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Willkommen zurück. Thomas Müller hat bei der WM in Katar zuletzt für die Nationalmannschaft gespielt.

© dpa/Robert Michael

Die Rückkehr von Thomas Müller in die DFB-Elf: Hansi Flick verleugnet sich selbst

Bundestrainer Flick holt Thomas Müller in die deutsche Nationalmannschaft zurück. Diese Entscheidung ist weder gut noch schlüssig.

Ein Kommentar von Stefan Hermanns

Hansi Flick hat in der vergangenen Woche eine einschneidende Korrektur an seinem Image vorgenommen. Der Bundestrainer, als Freund seiner Spieler bekannt, hat ausnahmsweise den harten Hans-Dieter gegeben. Bei der Nominierung seines Kaders für die beiden anstehenden Länderspiele der deutschen Fußball-Nationalmannschaft überraschte er mit einigen Entscheidungen, die ihm viele gar nicht zugetraut hätten.

Für die Begegnungen gegen Japan und Frankreich strich Flick Spieler aus dem Aufgebot, von denen man dachte, dass sie längst zum lebenden Inventar der Nationalmannschaft gehörten, Leon Goretzka, Thilo Kehrer und Timo Werner zum Beispiel. Seine neue Entschlossenheit zu Beginn der Saison, die mit der EM im eigenen Land enden wird, begründete er damit, dass er bei der Nominierung nun verstärkt die aktuelle Form der Bewerber berücksichtigen werde.

Das hört sich gut und schlüssig an. Allerdings hat Flick seine harte Haltung exakt vier Tage durchgehalten. So lange nämlich, bis Niclas Füllkrug, der neue Mittelstürmer von Borussia Dortmund, seine Teilnahme an den beiden Länderspielen wegen einer Sehnenentzündung infrage stellte – und der Bundestrainer als möglichen Ersatz Thomas Müller nachnominierte.

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Länderspiele hat Thomas Müller seit 2010 bestritten.

Der Münchner hat seit der verkorksten Weltmeisterschaft in Katar nicht mehr für die Nationalmannschaft gespielt. Und obwohl er selbst nie offiziell seinen Rücktritt erklärt hat, schien die Wahrscheinlichkeit, dass er noch einmal zurückkehrt, nicht mehr allzu groß. Sogar Müller selbst scheint das in seinem Inneren gespürt zu haben.

Unmittelbar nach dem WM-Gruppenspiel gegen Costa Rica und dem Vorrundenaus der Deutschen sprach er vor laufender Fernsehkamera Worte, die man gar nicht anders als einen offiziellen Abschied deuten konnte. „Es war ein Genuss“, sagte er. „Liebe Leute, vielen Dank. Wir hatten unglaubliche Momente. Ich habe mein Herz auf dem Platz gelassen, alles gegeben. Manchmal waren es Freudentränen, manchmal Schmerzen, die ich Euch mit meinen Aktionen beschert habe. Ich habe es mit Liebe getan. Da könnt ihr euch sicher sein.“

Dass Müller nun in die Nationalmannschaft zurückkehrt, ist weder gut noch schlüssig. Seine Leistungen waren zuletzt nicht so, dass das ganze Land nach ihm geschrien hätte – so wie es vor der EM 2021 war, als er, damals von Flicks Vorgänger Joachim Löw, zum ersten Mal reaktiviert worden ist.

Müller hat in 22 Bundesligaspielen seit der WM fünf Tore für den FC Bayern München erzielt. Und in der Vorbereitung auf die neue Saison war er wegen einer Hüftverletzung so gehandicapt, dass selbst Flick noch in der vergangenen Woche bei der Bekanntgabe seines Kaders gesagt hat, dass Müller erst einmal wieder bei den Bayern Fuß fassen müsse. Als uneingeschränkter Stammspieler darf er sich selbst im eigenen Verein nicht mehr fühlen.

Zudem ist Müller als Stürmer ein ganz anderer Typ als Füllkrug. Wenn Flick einen baugleichen Ersatz gesucht hätte, hätte er tatsächlich Kevin Behrens vom 1. FC Union Berlin nachnominieren müssen. Der hat in 21 Bundesligaspielen seit der WM zehn Tore erzielt und befindet sich nachweislich in ausgezeichneter Form. Aber vielleicht ist Behrens dem Bundestrainer mit 32 Jahren einfach schon zu alt.

Thomas Müller wird übrigens nächste Woche 34.

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