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Seit fast fünf Jahrzehnten gibt es eine Fanfreundschaft zwischen Hertha und dem KSC.

© imago/Ulmer

Das Freundschaftsspiel: Hertha BSC, der KSC und ihre besondere Beziehung

Die Fans von Hertha BSC und des Karlsruher SC pflegen eine innige Freundschaft. Trotzdem geht es beim Spiel beider Teams in Berlin um einiges.

An diesem Wochenende findet in Berlin die Hochzeitmesse „Trau dich“ statt. Nicht auf dem Messegelände tief im Westen der Stadt, sondern in der Arena Berlin in Treptow. Aber auch in der Messe wird man an diesem Samstag viele Verliebte antreffen können.

Die Anhänger der Fußball-Zweitligisten Hertha BSC und Karlsruher SC feiern in der Halle 21b vor dem Aufeinandertreffen ihrer Mannschaften (20.30 Uhr, live bei Sport1 und Sky) eine große Party. Um 17.30 Uhr soll es dann in einem gemeinsamen Fanmarsch zum Olympiastadion gehen.

Hertha und der KSC sind nicht nur in ihren Farben Blau und Weiß vereint. Ihre Fans pflegen eine innige Freundschaft, und das seit inzwischen fast fünf Jahrzehnten. Angefangen hat ihre Beziehung am ersten Spieltag der Saison 1976/77. Bei ihrer Ankunft in Karlsruhe wurden die Anhänger aus Berlin nicht, wie damals üblich, mit Wut, Hass und Gewalt empfangen, sondern überraschend freundlich. Der gemeinsame Konsum alkoholischer Getränke – so lassen es zumindest Zeitzeugenberichte vermuten – verstärkte dann die gegenseitige Sympathie.

Dem Prinzip Fanfreundschaft kann man durchaus kritisch bis ablehnend gegenüberstehen: Was soll das, dass sich die Anhänger zweier konkurrierender Vereine gemeinsam unterhaken? Zumal sich viele solcher Verbindungen in der Vergangenheit als eher flüchtig herausgestellt haben, als One-Night-Stands unter Fußballfans sozusagen.

Bei Hertha und dem KSC aber steht in drei Jahren die Goldene Hochzeit an. Nur die Freundschaft zwischen dem VfL Bochum und dem FC Bayern München besteht noch einen Tick länger (seit 1973). Und nur die zwischen den beiden Altmeistern Schalke und Nürnberg genießt bundesweit mehr Aufmerksamkeit.

Die Verbindung zwischen Herthanern und Karlsruhern aber wird mindestens ebenso innig ausgelebt. An diesem Samstag ist im Olympiastadion die Sektorentrennung aufgehoben; die Gästefans werden auch nicht in den üblichen Auswärtsblöcken untergebracht, sondern – wie bei sich zu Hause im alten Wildparkstadion – im Oberring der Gegengeraden. 60.000 Zuschauer sollen am Samstagabend kommen: zu einem Zweitligaspiel zwischen dem Tabellenzwölften und dem Tabellensechzehnten.

Für 90 Minuten gibt es kein Freundschaftsspiel.

Pal Dardai, Trainer von Hertha BSC

„Grundsätzlich freuen wir uns, dass so eine Kulisse zustande kommt“, sagt Herthas Sportdirektor Benjamin Weber. „Das ist einfach ein wunderschöner Rahmen.“ Bei aller Liebe aber ist das Duell vor allem sportlich von großer Bedeutung, für beide Mannschaften. „Für die Fans ist das eine tolle Geschichte“, sagt Karlsruhes Trainer Christian Eichner. „Trotzdem ist es ein Zweitligaspiel. Da wird die Hertha die Punkte brauchen, wir werden sie brauchen.“

Für die Berliner geht es darum, nach dem 0:0 in Rostock und vor dem Spiel in Hannover den Kontakt zum oberen Drittel nicht abreißen zu lassen. „Für 90 Minuten gibt es kein Freundschaftsspiel“, sagt Herthas Trainer Pal Dardai. „Das ist ein wichtiger Moment vor der Länderspielpause.“

Lars Stindl (r.) war schon beim letzten Aufeinandertreffen beider Klubs in der Bundesliga dabei. Seit dieser Saison ist der frühere Nationalspieler zurück beim KSC.

© imago sportfotodienst

Karlsruhe wiederum kann sich ebenfalls keine Sentimentalität erlauben. Für den Klub geht es um nicht weniger als die sportliche Existenz. Von den jüngsten acht Ligaspielen hat Eichners Mannschaft nur ein einziges gewonnen. In der Tabelle ist der KSC in dieser Zeit von Rang sieben auf den Relegationsplatz zurückgefallen.

Für Pal Dardai ist das trotzdem kein Grund, den Gegner zu unterschätzen. „Das ist eine gute Mannschaft“, sagt er über den KSC. „Wenn du die Karlsruher spielen lässt, dann schießen sie schöne Tore. Das sind keine Zufallsprodukte. Deswegen dürfen wir sie nicht spielen lassen.“

Die Partie an diesem Samstag ist das erste Pflichtspiel beider Klubs seit Februar 2011. Damals siegten die Berliner in Karlsruhe 6:2 und stiegen am Ende der Saison in die Bundesliga auf. So rührselig wie auf den Rängen geht es auf dem Rasen nun mal selten zu.

Das hat auch Hertha schmerzhaft erfahren müssen, im Mai 2009. Am letzten Spieltag der Saison gastierten die Berliner damals beim Tabellenletzten KSC. Mit einem Sieg hätten sie sich erstmals nach zehn Jahren wieder für die Champions League qualifiziert.

Die beiden Trainer von heute, Dardai und Eichner, standen damals noch für ihre Teams auf den Platz. Lars Stindl, seit dieser Saison zurück bei seinem Heimatverein, spielte bereits für den KSC und bereitete zwei der vier Karlsruher Tore vor.

Hertha verlor 0:4, verpasste die Qualifikation für die Champions League und damit das große Geld. Aber auch dem KSC nutzte der Sieg am Ende nichts mehr. Die Mannschaft stieg aus der Bundesliga ab. Und so waren Herthaner und Karlsruher an diesem Tag nicht nur in Freundschaft vereint, sondern auch im Schmerz.

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