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Neben der mäßigen Wirtschaftslage bauen auch Konzerne wie BASF, Miele und Bayer massiv Stellen ab.

© IMAGO/Panama Pictures/IMAGO/Christoph Hardt / Bearbeitung Tagesspiegel

BASF, Miele und Bayer bauen massiv Stellen ab: Droht in Deutschland eine Entlassungswelle?

Mehrere Konzerne bauen Stellen ab, tausende Beschäftigte verlieren ihre Arbeit. Manche befürchten gar eine regelrechte Entlassungswelle. Ob das realistisch ist, erklären drei Experten.

Es waren Worte, die nur wenig Hoffnung machten. „Es geht um nichts Geringeres, als die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Industriestandortes zu verteidigen“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vergangenen Mittwoch bei der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichtes der Bundesregierung.

Die Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für 2024 hat er dabei von 1,3 Prozent auf 0,2 Prozent deutlich reduziert. Neben der mäßigen Wirtschaftslage bauen auch Konzerne wie BASF, Miele und Bayer massiv Stellen ab.

Doch was bedeutet das für die Bundesrepublik? Droht hierzulande gar eine Entlassungswelle? Drei Fachleute geben Antworten. Alle Folgen unserer Reihe „3 auf 1“ finden Sie hier.


Es muss schnell gehandelt werden – und zwar jetzt!

Die Chemie in Deutschland befindet sich in der tiefsten Krise seit Gründung der Bundesrepublik. Mangelnde Nachfrage und strukturelle Nachteile nehmen die „Mutter aller Industrien“ doppelt in die Zange. Unsere 585.000 Beschäftigten produzieren derzeit so wenig wie zuletzt 2005.

Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf den Standort. Wir stehen vor einer Krisen-Tarifrunde. In weiten Teilen der Chemie-Industrie ging die Beschäftigung in den vergangenen Monaten zurück. Aber es ist nicht zu spät, das Ruder herumzureißen.

Wir brauchen ein Bekenntnis der Politik zum Industrie-Standort Deutschland – und damit ist kein Lippenbekenntnis gemeint, sondern entschlossenes Handeln für wettbewerbsfähige Energiepreise, moderne Infrastruktur und weniger Bürokratie.

Und wir brauchen besonnene Sozialpartner, die mit krisengerechter Tarifpolitik den Schutz von Standort und Beschäftigung in den Mittelpunkt stellen. Wenn wir Krise und Transformation erfolgreich meistern, können wir 25.000 zusätzliche Jobs bis 2030 schaffen. Gelingt das nicht, stehen über 60.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Es muss schnell gehandelt werden – und zwar jetzt!


Die Zukunft der Automobilindustrie wird jetzt entschieden

Ja, Arbeitsplätze sind in Gefahr. Das zeigt neben den Ankündigungen zum Arbeitsplatzabbau bei Bosch und ZF auch die Strukturstudie Baden-Württemberg 2023: Der Automobilcluster Baden-Württemberg droht 32 Prozent seiner 480.100 Beschäftigten bis 2040 zu verlieren.

Wir erleben in den Betrieben des Öfteren, dass eine belastbare Transformationsstrategie fehlt und in zu vielen Fällen Zukunftsprodukte nicht an den deutschen Standorten angesiedelt werden. Die Beschäftigten hier finanzieren den Aufbau der Zukunft andernorts, indem hier erwirtschaftete Gewinne für den Aufbau von Produktionsstätten im Ausland genutzt werden.

Die Zukunft der Automobilindustrie wird jetzt entschieden. Deshalb braucht es für eine Trendumkehr eine gemeinsame Kraftanstrengung. Unsere Zukunftstarifverträge sind ein Angebot dazu.

In den Unternehmen müssen jetzt Taten folgen und die Politik muss Investitionen fördern und den Ausbau der Infrastruktur unterstützen. Denn wir wollen Autoland und starker Wirtschaftsstandort mit hoher Wertschöpfung und sicherer Beschäftigung bleiben.


Hochwertige Arbeitsplätze sichert man nur durch Transformation

Wer derzeit die Nachrichten von Großkonzernen hört, gewinnt den Eindruck, wir befänden uns inmitten einer Entlassungswelle. Und in der Tat sind die Wechsel aus Jobs in Arbeitslosigkeit über das vergangene Jahr gestiegen. Aber nur leicht, und insgesamt befindet sich die Entlassungsquote noch immer auf dem niedrigsten Niveau seit Jahrzehnten.

Das hat auch einen Grund: Arbeitskräfte sind so knapp geworden, dass die Betriebe ihre Leute an Bord halten. Die eigentliche Herausforderung ist nicht eine Entlassungswelle, sondern eine tiefgreifende wirtschaftliche Transformation.

Wenn Jobs zu Ende gehen, wie in der Produktion von Verbrennermotoren, müssen wir in der Lage sein, Beschäftigte in verwandten aufstrebenden Bereichen weiterzuentwickeln, etwa in der Technik für die Energiewende.

Ein Warnsignal für die deutsche Wirtschaft wäre es, wenn sich im Arbeitsmarkt gar nichts mehr bewegte. Deshalb müssen wir auf Investitionen und Technologieentwicklung setzen, denn hochwertige Arbeitsplätze sichert man nur durch Transformation.

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