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Das EM-Finale 2022 war das am meisten geschaute Sportereignis 2022.

© dpa/Sebastian Gollnow

Der Wert einer Fußball-WM für Frauen: Fünf Millionen oder zehn Millionen Euro?

Die Fifa auf der einen, ARD/ZDF auf der anderen Seite: Der Rechtepoker um die WM der Fußballerinnen im Fernsehen geht weiter.

Der „Kicker“ nennt Zahlen, die bemerkenswert sind. Nicht, weil sie so hoch sind, sondern so niedrig. Es geht um die TV-Rechte für die ab 20. Juli in Neuseeland und Australien stattfindende Fußball-WM der Frauen, genauer: um die Summen, die die Fifa von den interessierten Sendern haben möchte, und welche diese zu zahlen bereit sind. Nach „Kicker“-Recherchen liegt das aktuelle Angebot von ARD und ZDF bei fünf Millionen Euro für die TV-Lizenzen. Die Fifa fordert zehn Millionen.

Blackout auf den Schirmen

Darüber ist ein veritabler Streit entbrannt. Fifa-Chef Gianni Infantino spricht von einer „moralischen und rechtlichen Verpflichtung, die Frauen-WM nicht unter Wert zu verkaufen“. Er droht mit einem „Blackout“ auf dem Bildschirm, nicht nur auf den öffentlichen-rechtlichen Sendern in Deutschland, sondern auch in Italien oder England. Das Angebot aus England soll bei acht Millionen Euro liegen, aus Italien kommt die Offerte von einer Million Euro.

Vertreter von ARD und ZDF äußern sich auf Tagesspiegel-Anfrage nicht. Damit bleibt es vorerst bei der Aussage von ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky, der von einem „marktgerechten Angebot“ seitens der ARD spricht.

Setzt man die in Rede stehenden Summen für die Frauen-WM in Relation zu den Preisen für Männer-Turniere, dann tritt ein bemerkenswertes Gefälle zutage. Für die Übertragung der WM 2022 haben ARD und ZDF satte 214 Millionen Euro ausgegeben, bei der WM 2018 waren es sogar 218 Millionen Euro. Zahlen sie tatsächlich fünf Millionen für den Frauen-Wettbewerb im Juli, dann wären das drei Prozent des Preises für das Männer-Turnier.

4,44
Millionen Euro kostet die Übertragung eines Länderspiels der Männer-Nationalelf.

Da stellt sich schon die Frage, ob den Öffentlich-Rechtlichen der Männersport lieber und teurer ist als der Frauensport. Schon bei den Summen für den Länderspiel-Fußball außerhalb der großen Wettbewerbe greifen ARD, ZDF und der Privatsender RTL tief in die Taschen. Für 90 Spiele der Nationalelf bis 2028 – exklusive EM und WM – haben die drei Sender 400 Millionen Euro bezahlt, das sind rund 4,44 Millionen Euro pro Partie, ob Testspiel, Nations League oder Qualifikation. Wenn zwei Begegnungen der Männer an die neun Millionen Euro kosten, wäre das die Summe, mit der ARD und ZDF die Übertragungsrechte für ein ganzes WM-Turnier der Frauen bekommen könnten.

Dem Vorwurf, die Öffentlich-Rechtlichen würden mit einem viel zu niedrigen Angebot agieren, steht auf der anderen Seite die Meinung gegenüber, die Fifa und ihr Boss Infantino seien geldgierig. Tatsächlich hat der Weltfußballverband die Rechte der Frauen-WM erstmals aus dem Paket herausgenommen, mit dem die Turniere bislang gemeinsam vermarktet wurden. Die Fifa wollte damit die gewachsene Bedeutung des Frauenfußballs unterstreichen und zugleich die Erlöse steigern. Außerdem hat die Fifa das Preisgeld für das Turnier in Australien und Neuseeland gegenüber Frankreich 2019 verdreifacht, es liegt jetzt bei 100 Millionen Euro. Auch die wollen eingenommen sein.

Es wird interessant sein, zu sehen, wie lange beide Seiten das Schwarze-Peter-Spiel treiben wollen. Wenn die vom „Kicker“ kolportierten Zahlen stimmen, wollen ARD und ZDF für eine vierwöchige Frauen-WM so viel Geld ausgeben, wie sie für zwei „Tatorte“ und zwei „Herzkino“-Filme aufwenden.

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