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Loris Karius wurde nach seiner Einwechslung einmal gefordert und wehrte in der Nachspielzeit einen Kopfball zur Ecke ab.

© Andreas Gora/dpa

Unions Loris Karius unzufrieden mit seiner Rolle: „Ich sehe mich hier ganz klar im Tor“

Weil sich Andreas Luthe verletzte, kam Loris Karius gegen Gladbach zu seinem Ligadebüt für den 1. FC Union. Trainer Urs Fischer sieht jedoch keinen Grund für eine Torwartdiskussion.

Monatelang war nicht viel zu hören gewesen von Loris Karius. Dass die 27 Jahre alte Leihgabe vom FC Liverpool mit ihrer Ersatzrolle beim 1. FC Union zu kämpfen hatte, war klar. Äußern wollte sich der Torwart dazu aber nicht und in den Sozialen Medien waren vor allem private Fotos zu sehen. Karius auf dem Fahrrad, Karius mit Hund, Karius im Schnee. Am Samstagnachmittag um kurz vor 17 Uhr trat nun der Fußballprofi Loris Karius mal wieder in Erscheinung. Weil Stammtorwart Andreas Luthe nach einem Zusammenprall mit Schwindelgefühlen nicht weiterspielen konnte, kam sein Ersatzmann zu seinem ersten Bundesliga-Einsatz für Union.

Inklusive Nachspielzeit stand Karius eine knappe halbe Stunde auf dem Platz, parierte einen Kopfball – und sprach nach dem 1:1 gegen Borussia Mönchengladbach in einem TV-Interview über seine schwierige Situation als Nummer zwei. „Das ist nicht mein Anspruch und ich sehe mich hier ganz klar im Tor“, sagte Karius.

Sein Trainer sieht das allerdings gänzlich anders. Urs Fischer hat sich zu Saisonbeginn auf Luthe als Nummer eins festgelegt, hat trotz vereinzelter Wackler und einer medialen Torwartdiskussion im Dezember an ihm festgehalten und dieses Vertrauen auch am Samstag noch mal bekräftigt. „Ich wüsste nicht, wieso eine Debatte ausbrechen sollte“, sagte Fischer. „Andi hat es bisher sehr gut gemacht.“

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Dass ihm die Argumente für einen Torwartwechsel fehlen, weiß auch Karius selbst. Er kam erst nach dem Bundesligastart, verpasste dadurch die Vorbereitung und hatte das Pech, dass sein Konkurrent sich in der starken Hinrunde kaum Blößen gab. „In den ersten ein, zwei Spielen wurde die Situation für Andi gewertet und seitdem haben wir fast kein Spiel mehr verloren“, sagte Karius. „Für die Mannschaft war es ein Top-Lauf. Das muss man dann akzeptieren, es ist aber extrem bitter für mich.“

Im Sommer war der Torwart kurz vor Transferschluss vom FC Liverpool nach Berlin ausgeliehen worden. Das Ziel war klar: Karius sollte bei Union Spielpraxis bekommen, auf die er beim englischen Meister keine Chance hatte. In den vergangenen zwei Saisons stand er auf Leihbasis bei Besiktas Istanbul unter Vertrag, war dort die klare Nummer eins und spielte sogar in der Europa League. Sportlich galt der Wechsel zu Union als Rückschritt; dass er in Berlin nur auf der Bank sitzt, ist auch für seine weitere Karriere ein Problem.

Andreas Luthe wurde am Samstag mit Schwindelgefühlen ausgewechselt.

© John MACDOUGALL / AFP

In Liverpool hat Karius einen Vertrag bis 2022. Seit dem unglücklichen Champions-League-Finale 2018 und der anschließenden Verpflichtung des Brasilianers Alisson Becker für mehr als 60 Millionen Euro hat er allerdings keine Perspektive mehr im Team von Jürgen Klopp. Bei Union waren sie sich schon bei der Verpflichtung bewusst, dass sie sich einen Spieler von Karius‘ Gehaltsklasse nicht langfristig leisten können. Daher ist es für diesen besonders wichtig, sich in dieser Saison für einen neuen Verein und einen neuen Vertrag zu präsentieren.

Bisher hatte er dazu kaum Möglichkeiten. Die Einwechslung gegen Gladbach war erst der zweite Pflichtspieleinsatz nach dem Pokalspiel kurz vor Weihnachten, als Union mit 2:3 gegen Paderborn ausschied. Gegen Gladbach blieb Karius immerhin ohne Gegentor. „Loris hat uns den Punkt noch festgehalten“, sagte Abwehrspieler Robin Knoche.

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An der Torwarthierarchie ändert diese knappe halbe Stunde allerdings nichts. Fischer war selbst Fußballprofi und hat daher Verständnis für die Unzufriedenheit seines Ersatztorwarts. „Natürlich ist Loris nicht ganz zufrieden mit seiner Situation, aber er akzeptiert seine Rolle und macht das aus meiner Sicht gut, auch wenn es ihm nicht so gefällt“, sagte der Schweizer Trainer.

Es deutet also vieles darauf hin, dass Karius am kommenden Samstag an seiner alten Wirkungsstätte in Mainz wieder den Platz auf der Ersatzbank einnehmen muss. Aus sportlicher Sicht hat sich Fischer langfristig auf Luthe festgelegt – und auch aus gesundheitlicher Sicht scheint Luthe den Zusammenprall mit seinem Mitspieler Robin Knoche und Gladbachs Marcus Thuram einigermaßen glimpflich überstanden zu haben. Zwar stünde eine genaue Untersuchung noch aus, ihm gehe es aber den Umständen entsprechend gut, sagte Fischer nach dem Spiel. „Ihm war schwindlig, als er aufgestanden ist und da liegt es auch in unserer Verantwortung, einen Wechsel vorzunehmen.“ Am Sonntag meldete sich Luthe in den Sozialen Medien zu Wort. „Kopfschmerzen und ein weiterer Punkt“, schrieb er versehen mit einem lachenden Emoticon. Danach war Karius trotz seines Ligadebüts eher nicht zumute.

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