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98 Sekunden schneller war Vingegaard beim Zeitfahren auf der 16. Etappe als Hauptkonkurrent Pogacar.

© Imago/Belga

Dominanz, die Zweifel weckt: Jonas Vingegaard fährt bei der Tour allen davon

Die Tour de France hat auch in diesem Jahr drei Wochen lang begeistern können. Wenn da nur nicht dieses erstaunliche Einzelzeitfahren gewesen wäre.

Ein Kommentar von Jörg Leopold

Die Tour de France 2023 war ein Spektakel. So wie das nun einmal bei einem Radrennen über drei Wochen mit Etappen durch alle fünf Gebirgsmassive Frankreichs fast zwangsläufig der Fall ist. Sie hat Fahrer an ihre Grenzen gebracht, einige auch darüber hinaus und so manchen Fan am Straßenrand jegliche Benimmregeln vergessen lassen. Auch das ist nun einmal so.

Auffällig waren in diesem Jahr einige organisatorische Pannen, wiederholt wurden Fahrer von Begleitwagen oder Kamera-Motorrädern aufgehalten. Unschöne Nebenaspekte einer ansonsten faszinierenden Reise durch pittoreske Landschaften und noch beeindruckendere Aufnahmen davon.

Sieger ist am Ende ein 26 Jahre alter Däne, der zuweilen zu klein wirkt für sein großes Rad und der der Konkurrenz doch meilenweit enteilte, als es nach tagelanger Sekundenjagd zwischen ihm und Tadej Pogacar um alles ging. Wäre es nicht der Radsport, man käme aus den Verbeugungen vor Jonas Vingegaard gar nicht mehr heraus. Was für eine phänomenale Leistung.

Vingegaards Zeitfahrleistung war nicht von dieser Welt

Aber da war dieses erstaunliche Einzelzeitfahren auf der 16. Etappe von Passy nach Combloux. Nur 22,4 Kilometer lang und doch eines, das in die Tourgeschichte eingehen wird. Mehr als anderthalb Minuten fuhr Vingegaard auf Pogacar an diesem Tag heraus. Der Slowene selbst wiederum war als Zweiter auch noch 73 Sekunden schneller als der Drittplatzierte auf der Etappe.

Natürlich, Vingegaard und Pogacar zeigten bei dieser Tour de France wiederholt, dass sie dem Rest des Feldes deutlich überlegen sind und das Tempo in den Bergen jederzeit auf ein Niveau schrauben konnten, das für andere unerreichbar blieb. Und trotzdem ist es diese Zeitfahrprüfung, die ein ungutes Gefühl hinterlässt und Zweifel weckt – gerade in einer Sportart, in der schon zu viele Profis zu oft ihre Sauberkeit betont haben.

Vingegaard weist alle Spekulationen von sich, mit Doping habe er nichts am Hut – schon um seiner Familie willen. Man möchte ihm nur zu gern glauben. Es wäre allerdings nicht das erste Mal im Radsport, wenn irgendwann das böse Erwachen folgt. Nicht, dass eines Tages ein Sternchen in der Siegerliste für 2023 auftaucht und dieses so wunderbare Spektakel doch noch einen bitteren Beigeschmack bekommt.

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