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Ironman-EM der Männer in Hamburg: Jan Frodeno aus Deutschland läuft ins Ziel ein.

© dpa/Markus Tischler

Update

„Es war so chaotisch, es war so krass“: Frodeno kritisiert Motorradverkehr nach tödlichem Unfall bei Ironman-EM

Beim Triathlon in Hamburg ist ein Motorradfahrer ums Leben gekommen. Das Rennen wurde nicht abgebrochen. Die Entscheidung darüber wurde in den USA getroffen, hieß es.

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Der Unfalltod eines Fahrers eines Kamerabegleitmotorrads hat bei der Ironman-Europameisterschaft in Hamburg Entsetzen ausgelöst. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei stieß das von einem 70-jährigen Fahrer gesteuerte Begleitmotorrad aus noch ungeklärter Ursache frontal mit dem 26-jährigen Sportler zusammen. An dieser Stelle der Strecke begegneten sich Motorrad und Wettkampfteilnehmer auf voneinander getrennten Fahrspuren. Der Einsatzleiter der Polizei bestätigte der ARD-„Sportschau“, dass der Motorradfahrer noch an der Unfallstelle gestorben sei.

Der Unfall geschah nur wenige Meter hinter dem dreimaligen Weltmeister Jan Frodeno. Direkt nach seinem Zieleinlauf sagte er: „Ich habe den Radfahrer vor mir gesehen und bin gerade so rumgekommen, dachte mir: Fuck. Habe mich umgedreht, den Motorradfahrer am Boden gesehen und dachte mir: Das kann nicht gut sein.“

Erst nach dem Lauf habe er dann erfahren, dass der Motorradfahrer gestorben ist. „Es war so chaotisch, es war so krass. Ich habe eben gerade gehört, dass der Motorradfahrer verstorben ist und mehr muss man dazu eigentlich gar nicht sagen. Ich war direkt nebendran und habe das Fahrrad in gefühlt 1000 Teile zerspringen sehen.“ Der deutsche Triathlon-Superstar weiter: „Da ist alles andere zweit, dritt- oder fünftrangig. Mein ganz herzliches Beileid an die Verbliebenen..

Es sind viel zu viele Motorräder unterwegs.

 Sebastian Kienle, früherer Ironman-Weltmeister und ARD-Co-Kommentator während der Live-Übertragung

Anschließend kritisierte der Ironman-Star den Motorradverkehr auf der Strecke, der eine große Gefahr für die Teilnehmer dargestellt habe. „Also rein sportlich gesehen war es nicht fair, weil die Motorräder einfach viel zu nah dran waren. Sie sind in der Gruppe gefahren. Es war eine völlige Farce“, zitierte ihn die „Bild“.

In der ARD-Liveübertragung hatte auch der frühere Ironman-Weltmeister Sebastian Kienle als Co-Kommentator gesagt: „Es sind viel zu viele Motorräder unterwegs.“ Bedenken hatte es schon vor dem Rennen wegen der an einigen Stellen engen Radstrecke gegeben.

Der Teilnehmer sei schwer verletzt worden, aber nach derzeitigem Stand nicht in Lebensgefahr, hieß es von der Polizei. Der Kameramann auf dem Motorrad sei leichter verletzt und wurde wie der Triathlet ins Krankenhaus gebracht. Die ARD brach ihre Live-Übertragung ab. Der Unfall geschah 2:25 Stunden nach dem Start auf einer geraden Strecke parallel zu einem Deich.

„Hintergründe des Zusammenstoßes – ob das medizinisch vorbedingt war beim Kradfahrer – sind rein spekulativ“, sagte der Polizei-Einsatzleiter der ARD. „Ob es ein Ausweichverhalten gab, ist eigentlich fast nicht zu erklären, weil es eine gerade Strecke ist. Eigentlich ein unspektakulärer Streckenverlauf für diesen Bereich.“

Nachdem die Unfallstelle abgesperrt worden war, gab es die absurde Szene, dass die Triathleten ihre Fahrräder über den Deich vorbeitragen mussten. Denn das Rennen wurde trotz des Vorfalls nicht abgebrochen.

Von den Organisatoren kam erst Stunden nach der Tragödie ein Statement. „Mit großem Bedauern müssen wir den Tod des Motorradfahrers aufgrund eines schwerwiegenden medizinischen Ereignisses bestätigen“, hieß es von der in Tampa (Florida) ansässigen Organisation World Triathlon Corporation. „Unsere Gedanken und Sorge sind bei der Familie, die wir in dieser schwierigen Zeit so gut wie möglich unterstützen werden.“

Der Chef von Ironman Germany, Oliver Schiek, sagte nichts und verwies auf die WTC-Mitteilung. Ironman arbeite weiter mit den örtlichen Behörden an der Lösung der Situation, war in der Stellungnahme weiter zu lesen. „Die Gesundheit und das Wohlbefinden aller an der Veranstaltung Beteiligten stehen an erster Stelle, und wir werden weiterhin gemeinsam mit allen Beteiligten eine möglichst sichere Veranstaltung organisieren.“

Triathleten fahren bei der Ironman-EM in Hamburg auf dem Rad an der Unglücksstelle auf dem Gaueter Hauptdeich vorbei.
Triathleten fahren bei der Ironman-EM in Hamburg auf dem Rad an der Unglücksstelle auf dem Gaueter Hauptdeich vorbei.

© dpa/Georg Wendt

Auch die evangelische Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck der Nordkirche, Kirsten Fehrs, kritisierte, dass das Rennen fortgesetzt wurde. Nach allem, was bekannt sei, handele es sich um einen tragischen Unfall. „Meine Gedanken und Gebete sind bei dem Verstorbenen, den Verletzten und den Angehörigen“, sagte die Bischöfin am Sonntag. „Aus meiner Sicht sollten die Veranstalter das Rennen abbrechen. Das gebieten der Respekt gegenüber dem Toten und die Pietät gegenüber den Hinterbliebenen.“ 

Wie die „Bild“ berichtet, seien die Verletzungen des dann verstorbenen Teilnehmers so schwer gewesen, dass gleich drei Notärzte um das Leben des Fahrers kämpften. Auch die Hilfe des angeforderten Hubschraubers „Christoph 29“ der Bundespolizei sei zu spät gekommen. Der Motorradfahrer wurde per Rettungswagen in die Rechtsmedizin transportiert.

Die Wertung des Rennens, bei dem es neben dem EM-Titel auch um die Qualifikation für die Weltmeisterschaft geht, ist noch völlig unklar.

Für Frodeno, den dreimaligen Ironman-Weltmeister und Triathlon-Olympiasieger von 2008, war es das letzte Rennen als Profi in Deutschland. Er wurde am Sonntag Vierter. Ende des Jahres beendet der 41 Jahre alte Weltrekord-Halter auf der Langdistanz seine Karriere. Sein Ziel ist in diesem Jahr die WM im September in Nizza.

Der Franzose Denis Chevrot verteidigte seinen Titel vor dem Belgier Pieter Heermeryck und dem Dänen Kristian Hogenhaug. Frodeno kam 5:18 Minuten nach Chevrot ins Ziel auf dem Rathausmarkt. (dpa, Tsp)

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