zum Hauptinhalt
Die DFB-Bosse auf der Tribüne: Man sucht einen neuen Bundestrainer – und hat die Wahl aus ähnlichen Kandidaten.

© action press/Peter Schatz

Nationaltrainersuche beim DFB: Von Magath bis van Gaal – das Altherrenproblem

Nach der Entlassung von Hansi Flick ist der DFB auf der Suche nach einem Nationaltrainer. Ein Großteil der Kandidaten, die gehandelt werden, zeugen von der altbackenen Kreativlosigkeit des Verbands.

Von Sven Fröhlich

Der britische Sänger Robbie Williams scheint in seinem 2006 erschienen Hit „The 80’s“ die aktuelle Gemütslage des DFB-Vorstands vorweggenommen zu haben: „Things are better when they start. That’s how the 80’s broke my heart.“ Wirft man nämlich einen Blick auf die Suche nach einer Nachfolge für den geschassten Bundestrainer Hansi Flick, ergibt sich folgendes Bild: Es werden vor allem Kandidaten gehandelt, deren Blüte ihrer Schaffenskraft bereits die eine oder andere Dekade zurückliegt. Ein Neuanfang, aber doch bitte nicht so richtig. Nostalgie schlägt Innovation.

Ich denke, dass ich in der Lage bin, verunsicherte Mannschaften wieder aufzurichten und ihnen so viel Vertrauen zu geben, dass sie wieder sehr gute Leistungen bringen.

Felix Magath

Da gibt es zum einen den früheren Bundesliga-Trainer Felix Magath, der seine Bewerbung auf die vakante Stelle selbst ausgesprochen hat. „Ich denke, dass ich in der Lage bin, verunsicherte Mannschaften wieder aufzurichten und ihnen so viel Vertrauen zu geben, dass sie wieder sehr gute Leistungen bringen“, befand der 70-Jährige gegenüber dem Radiosender NDR 90,3. Er habe abstiegsbedrohte Mannschaften als Trainer stabilisiert und wieder an die Spitze geführt. „Und ich denke, das ist das, was der DFB zurzeit auch braucht.“

Magath, van Gaal, Kuntz oder Völler

Magath war bereits zu den Zeiten seines größten sportlichen Erfolgs, vor mehr als zehn Jahren, für seine mitunter anachronistischen Trainingsmethoden bekannt. Berühmt war seine Vorliebe für Medizinbälle, die ihm den Spitznamen „Quälix“ einbrachten. Magaths letzte Station war bei Hertha BSC zum Ende der Saison 2021/22, als er mit dem Verein in der Relegation die Klasse halten konnte. Die Bewerbung für ein höheres Amt war das nicht unbedingt.

Ein weitere Kandidat ist dem Vernehmen nach Louis van Gaal. Ähnlich wie bei Magath liegt auch van Gaals impulsgebende Zeit bereits länger zurück. Mit 72 Jahren ist auch er kein Jungbrunnen mehr. Stefan Kuntz, 60 Jahre alt, steht ebenfalls zur Debatte. Kuntz hat einige Erfolge mit der U21 Nationalmannschaft vorzuweisen und ist aktuell noch an die türkische Nationalmannschaft gebunden. Womöglich bleibt auch Sportdirektor Rudi Völler (63) über seine Interimsanstellung am Dienstag gegen Frankreich (21 Uhr/ ARD) hinaus am Seitenrand der Nationalmannschaft. Eine Aufbruchsstimmung würde er nicht verkörpern.

Ein homogenes Bild an Kandidaten

Und so ergibt sich ein Bild aus dem Kandidaten-Pool für den Bundestrainer, das wenig vielverpsrechend ist, wenn man auf den viel beschworenen „frischen Wind“ in der Nationalmannschaft hofft. Auch die etwas jüngeren Julian Nagelsmann (36) und Oliver Glasner (49) stünden zur Disposition, gelten aus diversen Gründen als wenig aussichtsreiche Kandidaten. Nageslmann solll nicht das beste Verhältnis zu einigen Bayern-Spielern – die auch das Gerüst der Nationalmannschaft bilden – gehabt haben, Glasner soll sich bei seinen letzten Arbeitgebern mit der Vereinsführung überworfen haben. Zumal das Amt des Nationaltrainers in Deutschland auch eher als karrieristisches Abklingbecken bekannt ist.

Ein Blick auf die Tribüne eines jeden Länderspiels der deutschen Nationalmannschaft offenbart ein zentrales Problem des DFB: So weit das Auge reicht, finden sich dort überwiegend mindestens grau melierte Herren wieder, die die Führungsebene und somit auch die Entscheidungsfindung des Verbands bestimmen. Der Kandidatenkreis ist somit nur ein Spiegelbild. Sicherlich, vom bloßen Alter lässt sich keine direkte Linie zu den Wesensmerkmalen ziehen. Die bloße Tatsache, dass die Möglichkeiten so beschränkt sind, zeigt aber, dass der DFB seit Jahren dieselbe Schiene fährt, und keine glaubhaften Initiativen zu unternehmen scheint, sich einer Verjüngunskur zu unterziehen.

Nun muss sich der DFB fragen, was er sich von einem neuen Nationaltrainer wünscht. Einen wahrhaftigen Neuanfang, mit einer neuen Spielidee, einer neuen Philosophie, womöglich auch mit einer Ansprache, die über die Flickschen Graugänse hinausgeht. Oder so weiterzumachen wie bisher, aber mit neuem Gesicht. Laut Rudi Völler brauche es „eine richtig gute Lösung“, jemanden, „der mit Leib und Seele dabei ist“. Wenn aber das Bild der potenziellen Nachfolger dem der Münchner Sicherheitskonferenz gleicht, sind die Möglichkeiten limitiert.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false