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Rutsch ins Glück. Nach schwierigen Wochen läuft es für Florian Niederlechner jetzt immer besser bei Hertha BSC.

© imago/Jan Huebner/IMAGO/Michael Taeger

Schon zweitbester Torschütze von Hertha BSC: Florian Niederlechner und der Ketchup-Effekt

Bis vor drei Wochen hatte Florian Niederlechner noch gar nicht für Hertha BSC getroffen. Seitdem war er in jedem Spiel erfolgreich. Beim 5:1-Sieg gegen Elversberg sogar dreifach.

Pal Dardai lebt schon fast 27 Jahre in Deutschland, deutlich mehr als die Hälfte seines Lebens. Aber auch nach all der Zeit hält die deutsche Sprache immer noch Überraschungen für den Ungarn bereit. Vor kurzem saß er gemeinsam mit seinem Stürmer Florian Niederlechner bei einer Pressekonferenz, und Dardai hatte keine Ahnung, was Niederlechner meinte, als er vom Ketchup-Effekt sprach.

„Ich glaube, jetzt weiß er’s“, sagte Niederlechner am Sonntagnachmittag im Untergeschoss des Olympiastadions. In den Händen hielt er einen der buntgefleckten Spielbälle, der bei ihm zu Hause „ein schönes Plätzchen“ bekommen solle. Drei Tore hatte Niederlechner zum 5:1-Sieg von Hertha BSC gegen die SV Elversberg erzielt: das 2:1 vor der Pause, das 3:1 und 4:1 dann in der zweiten Halbzeit innerhalb von gerade mal fünf Minuten.

„Ich hab’s geahnt, und zum Glück konnte ich es umsetzen“, sagte Niederlechner. Ketchup-Effekt eben. Erst kommt lange gar nichts, egal wie sehr man sich auch müht, und dann fließt es nur so. „Ich hoffe, dass es so eine riesige Fünf-Liter-Ketchupflasche für die Gastronomie ist“, sagte Pal Dardai.

Vor drei Wochen, beim 2:2 gegen den Karlsruher SC, hat Niederlechner zum ersten Mal überhaupt in dieser Saison für Hertha getroffen. 13 Pflichtspiele war er zuvor ohne Tor geblieben. Seitdem aber war er in jedem Spiel erfolgreich. „So ist es im Fußball: Manchmal läuft’s, manchmal läuft’s nicht. Zurzeit läuft’s“, sagte der 33-Jährige.

So ist es im Fußball: Manchmal läuft’s, manchmal läuft’s nicht. Zurzeit läuft’s.

Florian Niederlechner, Profi von Hertha BSC

Anfang des Jahres ist der Offensivspieler vom FC Augsburg nach Berlin gewechselt. Er wollte wichtig sein für Hertha. Doch die sportlichen Erwartungen blieben lange unerfüllt. Niederlechner stieg mit seinem neuen Klub aus der Fußball-Bundesliga ab. Und obwohl er einer der Ersten war, der sich danach zu Hertha bekannt hat, fand er sich nach dem schwierigen Saisonstart erst einmal auf der Bank wieder. Selbst davon aber hat sich Niederlechner nicht unterkriegen lassen.

„Es war immer schon mein Motto: Wenn man sich den Arsch aufreißt und Gas gibt, wird man irgendwann belohnt“, sagt er. Im Moment kassiert Niederlechner einen Bonus nach dem anderen. Weil er ruhig geblieben ist, weil er weiter an sich gearbeitet hat. „Ältere Spieler kann man nicht ändern, aber man kann sie in Form bringen“, sagt Trainer Dardai. „Er ist ein Prototyp dafür. Er hat hart gearbeitet.“

Wen auch immer man bei Hertha fragt: Keiner verliert ein schlechtes Wort über Florian Niederlechner. Dardai lobt ihn auch als Mensch, der wichtig sei auf dem Trainingsplatz und in der Kabine. „Top Typ“, findet Fabian Reese. „Ich kann nur Positives über Flo sagen.“

Niederlechner sei immer ein sehr wichtiger Charakter innerhalb des Teams gewesen, und auch auf dem Feld habe er immer eine sehr hohe Arbeitsmoral gehabt. „Er hat versucht, es zu erzwingen“, sagte Reese. „Man sieht: Fleiß wird belohnt. Er ist drangeblieben, hat nicht den Kopf in den Sand gesteckt.“ Dass es jetzt so für ihn laufe, sei „einfach verdient“.

Ein Hattrick gelang ihm zuletzt 2012

Ende Oktober, im Pokalspiel gegen Mainz, stand Niederlechner erstmals nach fast drei Monaten wieder in der Startelf. Er steuerte eine Vorlage zum 3:0-Erfolg bei und ist seitdem Stammkraft. Im Moment hilft er Hertha über die Not im offensiven Mittelfeld hinweg, spielt als verkappter Zehner oder eher als Neuneinhalb hinter Stoßstürmer Haris Tabakovic. „Da kannst du dich einfach freier bewegen“, sagt er über seine neue Rolle. „Darum ist das die Position, die mir am meisten liegt. Ich glaube, man sieht’s auch.“

Mit fünf Treffern aus den vergangenen drei Spielen ist Niederlechner jetzt bereits Herthas zweitbester Torschütze hinter Tabakovic, der zuletzt nur in einem der vergangenen neun Ligaspiele getroffen hat. Dass seine Torflaute bisher keine gravierenden Folgen für die Berliner hatte, dass sie momentan in der Tabelle als Achter sogar so gut platziert sind wie noch nie zuvor in dieser Saison, das liegt auch an den Spielern, die buchstäblich in Tabakovics Schatten unterwegs waren oder sind: Erst traf Smail Prevljak in drei Spielen nacheinander, jetzt Niederlechner in ebenfalls drei.

Dass es gegen Elversberg gleich ein Hattrick wurde, das „ist schon was Spezielles“, sagte Niederlechner. „Kommt jetzt nicht so oft vor, wenn man nicht Kane oder Lewandowski heißt.“ In der Dritten Liga, mit Unterhaching gegen Chemnitz, ist ihm das 2012 zuletzt gelungen.

Als Herthas Matchwinner nach dem Spiel mit dem Ball im Arm vor die Fernsehkamera trat, rief sein Kollege Marc Kempf: „Flo, du sollst den Ball abgeben! Das dritte Tor wurde als Eigentor gewertet!“ War natürlich nur ein Scherz, auch wenn der Schuss ohne die Hilfe des Elversberger Verteidigers Maurice Neubauer, der den Ball abgefälscht hatte, vermutlich nicht im Tor gelandet wäre.

Aber Florian Niederlechner weiß die Dinge richtig einzuordnen. „Das war Glück“, sagte er über den Treffer zum 4:1. „Vor sechs Wochen hätten wir wahrscheinlich einen Konter gekriegt und ein Gegentor kassiert.“

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