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Corona und die Verschiebung der Spiele zehrten an Elena Krawzow.

© Reuters

Elena Krawzow bei den Paralympics: Im Aufholsprint zum Doppeltriumph

Vor den Spielen wurde die sehbeeinträchtigte Schwimmerin Elena Krawzow in eine höhere Klasse gestuft. Ihrer Konkurrenz schwamm sie nun trotzdem davon.

Elena Krawzow kann sehr direkt sein, zumindest auf Instagram. Dann schreibt die Schwimmerin zum Beispiel, dass ihre Zeiten „richtig beschissen“ waren. Oder sie teilt mit, wie unzufrieden sie mit der Organisation mancher Wettkämpfe ist. Oder wie es ihrer Schulter geht. Sie wurde im Sommer 2020 an der linken Schulter operiert. Am Mittwoch aber ist alles anders, an diesem Tag lässt Krawzow noch mit ihrem Post auf sich warten. Sie hat sicherlich anderes im Kopf.

Elena Krawzow hat nochmal einen draufgesetzt – und damit Gold bei den Paralympics gewonnen. Über 100 Meter Brust in der Startklasse SB13. Die Distanz legte sie in 1:13,46 Minuten zurück. Für die 27-jährige Deutsche ist das die zweite paralympische Medaille, in London 2012 holte sie Silber. Damals noch in der Startklasse SB12. Die Goldmedaille ist vielleicht der Höhepunkt von Krawzows Karriere – und das trotz vieler Widrigkeiten.

Krawzow, in Kasachstan geboren, kam 2005 nach Bamberg. Im Alter von sieben Jahren brach bei ihr die Erbkrankheit Morbus Stargardt aus. Ihre Sehfähigkeit ist stark eingeschränkt, zuletzt betrug sie nur noch wenige Prozent. Trotzdem wurde sie hochgestuft, von der Startklasse SB12 zu SB13, in eine Klasse mit geringerem Behinderungsgrad. Zum Unverständnis von Krawzow und der Bundestrainerin Ute Schinkitz. „Es ist ein ewiges Hin und Her bei allen Athleten: Mal schwimmt man in der Startklasse 12, dann wieder in der 13. Wir sind alle schon gegeneinander geschwommen“, sagte Krawzow noch vor Beginn der Paralympics.

Zwischendurch sah es düster aus für Elena Krawzow

Schon in Rio startete Krawzow mit Medaillenambitionen. Aus dem erhofften Gold wurde aber nur ein fünfter Platz, zu ihrer großen Enttäuschung. Auf die Spiele in Tokio arbeitete sie seitdem umso mehr hin. Corona und die Verschiebung zehrten an ihr, vor allem mental. Auch die Schulter-OP hat ihr noch lange nach dem Eingriff zuschaffengemacht. Mit dem Sprint zur Goldmedaille hat sie jetzt allen gezeigt, dass sie es kann. Trotz der Startklasse, trotz Corona, trotz aller Konkurrentinnen. „Mir ist jetzt ein Stein vom Herzen gefallen“, sagte Krawzow kurz nach dem Wettkampf dem ZDF.

Zwischendurch sah es düster aus für Elena Krawzow. Auf der Hälfte der Strecke, kurz vor und nach der Wende im paralympischen Becken, schien die britische Schwimmerin Rebecca Redfern auf und davon zu sein. Etwa eine halbe Körperlänge Vorsprung hatte Redfern vor der deutschen Schwimmerin, eine riesige Distanz bei kurzen Wettkampfstrecken. Aber Krawzow gab nicht auf, holte irgendwoher noch Energie, legte an Tempo zu. Und schob sich vor Redfern.

Ihr Sieg am Mittwoch dürfte Krazow noch einmal berühmter gemacht haben: 2015 trat die Schwimmerin dem renommierten Berliner Schwimmteam bei, 2019 wurde sie als Berlins Sportlerin des Jahres ausgezeichnet. Und das als erst dritte Para-Athletin überhaupt.

Nur wenige Minuten bevor Elena Krawzow ins paralympische Becken stieg, holte bereits ein anderer deutscher Athlet Gold: Taliso Engel unterbot seinen in den Vorläufen aufgestellten Weltrekord und schwamm ebenfalls zum ersten Platz. Die Disziplin: wieder 100 Meter Brust, in der Startklasse SB13. Doppel-Gold für Deutschland. Und genau diesen Moment hielt Elena Krawzow dann natürlich doch noch fest. Auf ihrem Instagramkanal erschien nach den letzten Starts der beiden Schwimmer in Tokio ein gemeinsames Bild, auf dem sie mit ihren Medaillen um die Wette strahlen.

Dieser Text ist Teil der diesjährigen Paralympics Zeitung. Alle Texte unserer Digitalen Serie finden Sie hier. Alle aktuellen Entscheidungen und Entwicklungen lesen Sie in unserem Paralympics Blog. 

Max Fluder

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