zum Hauptinhalt
Geht voran: Lina Magull (links) muss mit ihren herausragenden Fähigkeiten am Ball für die Kreativität im deutschen Spiel sorgen.

© dpa/Sebastian Gollnow

Der Kader der Fußball-Europameisterschaft 2022: Für die DFB-Frauen ist die EM reine Kopfsache

Spielerisch kann Deutschland mit den Topmannschaften mithalten, aber mental gab es zuletzt häufiger Probleme. An diesem Freitag startet das Team gegen Dänemark.

Deutschland ist eine Nation, die allein, was den Kader betrifft, zum Favoritinnen-Kreis bei der Fußball-EM gezählt werden muss. Das ist nicht erst seit diesem Turnier so. Womit die deutschen Fußballerinnen in der Vergangenheit oft Probleme hatten, war die mentale Stärke. Gerieten sie mal in Rückstand, gelang es ihnen nur selten, das Spiel wieder zu drehen. So zum Beispiel bei der letzten WM, als sie im Viertelfinale gegen Schweden nach einer 1:0-Führung 1:2 verloren.

Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat sich das Spiel oft angeschaut und sagte auf der Pressekonferenz vor der Abreise nach England: „Vielleicht habe ich auch die eine oder andere überfordert.“ Das sei jetzt aber besser geworden. Man habe viel Wissen zusammengetragen und sei miteinander gewachsen. Ein Eingeständnis, das Hoffnung macht. Darauf, dass sich das Team gefunden hat.

Durch die Ausfälle der erfahrenen Melanie Leupolz, die schwanger ist, und Dzsenifer Marozsan (Kreuzbandriss) dürfte die Aufgabe nicht einfacher geworden sein, aber vielleicht etwas spannender. Der Kader ist eine bunte Mischung aus sehr vielen jungen Spielerinnen und einigen erfahrenen Profis. Die Aufgabe Voss-Tecklenburgs wird es sein, daraus eine Einheit zu formen, die ihr spielerisches Potenzial auf den Platz bringt.

Auf der Position der Torwärtin ist Merle Frohms, die nach der EM zum VfL Wolfsburg wechseln wird, gesetzt. Die 27-Jährige hat sich in Frankfurt zur absoluten Topkeeperin entwickelt und damit Almuth Schult als Nummer eins abgelöst. Schult bleibt mit ihrer Erfahrung und der Präsenz abseits des Platzes aber eine enorm wichtige Stütze des Teams. Komplettiert wird das Trio von Ann-Katrin Berger, die aktuell neben Sara Däbritz und Schult die dritte Spielerin im Kader ist, die ihr Geld im Ausland verdient, beim FC Chelsea.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

In der Defensive herrscht Qualität statt Quantität

Müsste man im Kader eine Schwäche ausmachen, wären es wohl die Außenpositionen hinten. Qualität ist auch dort vorhanden, es hapert eher an der Quantität. Mit Felicitas Rauch wurde eine Innenverteidigerin umgeschult, die wahrscheinlich auf der linken Seite spielen wird.

Tor Trikotnummer Alter Verein
Merle Frohms 1 27 Eintracht Frankfurt
Almuth Schult 12 31 VfL Wolfsburg
Ann-Katrin Berger 21 31 FC Chelsea
Abwehr
Sophia Kleinherne 2 22 Eintracht Frankfurt
Kathrin Hendrich 3 30 VfL Wolfsburg
Marina Hegering 5 32 VfL Wolfsburg
Giulia Gwinn 15 23 Bayern München
Felicitas Rauch 17 26 VfL Wolfsburg
Sara Doorsoun 23 30 Eintracht Frankfurt
Mittelfeld
Lena Lattwein 4 22 VfL Wolfsburg
Lena Oberdorf 6 20 VfL Wolfsburg
Sydney Lohmann 8 22 Bayern München
Laura Freigang 10 24 Eintracht Frankfurt
Sara Däbritz 13 27 Olympique Lyon
Nicole Anyomi 14 22 Eintracht Frankfurt
Linda Dallmann 16 27 Bayern München
Klara Bühl 19 21 Bayern München
Lina Magull 20 27 Bayern München
Jule Brand 22 20 VfL Wolfsburg
Sturm
Lea Schüller 7 24 Bayern München
Svenja Huth 9 31 VfL Wolfsburg
Alexandra Popp 11 31 VfL Wolfsburg
Tabea Waßmuth 18 25 VfL Wolfsburg

Bereits früh wurde in Zusammenarbeit mit ihrem Verein, dem VfL Wolfsburg, an der Umstellung gearbeitet, wodurch sie zur festen Größe geworden ist. Ihre Stärken hat Rauch eher in der Defensive, mit guten Flanken und Standards ist sie aber auch in der Lage, Chancen zu kreieren.

Auf der anderen Seite wird Giulia Gwinn vom FC Bayern verteidigen, eine der Entdeckungen der WM vor drei Jahren. Nicole Anyomi ist eine weitere Spielerin, die sich beim DFB umorientieren musste, denn bei Eintracht Frankfurt wird die 22-Jährige im Mittelfeld eingesetzt. Damit Voss-Tecklenburg aber auf eine weitere Option auf dieser Position zurückgreifen kann, hat sie Anyomi auch schon in der Abwehr spielen lassen.

Im letzten Testspiel gegen die Schweiz war auf das Innenverteidigerinnen-Duo Kathrin Hendrich und Marina Hegering Verlass. Lange war Hegering eine Wackelkandidatin, da die zukünftige Wolfsburgerin in der abgelaufenen Saison bei Bayern verletzungsbedingt selten zum Einsatz kam. Hendrich hat eine starke Saison bei Wolfsburg gespielt und ist ebenfalls gesetzt. Neben den beiden hat Voss-Tecklenburg mit Sophia Kleinherne und Sara Doorsoun mehr als adäquaten Ersatz.

Der Schwerpunkt liegt auf der Offensive

Im Mittelfeld und der Offensive ist das deutsche Team sehr variabel aufgestellt ist – auch taktisch. Was steht, ist die Doppelsechs mit Lena Oberdorf und Sara Däbritz, die beide ein Spiel kontrollieren können.

Oberdorf ist mit ihren 20 Jahren sehr jung, besticht aber durch ihre körperliche Präsenz und bringt von der WM 2019 Turniererfahrung mit. Die 27-jährige Däbritz ist eine der Leistungsträgerinnen und konnte nach muskulären Problemen am Mittwoch auch wieder am Mannschaftstraining teilnehmen. Falls Däbritz nicht spielen kann, stünde mit der Wolfsburgerin Lena Lattwein Ersatz parat.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Auf der linken Außenbahn wird kein Weg an der erst 21-jährigen Klara Bühl vorbeigehen. Ihre Topform stellte sie beim 7:0-Sieg gegen die Schweiz unter Beweis mit drei Toren und einer Vorlage. Daneben wird es in der Offensive vor allem auf Svenja Huth ankommen. Die Wolfsburgerin war eine der besten Spielerinnen der Saison und wird das Team als Kapitänin auf den Platz führen.

Huth und Lina Magull, die mit ihren herausragenden Fähigkeiten am Ball für die Kreativität zuständig ist, werden die Lücke von Leupolz und Marozsan füllen müssen. In der Offensive hat Voss-Tecklenburg die Qual der Wahl, denn mit Linda Dallmann, Jule Brand und den beiden Wolfsburgerinnen Alexandra Popp und Tabea Waßmuth, gibt es Alternativen, von denen andere Nationen nur träumen können.

Stoßstürmerin oder falsche Neun in der Spitze?

Im Angriff stehen der Bundestrainerin sehr unterschiedliche Spielerinnen zur Verfügung. Während Lea Schüller, Torschützenkönigin der Bundesliga und mit die kopfballstärkste Spielerin bei der EM, und Alex Popp eher als Stoßstürmerinnen auftreten, haben Laura Freigang und Sydney Lohmann ihre Stärken als hängende Spitzen. Je nach Aufstellung wird sich das Spielsystem von Deutschland verändern, was die Mannschaft schwer einschätzbar macht für ihre Gegnerinnen.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Das DFB-Team wird also mit einem starken EM-Kader an den Start gehen und die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Turnier sind vorhanden. Voss-Tecklenburg hat sich bewusst dazu entschieden, nur einen Test vor der EM zu absolvieren, um mehr Raum für Trainingszeit zu lassen, und sich als Team zu finden.

Das 7:0 gegen die Schweiz war zwar ein voller Erfolg, darf aber auch nicht als Gradmesser gesehen werden. Am Ende wird es darauf ankommen, wie die deutschen Fußballerinnen mental auftreten werden – und ob sie sich auch bei schwierigen Spielverläufen nicht aus der Bahn werfen lassen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false