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Neue Zuversicht. Hertha BSC hat sich dem oberen Tabellendrittel der Zweiten Liga angenähert.

© imago/Matthias Koch/IMAGO/Sebastian Räppold/Matthias Koch

Phase zwei hat begonnen: Hertha BSC liebäugelt wieder mit dem Aufstieg

Die Auftritte vor der Länderspielpause haben bei Hertha BSC die Zuversicht genährt, dass in dieser Saison doch noch was geht. Zuletzt jedenfalls klangen die Berliner deutlich forscher.

Pal Dardai hat dieser Tage ein Loblied auf die Zweite Liga gesungen. „Deutschland kann richtig froh sein“, sagte der Trainer von Hertha BSC. Eines Vereins also, der seit dem Sommer selbst Teil dieser Liga ist. Die vielen Traditionsklubs, die Stadien, der Fußball: „Eine wunderschöne Welt“ sei das, sagte der Ungar. „Von der Kulisse und der Stimmung her sind das Spiele für die erste Bundesliga.“

Wenn man es böse mit Dardai meint, könnte man glauben, dass er sich den Zwangsaufenthalt in der Unterklassigkeit irgendwie schönreden wollte. Von wegen: Ist ja gar nicht so schlimm hier. Doch das Gegenteil ist der Fall.

Es ist noch gar nicht lange her, dass Herthas Trainer öffentlich davon gesprochen hat, dass man sich womöglich mit einer längeren Verweildauer in der Zweiten Liga abfinden müsse. Vielleicht zwei Jahre, drei oder gar vier. Inzwischen aber ziehen sie bei den Berlinern auch den Best Case wieder in Betracht: dass es wie nach den beiden letzten Abstiegen (2010 und 2012) direkt wieder nach oben geht.

Im Sommer hat Dardai das Gerede vom Aufstieg noch als mehr oder weniger vereinsschädigend empfunden. Ihm kam es so vor, als wollte man von außen unrealistische Erwartungen schüren, denen Hertha dann nicht gerecht werden könnte. Den Medien warf er daher Negativismus und Schadenfreudismus vor.

Die Voraussetzungen haben sich längst geändert. Hertha hat mittlerweile einen Kader beisammen, der für die Zweite Liga mehr als nur konkurrenzfähig ist. Und das Team, zu Saisonbeginn allenfalls ein Torso, hat sich ebenfalls gefunden. „Jetzt haben wir eine Mannschaft“, sagt Dardai. „Wir sind viel weiter mit dem Teamgeist, viel weiter mit der taktischen Disziplin. Die Jungs wollen.“

Auch die Ergebnisse stimmen. Das Handicap von drei Niederlagen zum Start, noch dazu ohne ein einziges Tor, hat Hertha inzwischen weitgehend kompensiert. Und so liebäugeln sie jetzt tatsächlich wieder mit dem Aufstieg. Zumindest ein bisschen.

Es kann passieren, was ich vor der Saison gesagt habe: dass wir Weihnachten Vierter, Fünfter oder Sechster sind und man am Ende des Tunnels noch ein kleines Licht sieht.

Pal Dardai zu Herthas Aufstiegschancen

„Es kann passieren, was ich vor der Saison gesagt habe: dass wir Weihnachten Vierter, Fünfter oder Sechster sind und man am Ende des Tunnels noch ein kleines Licht sieht“, hat Dardai zuletzt verkündet. Ein Licht namens Aufstieg. „Wir sind dran.“

Das erste Viertel der Saison ist vorüber. Für Hertha beginnt jetzt Phase zwei. „Der Eindruck der letzten Wochen und der letzten vier Spiele“, so sagt es Sportdirektor Benjamin Weber, geben zumindest Anlass zu einer gewissen Zuversicht.

Von den vier Spielen vor der Länderspielpause haben die Berliner drei gewonnen; nur gegen St. Pauli, die derzeitige Übermannschaft der Liga, kassierten sie eine Niederlage. „Man sieht, dass wir uns gegen Widerstände wehren, wenn es in einem Spiel mal kippt“, sagt Weber. So wie zuletzt gegen Mitabsteiger Schalke, als der Sieg in der Schlussphase noch einmal in Gefahr geriet. Hertha aber blieb standhaft. „Das ist eine Entwicklungsstufe“, findet Weber.

Hertha trotzt den Widerständen

Den Sieg in Gelsenkirchen hat auch Pal Dardai als wegweisend empfunden. Die Mannschaft hat den Kontakt zum oberen Drittel der Tabelle nicht abreißen lassen. Bei einer Niederlage hingegen hätte sich eine Lücke aufgetan, die kaum noch zu schließen gewesen wäre. „Für uns hat sich ein Fenster geöffnet“, sagte Dardai – zumal seine Mannschaft bereits einige schwierige Gegner (St. Pauli zu Hause, dazu Düsseldorf, den HSV, Schalke und Magdeburg auswärts) hinter sich habe.

Ein Selbstläufer wird der Weg nach oben trotzdem nicht. „Keine Mannschaft marschiert da locker durch“, sagt Herthas Offensivspieler Fabian Reese über die Zweite Liga. „Wir müssen jedes Wochenende unsere Hausaufgaben machen, dann sehen wir mal, wo wir im Winter stehen.“

Die Liga wirkt bisher extrem homogen. „Es gibt zehn, zwölf Mannschaften, die ähnlich gut organisiert sind und eine ähnliche Qualität haben“, sagt Dardai. Drei Punkte, also nur ein Sieg, liegen zwischen Platz fünf und Platz 13. Vor dem aktuellen Spieltag gehörte auch Hertha zu einer Art Mittelblock aus gleich fünf Teams mit je zwölf Punkten. Genauso wie der 1. FC Nürnberg, bei dem die Berliner an diesem Sonntag (13.30 Uhr, live bei Sky) antreten.

„Zeig Respekt! Sei bescheiden! Und gewinn das Spiel!“, hat Pal Dardai über das Spiel in Nürnberg gesagt, in dem die Widerstandskraft seines Teams erneut einer harten Prüfung unterzogen werden könnte. Der Ungar hat inzwischen das Gefühl: Wo auch immer Hertha antritt, entwickelt sich eine Art Pokalspiel: „Jeder will uns jagen und uns schlagen.“ Das zeugt zumindest für einen gewissen Respekt. „Wir sind vorbereitet“, sagt Dardai. „Langsam haben wir es angenommen.“

Bis zur nächsten Länderspielpause Mitte November stehen für Hertha vier Ligaspiele an. Das Team weiß, wie viele Punkte Dardai aus diesen Begegnungen erwartet. Eine machbare Vorgabe sei das, und „wenn wir den Block gut machen, werden wir alle glücklich sein“, sagt Herthas Trainer. „Wenn nicht, dann sind wir irgendwo im Niemandsland.“

Gemessen an den Startbedingungen im Sommer, wäre das Niemandsland auch nicht schlecht, findet Pal Dardai. „Aber ich habe eine andere Perspektive.“

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