zum Hauptinhalt
Friederike Schloms ist Pferdetrainerin und arbeitete zuvor als tiermedizinische Fachangestellte

© imago images/Galoppfoto

Renntag der Herzen in Hoppegarten: Im Rennstall von Schloms ist das Tierwohl gelebter Alltag

Im Rennstall von Friederike Schloms zählen nicht nur Titel und Pokale. Das Wohl der Pferde steht im Vordergrund, ebenso wie soziale Interaktionen.

Wenn Friederike Schloms den Stall betritt, ändert sich schlagartig die Atmosphäre. Stroh raschelt, neugierig schauen die Hengste und Stuten, die sie hier im Rennstall am Holländer in Neuenhagen betreut, durch das Fenster ihrer Boxen. Man spürt Erwartungen, aber vor allem die gegenseitige Wertschätzung zwischen der 32 Jahre alten Pferdetrainerin und den insgesamt 24 Tieren, die derzeit hier ihr Zuhause haben.

Insbesondere die Stute Go West sehnt sich an diesem Vormittag nach ein paar Streicheleinheiten. Womöglich spürt sie schon eine gewisse Anspannung, denn an diesem Sonntag wird sie auf der Galopprennbahn in Hoppegarten (Beginn 11.30 Uhr), die nur wenige Minuten vom Rennstall entfernt liegt, im letzten Rennen dieses Jahres an den Start gehen. Mit dem sogenannten Renntag der Herzen endet die Saison.

Seit zwei Jahren arbeitet Schloms als Trainerin – es waren besondere Umstände während der Coronapandemie. „Natürlich haben wir uns manchmal gefragt: Machen wir überhaupt weiter?“, sagt Schloms. Mit „wir“ meint sie vor allem ihre Mutter Gabriele, die Geschäftsführerin des Rennstalls. Kurz bevor abzusehen war, wie das Coronavirus das Leben im Allgemeinen und den Rennsport im Speziellen beeinflusst, hatten die Frauen einiges investiert und umgebaut für den Neustart des Rennstalls. „Da hatten wir ja nicht im Geringsten daran gedacht, dass wir erst gar keine Rennen durchführen können und dann später Veranstaltungen ohne Zuschauer stattfinden müssen.“

Zuvor war Uwe Stech am Rennstall Trainer, der langjährige Lebensgefährte der Mutter. Doch die Ehe ging in die Brüche, sportlich lief es zuletzt nicht mehr. „Ich hatte auch das Gefühl, dass er die Lust am Sport verloren hatte“, sagt die Mutter. Mit Tochter Friederike, die zuvor bereits umfassend in die Arbeit am Rennstall involviert war, sollte das Rennsport-Unternehmen ein neues Gesicht bekommen. Für sie war auch klar, dass es beim Trainingskonzept Veränderungen geben muss.

Tierwohl ist hier keine Etikette

Ihre Augen schweifen dabei über die Anlage, zu der 20.000 Quadratmeter Graskoppeln und rund 5000 Quadratmeter Sandpaddocks gehören. „Die Pferde sollen sich freier bewegen können und auch mal entspannt in der Sonne stehen dürfen.“ Zudem sei auch im Pferdesport soziale Interaktion nicht zu unterschätzen.

Am Sonntag findet auf der Galopprennbahn in Hoppegarten das letzte Rennen der Saison statt.

© imago

Schloms hat ihren Galoppern einen Gefährten an die Seite gestellt. Little Steward heißt der Ponyhengst, der zusammen mit den Rennpferden auf der Koppel steht und auch mal als Begleitung mit auf Reisen geht. „Auch einem Tier tut es auf Dauer nicht gut, wenn es zu viel allein ist“, sagt sie.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können]

Schloms arbeitete zuvor als tiermedizinische Fachangestellte und spezialisierte sich später auf Tierphysiotherapie. Man merkt hier, dass Tierwohl hier keine Etikette, sondern gelebter Alltag ist. „Gut möglich, dass wir Frauen auch etwas einfühlsamer sind“, sagt sie und lächelt, „im Alltag ist das ja nicht anders.“ Dennoch sind Frauen in führenden Rollen im Galoppsport klar in der Unterzahl. Schloms hofft, dass sich das ändert.

Der Rennstall am Holländer in Neuenhagen zählt sechs angestellte Mitarbeiter:innen – inklusive der Trainerin. Perspektivisch sollen rund 30 Tiere hier ein Zuhause finden, entsprechend sucht das Unternehmen nach Verstärkung. Ein gar nicht so leichtes Unterfangen, denn die Chemie im Stall spiele eine ganz entscheidende Rolle über Erfolg und Misserfolg eines Galopp-Unternehmens.

Schloms sucht die Schuld nie bei den Pferden

Im Pferdesport haben Nuancen oftmals große Auswirkungen auf den Ausgang eines Rennens. Der falsche Boden, ein missglückter Ritt durch den Jockey oder die Jockette sowie ein ungünstiger Rennverlauf können große Hoffnungen schnell verpuffen lassen. In solchen Fällen sucht Schloms allerdings nie die Schuld bei den Pferden. Das versucht sie auch stets den Besitzerinnen und Besitzern der Pferde zu vermitteln.

Der enge Austausch mit ihnen gehört genauso zur Arbeit der Trainerin. Schloms sagt: „Die Besitzer müssen das Gefühl haben, dass das Pferd bei mir in besten Händen ist.“ Und das gehe weit über Siege und Pokale hinaus.

Aber natürlich bleiben gerade die triumphalen Momente in besonderer Erinnerung. So wie an Schloms’ erstem Renntag in Hoppegarten als Trainerin im Mai 2020. Stute Viva la Corsa sorgte für einen sportlichen Traumeinstand, auch wenn keine Zuschauer dabei sein durften. „Wir haben die Feier hier im Stall nachgeholt, und man hat gemerkt, wie sie das genossen hat“, erinnert sich die Trainerin. Dieses Pferd wird demnächst allerdings umziehen, dann beginnt ihre Karriere als Zuchtstute. „Das macht mich natürlich ein bisschen traurig, aber ich gönne ihr total, Mama zu sein“, sagt Schloms. Es ist ein weiterer dieser Momente, in dem deutlich wird, dass der Pferde-Rennsport so viel mehr sein kann als die Hatz über das Geläuf.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false