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Blick nach vorn. Jonas Gomoll (hier noch im Kölner Trikot) will sich seinen Olympia-Traum erfüllen.

© Zink/Imago

Hockey-Nationalspieler wieder beim Berliner HC: Jonas Gomoll hat seine innere Ruhe gefunden

Hockey-Nationalspieler Jonas Gomoll ist zurück in Berlin. Mit dem BHC hat der 27-Jährige viel vor – und nicht nur da.

Als Jonas Gomoll Anfang des Jahres eine wichtige Entscheidung für seine sportliche und private Zukunft treffen musste, hat er sich die Sache alles andere als leicht gemacht. Er ist quasi wissenschaftlich an die Frage herangegangen, hat Vorzüge und Nachteile der möglichen Varianten gegeneinander abgewogen und auch externe Meinungen zu seinem Fall eingeholt. Letztlich aber hat er ganz unwissenschaftlich entschieden. „Im Endeffekt war es ein Bauchgefühl, das immer stärker wurde“, erzählt der deutsche Hockey-Nationalspieler.

Sein Bauch sagte ihm, er solle Rot-Weiß Köln nach vier Jahren verlassen und zum Berliner HC zurückkehren. Genauso, wie er es immer schon vorgehabt hatte, seitdem er im Sommer 2016, nach der verpassten Olympiateilnahme, nach Köln gewechselt war. Ebenfalls seinem Bauch folgend.

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Dass Gomoll überhaupt noch einmal nachdenken musste, lag an der Coronavirus-Pandemie und ihren Auswirkungen. Die eigentlich für diesen Sommer geplanten Olympischen Spiele sind um ein Jahr verschoben worden. Und da für Gomoll klar war, dass er alles unternehmen würde, um 2021 in Tokio dabei zu sein, fragte er sich, ob er nicht doch in Köln und damit in seinem gewohnten Trainingsumfeld bleiben solle. Die Gespräche mit dem BHC haben ihn aber letztlich überzeugt, „dass ich mich hier genauso gut auf Olympia vorbereiten kann“.

Vor ein paar Jahren wäre das vielleicht noch anders gewesen. Der BHC hatte – sowohl bei den Männern wie bei den Frauen – den Anschluss an die nationale Spitze verloren. Zuletzt aber hat der Klub – sowohl bei den Frauen wie bei den Männern – wieder an Boden gewonnen.

„Der BHC ist deutlich professioneller geworden“, sagt Gomoll mit dem halben Blick von außen. „Das Denken hat sich ein bisschen verändert. Jeder zieht mit, weil er Bock hat, mit der Mannschaft was zu erreichen.“ Für das neue Selbstverständnis steht nicht zuletzt seine Rückkehr aus Köln. „Das zeigt, dass der BHC mittlerweile auch ein Topverein ist“, sagt Rein van Eijk, der holländische Trainer des Klubs. Er ist an dieser Entwicklung nicht ganz unschuldig.

Die Start in die Rückrunde ging schief

Umso ärgerlicher, dass seiner Mannschaft der Start in die Rückrunde der Feldhockey-Bundesliga missglückt ist. Am Samstag verlor sie trotz Gomolls Treffer zum 1:0 auf eigenem Platz 1:2 gegen Harvestehude; am Sonntag gab es dann einen deutlichen 7:0-Erfolg gegen Großflottbek – mit zwei weiteren Toren von Jonas Gomoll. Der Ehrgeiz der Berliner ist groß. Trainer van Eijk spricht offen von der Meisterschaft, wenn auch mehr als Traum denn als klar definiertes Ziel. „Die Truppe hat auf jeden Fall das Potenzial“, sagt Gomoll. „Es ist ein guter Flow in der Mannschaft.“

Mit dem 27-Jährigen hat das Team noch einmal deutlich an Qualität gewonnen. „Joni ist ein Topspieler mit einem starken Zug zum Tor und einem sehr guten Stellungsspiel im Kreis“, sagt van Eijk. Aber auch die Statik in der Mannschaft hat sich mit ihm verändert. Van Eijk kann nun in jedem Mannschaftsteil einen aktuellen Nationalspieler aufbieten: Martin Häner in der Abwehr, Martin Zwicker im Mittelfeld – und eben Gomoll im Sturm. „Der Gegner kann sich nicht ausruhen“, sagt van Eijk.

Gomolls Talent ist schon früh aufgefallen. Mit der deutschen U 21 wurde er 2013 Weltmeister, sein damaliger Trainer Jami Mülders hat ihm das „Potenzial zum Weltklassestürmer“ bescheinigt. Doch Gomolls Karriere ist nicht linear immer nur nach oben verlaufen. 2016 wurde er als letzter Spieler aus dem Aufgebot für Olympia in Rio gestrichen, zwei Jahre später hatte er lange mit einer Adduktorenverletzung zu kämpfen. So kommt Gomoll bisher auf gerade mal 46 Länderspiele.

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Dass er seit 2019 wieder Nationalspieler ist und im vorläufigen Kader für Olympia stand, hat auch etwas mit diesen Rückschlägen zu tun. Während der Verletzungspause hat Gomoll sein Studium des Wirtschaftsingenieurswesen entscheidend vorangetrieben und inzwischen mit dem Bachelor abgeschlossen. „Dadurch habe ich ein bisschen mehr innere Ruhe gefunden“, erzählt er. Und eine gewisse Leichtigkeit, die er früher nicht hatte. Denn was soll ihm schon passieren? Mit der Ausbootung kurz vor Olympia 2016 habe er schließlich „das Schlimmste erlebt, was man als Sportler erleben kann“.

Jetzt will er noch mal versuchen und alles geben. Nicht um anderen zu imponieren, sondern allein um mit sich selbst zufrieden zu sein. „Bisher hat das ganz gut geklappt.“ Beim BHC passt er perfekt in die Philosophie von Trainer van Eijk. „Wir wollen uns über die Breite des Kaders und über eine klare Identität präsentieren“, sagt er. Gomoll hat schon mit vier Jahren für den BHC gespielt, er stärkt das Berliner Element und steht auch für die Fokussierung auf die eigene Jugend. „Um die beiden Platzhirsche Häner und Zwicker herum hat sich eine sehr gute Bundesligamannschaft mit sehr großem Potenzial entwickelt“, sagt Gomoll.

Dass Trainer van Eijk das Niveau im Training als „sehr griffig“ empfindet, dazu trägt auch Rückkehrer Gomoll bei. „Er kommt sehr gut an, ist sehr sympathisch und sehr ehrgeizig. Im Training hat er sogar schon die Schiedsrichter bepöbelt“, erzählt van Eijk. „Das ist ein gutes Zeichen.“

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