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David Fofana wollte gegen Neapel einfach nicht ausgewechselt werden.

© Imago/Matthias Koch

Niederlagenserie, Erwartungshaltung, Unruhe: Union braucht Hertha!

Der Köpenicker Erfolgsmotor stottert, mit allen unangenehmen Begleiterscheinungen. Kann jetzt nur noch Hertha BSC helfen? Ein Einwurf.

Von Sabine Vollmert-Spiesky

Ja, liebe Leserin, lieber Leser, das ist mein voller Ernst: Union braucht Hertha!

Lange Zeit waren die Unioner die Guten in Berlin, die keine Skandale produzierten, keine alternden oder überhaupt Stars kauften, einen (!) sympathischen und zuverlässigen Trainer hatten und mit ihm ein Team, das genau wusste, was zu spielen ist. Und sie hatten Erfolg. Großen Erfolg sogar. Das war erstaunlich und erfreulich zugleich!

Viele Journalisten, vor allem im TV, sprachen wie selbstverständlich von den „Eisernen“, berichteten euphorisch aus der Alten Försterei, als seien sie selbst am Ausbau beteiligt gewesen. Urs Fischer war der bescheidene Übervater, der jeden auch noch so „schwierigen“ neuen Spieler erfolgreich ins Team integrierte, dazu wurden Ausfälle von Stammspielern kompensiert, als sei es eine der leichtesten Übungen.

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Doch immer, wenn es um Union ging, war da auch der blau-weiße Elefant im Raum. Hier die unangepassten, fleißigen Arbeiter aus Köpenick, dort der sich ständig überschätzende und großmäulige Klub aus Charlottenburg. Auf die Ost-West-Symbolik gehe ich hier bewusst nicht ein. Das Olympiastadion, Wohnzimmer der Hertha, schien für sie auf einmal überdimensioniert, die Alte Försterei erwies sich hingegen als zu klein und nicht den internationalen Ansprüchen gewachsen für Unions gewachsene Ansprüche: Europa League, Champions League. Verkehrte Welt!

Neue Erfolgsfans könnten sich bald wieder abwenden

Die Unionfans trauern ihrem Wohnzimmer nach („Wir brauchen die Alte Försterei wie die Luft zum Leben“) und müssen sich mit ihren und den Erwartungen der Öffentlichkeit auseinandersetzen und vor allem mit denen der neu hinzu gewonnenen Jubel-Unioner. So nenne ich die unentschlossenen Berlin-Fans, die sich allein dem Erfolg verschrieben haben. Letztere werden sich möglicherweise dann irgendwann wieder abwenden.

X Spiele hintereinander verloren! Ich habe aufgehört zu zählen, wie häufig diese Erkenntnis zur Zeit in den Berichten breit getreten wird. Ich kann es, ehrlich gesagt, nicht mehr hören! Als ob das nicht schmerzhaft genug ist, wird immer wieder genussvoll Sand in die klaffende Wunde gestreut.

Urs Fischer guckt im Moment nicht gerade glücklich aus der Wäsche.

© Imago/Matthias Koch

Ähnliches widerfährt allen Fans, wenn die Performance ihres Vereins nachlässt. Der Trainer wird in Frage gestellt, der Manager sowieso. Die Spieler geben zu Protokoll dass es „was mit dem Kopf macht, wenn man keine Spiele gewinnt“. Ähnliches sagen alle Protagonisten eines jeden Fußballklubs, wenn es nicht läuft. Stimmt ja auch!

„Was ist nur mit Union los?“ Höre ich heute Morgen im Radio. Allenthalben werden Vermutungen angestellt, woran es liegen könnte, dass die Erfolgsstory gerade unterbrochen ist.

Fakt ist: Union ist in der Realität angekommen. Spekulationen über fehlgeschlagenen Einkaufspolitik des Managers oder gar die Qualität des Übungsleiters beherrschen nämlich immer dann die Berichterstattung, wenn Vereine, die aufgrund von Erfolgen Popularität erlangt haben, gerade mal nicht so performen wie erwartet, es trifft Gladbach und Köln, der BVB und die Bayern können ein Lied davon singen. Einfache Formel: Die Erwartungen steigen mit dem Erfolg. Auf einmal muss man um Ruhe ringen.

Hertha läuft mittlerweile unter dem Radar, es gibt keine Stadtderbys mehr, in denen sie sich blamieren kann, Union ist nun als der alleinige Berliner Klub in der Ersten Liga im Fokus der Aufmerksamkeit. Um Hertha ist es eingermaßen ruhig, auch das ungewöhnlich, der Verein liefert nicht mehr in dem gewohnten Rahmen Futter für Spekulationen und kopfschüttelnde Missbilligung, die „Alte Dame“ geht fast unbemerkt mit dem Rollator ihrem Tagwerk nach.

Liebe Unioner! Ich wünsche euch viel Gelassenheit und Zuversicht. Vielleicht steigt Hertha ja bald wieder auf, dann könnt ihr endlich wieder aufatmen. Bis dahin müsst ihr durchhalten.

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