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Taliso Engel freut sich über seine Goldmedaille.

© Reuters

Perfektes Debüt bei den Paralympics: Ein Engel fliegt zu Gold

Para-Schwimmer Taliso Engel stellt an einem Tag gleich zweimal einen Weltrekord auf und gewinnt über 100 Meter Brust die Goldmedaille.

Er hat es geschafft. Gold und Weltrekord für Taliso Engel über 100 Meter Brust. Wochen und Jahre des Trainings zahlen sich in nur einer Minute und 2,97 Sekunden aus. Genau so lange braucht Engel am Mittwoch vom Startblock bis zurück zum Beckenrand. Als Paralympics-Neuling springt der 19-Jährige ins Wasser und als Gold-Medaillensieger steigt er aus dem Becken. Mit einer Wahnsinnsleistung drückt er den von ihm im Vorlauf aufgestellten Weltrekord noch einmal um einige Millisekunden nach unten.

Auf den ersten 50 Metern liefert er sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Amerikaner David Henry Abrahams und den Kasachen Nurdaulet Zhumagali, schafft es nur eine Handbreit vor ihnen anzuschlagen und als erster auf die zweiten und letzten 50 Meter zu starten. Und als würde er nicht schon alles geben, zieht Engel noch einmal an, kämpft sich weiter nach vorne. Die gelbe Weltrekord-Linie wird im Fernsehen eingeblendet und Zug um Zug setzt sich Engel von seinen Konkurrenten ab, schlägt mit gut einer halben Körperlänge Vorsprung an: Gold und Weltrekord für Engel, für Deutschland. Nach neun Jahren ist es nach den Erfolgen von Kirsten Bruhn in London 2012 die erste Goldmedaille für das deutsche Schwimmteam.

Ein Platz auf dem Podest war das Ziel

„Es war ein anderes Gefühl als bei der WM. Da war eine Menge mehr Druck und ich musste irgendwie versuchen dagegenzuhalten, aber es hat scheinbar echt gut geklappt“, beschreibt Engel gewohnt bescheiden das Rennen im ZDF. Schon vor den Paralympischen Spielen betont er immer wieder: „Mein Ziel ist es, Bestleistungen zu schwimmen und es, wenn es geht, unter die ersten Drei zu schaffen.“ Dieses Ziel hat sich Engel nun mehr als erfüllt. Und auch Mutter Cosima Engel, die den Wettkampf von zu Hause per Livestream verfolgte, dürfte mehr als Stolz auf ihren Sohn sein. Noch am Tag vor dem Wettkampf berichtet sie dem Tagesspiegel: „Wir haben heute noch einmal telefoniert und ihm gesagt, dass wir ihm alle die Daumen drücken und dass er bitte immer im Hinterkopf behalten soll, dass er ein toller Typ ist mit oder ohne Medaille. Und dass wir ihn lieb haben.“

Als Europa- und Weltmeister startet er ins Rennen

Dass Engel es drauf hat, hat der Schwimmer schon bei der Weltmeisterschaft 2019 bewiesen, als er über dieselbe Distanz überraschend den ersten Platz belegte. Im Mai 2021 folgte dann der Europameister-Titel für den sehbeeinträchtigten Sportler in der Startklasse SB13. Danach wird er zusammen mit Elena Krawzow, die ebenfalls am Mittwoch über 100 Meter Brust Gold gewonnen hat, in den Medien als Medaillen-Favorit angepriesen. Viel Druck für ihren Sohn, findet Cosima Engel.

Mit den Augen hinter der leicht verspiegelten Schwimmbrille versteckt, ist Taliso Engel am Mittwoch keine Aufregung beim Einmarsch zu seinem Finalrennen anzumerken. Einmal kurz zuckt er mit dem Arm, als müsse er die Anspannung loswerden. An seinem Startblock angekommen, atmet er mehrmals tief durch, rückt seine Schwimmkappe zurecht und schlägt sich auf die Oberschenkel. Dann ist es so weit und ein Engel fliegt zu Gold.

Elena Deutscher

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