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Deutschlands Thomas Müller (l) jubelt nach seinem Tor zum 1:0 mit Serge Gnabry.

© dpa/David Inderlied

Update

Gelungenes Comeback für Teamchef Rudi Völler : „Es war ein kleiner emotionaler Befreiungsschlag“

Nach dem Debakel gegen Japan und der Entlassung von Bundestrainer Flick zeigt die Nationalmannschaft beim 2:1 gegen Frankreich eine überzeugende Reaktion.

Fünf Minuten dauerte es, bis der alte Zauber wieder da war. „Rudi Völler!“, riefen die Zuschauer im Dortmunder Stadion. „Rudi Völler!“ 1:0 führte die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, und in geradezu rekordverdächtiger Geschwindigkeit hatte sich die bleierne Schwere verflüchtigt, die in den vergangenen Tagen, Wochen und Monaten auf dem Team gelegen hatte.

So ungefähr dürften sie sich das vorgestellt haben beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) nach der Trennung vom bisherigen Bundestrainer Hansi Flick. Der Plan ist aufgegangen. Im ersten Spiel nach Flick, bei Rudi Völlers Comeback als Teamchef, feierten die Deutschen nicht nur einen kaum erwarteten 2:1 (1:0)-Erfolg gegen Vizeweltmeister Frankreich. Die Mannschaft zeigte auch ein anderes Gesicht als zuletzt unter Flick.

„Es war ein kleiner emotionaler Befreiungsschlag“, sagte Thomas Müller. „Am Ende haben wir’s sehr gut umgesetzt. Wir waren fleißig und haben uns in den richtigen Momenten belohnt.“ Mit einem frühen Tor zum 1:0 durch Müller selbst und ein spätes zum 2:0 durch Leroy Sané. Der Anschlusstreffer durch einen Foulelfmeter von Antoine Griezmann kam zu spät.

Völlers Rückkehr auf die Trainerbank soll trotz des erfolgreichen Comebacks eine einmalige Sache bleiben. Bis zu den nächsten Länderspielen im Oktober will der DFB einen Nachfolger für Flick gefunden haben. Einen Deutschen wie Julian Nagelsmann? Oder einen Ausländer wie Louis van Gaal? „Im Moment schließen wir keine Option aus“, sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf vor dem Spiel in der ARD.

Personell hielten sich die Veränderungen, die das neue Trainerteam für das Spiel gegen Frankreich vorgenommen hatte, in Grenzen. Die beiden Außenverteidiger Benjamin Henrichs und Jonathan Tah waren neu im Team (für Nico Schlotterbeck und den angeschlagenen Joshua Kimmich), außerdem ersetzte Thomas Müller Kai Havertz in der Spitze.

Mit neuer Energie. Benjamin Henrichs im Duell mit dem Franzosen Kingsley Coman.
Mit neuer Energie. Benjamin Henrichs im Duell mit dem Franzosen Kingsley Coman.

© imago/Beautiful Sports/IMAGO/BEAUTIFUL SPORTS/Meusel

Angesichts der komplizierten Gesamtsituation war die Aufstellung ohnehin weniger wichtig als die Einstellung der Mannschaft. Die Botschaft schien auch bei den deutschen Spielern angekommen zu sein, die mit deutlich mehr Verve ins Spiel gingen als drei Tage zuvor bei der Niederlage gegen Japan, die Flick letztlich den Job gekostet hatte. „Wir wussten, wir müssen über die Arbeitsmoral kommen“, sagte Müller.

Bezeichnend für den anfänglichen Eifer war die Entstehung des frühen Führungstreffers. Kapitän Ilkay Gündogan verlor im Mittelfeld den Ball, erkämpfte ihn sich aber auch kurz vor dem eigenen Strafraum wieder zurück. Aus dieser Balleroberung entstand der Angriff, an dessen Ende Thomas Müller aus gut sechs Metern zum 1:0 traf. Für den Münchner war es im 123. Einsatz für die Nationalmannschaft das 45. Länderspieltor, sein erstes seit 15 Monaten.

Wir wussten, wir müssen über die Arbeitsmoral kommen

Nationalspieler Thomas Müller

Das deutsche Team attackierte die Franzosen mit großem Eifer und ließ die – so Völler – beste Mannschaft Europas dadurch nicht ins Spiel kommen. Serge Gnabry, der das 1:0 zusammen mit Henrichs eingeleitet hatte, besaß noch in der Anfangsphase eine weitere Gelegenheit, verpasste mit seinem Schlenzer aber das Tor.

Defensiv war die Nationalmannschaft wesentlich aufmerksamer als noch gegen Japan. So kam die überragende französische Offensive lange nicht in Fahrt. Ein bisschen Glück hatten die Hausherren auch: als nämlich ein Schubser von Antonio Rüdiger gegen den früheren Frankfurter Randal Kolo Muani im eigenen Strafraum nicht mit einem möglichen Elfmeter sanktioniert wurde.

Erst gegen Ende der ersten Hälfte wurden die Franzosen dominanter. Kolo Muani verfehlte nach einer halben Stunde mit dem ersten Torschuss noch deutlich das Ziel, beim Kopfball von Aurelien Tchouameni im Anschluss an einen Freistoß von Kapitän Antoine Griezmann musste Torhüter Marc-André ter Stegen dann erstmals eingreifen.

„Die erste halbe Stunde war schon eine Topleistung“, sagte Rudi Völler. „In der zweiten Hälfte haben wir wunderbar gefightet, sehr stabil gestanden und wenig zugelassen.“ Die Deutschen blieben eifrig, gaben keinen Ball verloren, sahen sich aber zusehends immer mehr in die Defensive gedrängt. Tchouameni scheiterte ein weiteres Mal an ter Stegen, diesmal mit einem Weitschuss.

Erst gegen Schluss der Partie wurde es noch einmal aufregend. Zunächst brachte Leroy Sané die Deutschen 2:0 in Führung, doch fast im Gegenzug verursachte er dann im eigenen Strafraum einen Foulelfmeter, den Griezmann zum 1:2-Endstand verwandelte. So feierten die Deutschen nach sechs vergeblichen Versuchen mal wieder einen Sieg gegen Frankreich. Zuletzt war ihnen das 2014 gelungen, im Viertelfinale der WM in Brasilien.

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