der Psychotherapie, oft sogar geringer ausfallen. Welcher Tarif für wen infrage kommt, hängt unter anderem vom Alter und von der Zahl der Versicherungsjahre ab. Wechsler müssen aber wissen, dass der Standardtarif „in der Regel nur den 1,8-fachen Gebührensatz“ ersetzt, sagen die Verbraucherzentralen. Privatärztliche Behandlungen würden aber mit dem 2,3- bis 3,5-fachen Satz abgerechnet. Akzeptiere der Arzt den niedrigeren Satz nicht, müsse der Patient die Differenz selbst zahlen. Im Basistarif sind grundsätzlich nur noch Pflichtleistungen der GKV versichert. Jede private Kasse ist verpflichtet, solche Tarife anzubieten.

EIN NEUER ANBIETER

Vierter Weg: Sehr wenig bis gar keinen Sinn macht bei den meisten Versicherten der Wechsel des Versicherers selbst. Denn damit verliert der Versicherte seine Rückstellungen, die angespart werden, um allzu große Preissprünge im Alter aufzufangen. Aktuell haben die privaten Kassen 246 Milliarden Euro zurückgelegt. Zudem: Auch für Neukunden steigen die Prämien bei einigen Versicherern. Hinzu kommt, dass der Versicherte bei einem Wechsel erneut Provisionen für den Vertrieb zahlen muss.

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